Mehr als nur ein Sieg für den EHC Red Bull München
Der Auswärtserfolg des EHC Red Bull nach der Aufholjagd in Wolfsburg im zweiten Spiel der Finalserie frustriert die Grizzlys und deren Coach. "Wir haben Charakter bewiesen", sagt Jaffray.
München - Es war eine dieser Niederlagen, die dir das sportliche Genick brechen können. 2:0 führen. In eigener Halle. Dann 2:3 hintenliegen, aber den vielumjubelten Ausgleich erzielen – den die Schiedsrichter nach ewig anmutendem Videostudium aberkennen. Plötzlich 2:5 hinten liegen, um sich auf 4:5 heranzukämpfen, aber dann doch am Ende mit hängenden Köpfen das Eis verlassen müssen.
Die zweite Pleite im zweiten Finalspiel gegen den EHC Red Bull München war zu viel für Pavel Gross. Die Nerven des Wolfsburg-Trainers lagen blank, er pfefferte eine Flasche auf den Boden und musste den Referees einfach die Eishockey-Leviten lesen. Dies aber in einem Tonfall, der dem Banden-Vulkan der Grizzlys wegen "Beschimpfung von Offiziellen" eine 20-Minuten-Strafe einbrachte.
Es war einfach zu viel für ihn, dass die Wolfsburger zwar zum zweiten Mal (nach 2011) in einem DEL-Finale stehen, aber immer noch nicht eine Partie gewinnen konnten. Gross, dem keine Sperre droht, da die DEL das Verfahren gegen ihn bereits eingestellt hat, ist dafür berühmt und nicht minder berüchtigt, immer wieder Emotionen ins Spiel zu bringen.
Emotionen ganz anderer Art setzte der Sieg bei den Red Bulls frei, die jetzt am Dienstag (19.30 Uhr, ServusTV) am ausverkauften Oberwiesenfeld den dritten Sieg holen und sich damit drei Matchpucks in dieser Best-of-Seven-Serie sichern können. "Wir lagen zu Recht 0:2 hinten, aber dann haben wir gleich zurückgeschlagen und mit unseren Toren in der Halle für Ruhe gesorgt, das Stadion aus der Partie genommen", sagte Stürmer Tobias Wörle.
"„Wir führen jetzt 2:0 in der Serie, allein das zählt und ich bin sehr positiv gestimmt, wenn ich an das dritte Spiel denke." Stürmerstar Jason Jaffray meinte: "Was für ein unglaubliches Spiel. Man muss Wolfsburg Respekt zollen. Sie geben nie auf, bemitleiden sich nie selbst, sondern schlagen immer wieder zurück. Aber auch wir haben Charakter bewiesen, uns aus dem Loch, das wir uns selber gegraben haben, wieder befreit. Und zu Recht gewonnen."
Wolfsburgs Trauma: Klare Führungen
Klar in Führung zu liegen, das ist für die Wolfsburger schon fast ein traumatisches Erlebnis. In der Halbfinalserie gegen die Nürnberg Ice Tigers führten sie in Spiel vier mit 3:0, nur um am Ende mit 4:5 zu verlieren. In Partie fünf ging man mit einer 2:0-Führung ins letzte Drittel, nur um letztlich 2:3 nach Verlängerung zu unterliegen.
Unvergessen und wohl auch unverdaut sind die bitteren Erfahrungen im Halbfinale der vergangenen Saison gegen den späteren Meister Adler Mannheim. Drei Mal führte die Gross-Truppe mit 3:0, doch nicht eine Partie konnte sie davon gewinnen, die Adler erlegten die Grizzlys jeweils noch. "Eigentlich sollte einem so etwas nicht im Kopf herumschwirren", sagte Eishockey-Legende Didi Hegen der AZ, "aber wenn es zu oft passiert, ist es nicht mehr so leicht, das vollkommen auszublenden. Als Eishockeyspieler muss man vergessen können."
Die Amnesie als Allheilmittel für waidwunde Eishackler-Seelen. Ansonsten kommt man schnell unter die Kufen. Aber das gilt auch für die siegverwöhnten Münchner, die in diesen Playoffs erst zwei Partien verloren haben. "Es war auch nur ein Sieg", sagte EHC-Stürmer Yannic Seidenberg. Kapitän Michael Wolf meinte: "Der Erfolg jetzt ändert gar nichts. Wir brauchen noch zwei Siege." Zwei Siege bis zur großen Münchner Eishockey-Herrlichkeit.
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