Meuterei gegen Pagé? Die Macht-Demonstration
Beim EHC Red Bull München roch es nach Meuterei gegen Trainer Pierre Pagé – bis ein Vertrauter von Red-Bull-Boss Mateschitz auftrat. Sean 0'Connors Rauswurf ist ein Zeichen.
München Sean O`Connor, der Gute-Laune-Rebell, der mit Witzen und Tanzeinlagen für Stimmung (aber auch Kopfschütteln) beim EHC Red Bull München sorgte, muss also ein Erdling bleiben. Er darf an Pierres Mondfahrt nicht mehr teilnehmen. "Wenn man zum Mond will, werden einige sagen: Warum? Ich will auf der Erde bleiben. Das ist okay, aber wir fahren trotzdem zum Mond", so hatte Trainer Pagé seine Philosophie kürzlich erklärt. O'Connor wurde in dieser Woche freigestellt (bei vollem Gehalt). Die Tür beim EHC ist für ihn zu. Auch beim Spiel gegen die Mannheim Adler wird er nicht in der Halle sein.
Seine mangelnde Fitness zu Saisonbeginn (Knie, Bandscheibenvorfall), seine Faible für den Exzess (Wiesn trotz Alkoholverbot, American-Football-Schauen bis zum Morgengrauen), seine Rebellion (Beschwerden über das Trainingspensum), sein Hang zur Selbstdarstellung, wurden ihm zum Verhängnis.
Einer ist weg, andere könnten folgen. Freiwillig oder weniger unfreiwillig. Bereits mehrere EHC-Spieler mussten in den letzten Wochen beim Trainer zum Rapport. In Einzelgesprächen mussten sie, die Pagé ja schon als "Urlauber" hingestellt hatte, ihre Einstellung/Performance darlegen/erläutern/entschuldigen. Es gab Entlassungsandrohungen.
Nach AZ-Informationen haben mindestens drei Import-Spieler in den letzten Wochen ihren Agenten bereits gesagt, dass die für die neue Saison Angebote anderer Klubs einholen sollen. Auch die Tatsache, dass das Arbeitsjahr beim EHC elf Monate und nicht nur neun, wie bei anderen Klubs, dauert, verschreckt sie.
Und während andere Vereine längst ihre Leistungsträger mit Vertragsverlängerungen an sich binden, hat beim EHC noch nicht ein Akteur die – hochdotierten – Angebote angenommen. Abwarten, was noch kommt, heißt die Devise. Andere Spieler, wie Nationalspieler Benedikt Kohl (Wolfsburg), den man unbedingt nach München locken wollte, haben bereits abgesagt.
Die Stimmung beim EHC war extrem schlecht. Stars wie AHL-Legende Darren Haydar, wurden gleich zu Saisonbeginn vor versammelter Mannschaft rund gemacht, weil sie es gewagt hatten, ihre Meinung/Erfahrung einzubringen. Erst jetzt, da sich die Wogen etwas geglättet haben, zeigt er auf dem Eis sein Ausnahmekönnen.
Doch die Kluft, der Riss zwischen Team und Trainer, war so groß, dass Pagé sich nicht nur dazu genötigt sah, mit seinem alten Weggefährten Larry Huras für zehn Tage einen Co-Trainer zu engagieren, der die Kommunikation für Pagé übernehmen sollte. Mit Paul Henry wurde zudem ein Psychologe - und ehemaliger Wärter in einem Hochsicherheitsgefängnis - verpflichtet. EHC-Coach Pagé war zwischenzeitlich so geladen, dass er sich ein paar Tage zurückgezogen hatte.
Es roch bereits nach Meuterei am Oberwiesenfeld. Würde man, wenn man nur lange genug unter Niveau spielen würde, den eigenwilligen ehemaligen NHL-Trainer Pagé, der in seiner Karriere auch den Spitznamen Weirdo (schräger Vogel) erhielt, loswerden können?
Keine Chance! Nach AZ-Informationen gab es eine unmissverständliche Ansprache durch René Dimter, Geschäftsführer des EHC Red Bull und rechte Hand von Red-Bull-Boss Didi Mateschitz, an die Mannschaft. Tenor: Der Trainer ist der Letzte, der gehen muss. "Ich habe viel gesprochen, René hat gesprochen, Christian hat gesprochen", bestätigte Pagé erst vergangene Woche der AZ.
Christian, das ist Manager Christian Winkler, dem man zu Saisonbeginn von Red-Bull-Seite aus einen Maulkorb in der Öffentlichkeit erteilt hat. Er soll in den letzten Wochen viele Einzelgespräche mit den Spielern geführt haben. Doch trotz der zuletzt verbesserten Leistungen (Sieg bei Tabellenführer Kölner Haie), ist die Stimmung noch nicht gerettet.
"Storming, norming, performing" - so beschreibt Pagé die drei Phasen der Konfliktbewältigung. Der EHC scheint noch mittendrin zu sein in der Storming-Phase, die Pagé letzte Woche hinter sich gelassen zu haben hoffte. Die Trennung von Gaudibua O'Connor wird den Xaver am Oberwiesenfeld kaum besänftigen.