FC Bayern-Vize Schels: „Besser als das Meister-Team!“

AZ: Herr Schels, gegen Crailsheim und Ulm war zuletzt wieder ein Aufwärtstrend zu erkennen. Davor aber gab es erst das deutliche Aus im Eurocup gegen Valencia, dann zwei Niederlagen gegen Braunschweig und Göttingen. Steckt der FC Bayern in einer Krise, was sagt der Vize-Präsident?
Rudolf Schels: Nein, und wir würden einen Fehler machen, dieses Wort überhaupt nur zu denken. In der Bundesliga zwei Mal hintereinander zu verlieren, mag für Außenstehende nach einer sportlichen Krise aussehen, aber wir setzen die Verantwortlichen nicht unter Druck. Von den Spielern höre ich: Machen Sie sich keine Sorgen, in der Mannschaft stimmt es. Das hat die Mannschaft beim tollen Sieg in Ulm ja auch gezeigt. Es gibt keinen Grund, jetzt irgendetwas in Frage zu stellen.
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Dennoch hat die Mannschaft in der Euroleague nicht wie letztes Jahr die zweite Runde erreicht.
Das stimmt, aber wir hatten eben die schwerste Gruppe und in der entscheidenden Phase eine Reihe von Verletzten, was bei der Beurteilung immer vergessen wird. Das Ausscheiden ist schade, vielleicht auch enttäuschend, aber rein realistisch erklärbar. Die Mannschaft ist in dieser Saison qualitativ sogar noch etwas besser als unser Meister-Team aus dem letzten Jahr, das ist meine feste Überzeugung.
Trainer Svetislav Pesic ist anderer Meinung. Er hat gesagt: Meine Mannschaft hat sich als einziges Bundesliga-Spitzenteam nicht verstärkt!
Das hat er damals sicherlich aus einer Enttäuschung heraus gesagt. Svetislav hat aber auch schnell eingesehen, dass dies falsch rübergekommen ist.
Sieht er es inzwischen anders? Er hat die Aussage nie öffentlich revidiert.
Wir reden ja miteinander. Ich fand die Aussage unglücklich und bin überzeugt, dass er es inzwischen anders sieht.
Hat er Ihnen das so gesagt?
Wir haben uns auch darüber ausgetauscht – und das Thema ist bei uns schon lange erledigt. Man muss doch auch einem ehrgeizigen Erfolgstrainer mal zubilligen, dass er im Frust über eine Enttäuschung wie das Euroleague-Aus etwas pointiert darstellt.
So erfolgreich wie letztes Jahr kann die Mannschaft nur noch in puncto Meisterschaft abschneiden. Wie ordnen Sie das Jahr ein, wenn auch dieses Saisonziel verpasst wird?
Dann war es keine verlorene Saison, sondern man hat Erfahrungen für die nächste Saison gesammelt. Für unseren Trainer und Sportdirektor Marko Pesic wäre das eine persönliche Enttäuschung, die aber nur dazu führen würde, mit noch mehr Ehrgeiz in die neue Saison zu gehen – sofern das überhaupt möglich ist, so engagiert sind sie. Ich bin aber immer noch sehr optimistisch, dass wir noch Meister werden.
Die zwei Abgänge, die der Trainer immer wieder angesprochen hat, sind Deon Thompson und Malcom Delaney. Delaney war aus finanziellen Gründen nicht zu halten, bei Thompson soll nur eine kleine Summe gefehlt haben.
Wir hätten ihn gerne behalten, aber das ist die Gefahr von Einjahresverträgen. Die Spieler spielen sich hier in den Fokus – und können woanders das Doppelte und Dreifache verdienen.
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Warum werden Einjahresverträge geschlossen?
Ich würde lieber mindestens Zweijahresverträge schließen, aber viele Spieler wollen nur kurzfristige Verträge haben. Ich finde das schade, weil die Zuschauer ihre Lieblinge brauchen. Das hat auch damit zu tun, dass wir in Europa ein irres Gehaltsgefälle haben. Da wird sich möglicherweise nichts ändern, wir können nur den Abstand verringern.
Vor einem Jahr sagten Sie, die Basketballer sollen auf der Erfolgswelle der Fußballer mitschwimmen. Klappt das?
Es tut uns gut, wenn sie in die Halle kommen. Wir profitieren sicherlich auch von den Erfolgen der Fußballer und kommen manchmal schneller durch die eine oder andere Tür. Trotzdem müssen wir unser Geld selbst verdienen – die populistische Vermutung der Quersubventionierung ist Quatsch, da kann unsere Konkurrenz noch so oft das Gegenteil behaupten. Die Trennung zwischen Fußball und Basketball wird bei uns extrem konsequent durchgezogen, darauf sind wir stolz. Das damalige Präsidium hat eine Philosophie entworfen, die bis heute eins zu eins umgesetzt wird.
Uli Hoeneß war damals Präsident und der „Vater“ des Basketballprojekts ...
... natürlich ist er das, aber man darf Bernd Rauch (ehemals Zweiter Vizepräsident des FC Bayern, d. Red.) nicht vergessen. Auf einmal professionell Basketball zu spielen und den Audi Dome herzurichten – das kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Er war fünf Tage die Woche zu 100 Prozent für Basketball da.
Hoeneß und Rauch waren die Väter des Projekts. Haben Sie diese Rolle als der „Mann ganz oben“ übernommen?
Ich versuche es. Hoeneß wurde ja immer von der Öffentlichkeit stark wahrgenommen, diese Wirkung entfaltete er in Perfektion wie kein Zweiter. Bernd Rauch hielt es ähnlich, mein Naturell ist anders. Gemeinsam haben wir jedoch allesamt, dass uns die innere Verfassung des Projekts wichtig ist, und daran liegt mir persönlich ganz besonders viel: Nach einer Geschichte wie Valencia überlege ich, mit wem ich reden soll, um eine Stimmung aufzufangen, Mut zuzusprechen oder wo ich helfen kann.
Kurz bevor Hoeneß nun Freigänger geworden ist, haben Sie gesagt, Sie Freude sich darauf und hoffen, ihn regelmäßig zu sehen. Ist das eingetreten?
Wir haben den Kontakt, der jetzt möglich ist. Aber ich bin in Regensburg, und wenn ich in München bin, dann im Audi Dome oder an der Säbener Straße im Besprechungsraum. Er hat inzwischen eine ganz andere Tätigkeit, die er sehr ernst nimmt. Da ist kein Abstand, aber sein Fokus liegt auf dem, was er sich wohlüberlegt ausgesucht hat.
Man sieht sich naturgemäß nicht mehr so häufig.
Er ist nicht im Stadion, er ist nicht im Audi Dome, das ist nun mal zwangsläufig der aktuelle Stand.
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Wäre es im Jahr 2011 zu einem Streik in der NBA gekommen, hätte Uli Hoeneß Dirk Nowitzki gerne nach München geholt. Nowitzki hat noch zwei Jahre Vertrag in Dallas, wird dann 39 sein. Als Spieler ist er dann wohl zu alt. Gibt es Überlegungen, ihn anderweitig für den FC Bayern zu gewinnen?
Sportlich gesehen müsste Marko Pesic die Frage beantworten. Alle in Deutschland haben unendlich viel Respekt vor Dirk Nowitzki. Es gibt wenige deutsche Sportler, die es so weit gebracht haben und so sympathisch sind. Solch eine Persönlichkeit kann jedem Club helfen, allerdings ist der FC Bayern sehr gut aufgestellt und grundsätzlich glaube ich ohnehin, dass das eher eine hypothetische Fragestellung ist.
Das Interview führte Florian Schmidt-Sommerfeld