Eishockey-WM 2017: Interview mit Mads Christensen von Dänemark

EHC-Stürmer Mads Christensen trifft bei der WM mit Dänemark auf Deutschland. In der AZ spricht er über das Duell mit den Teamkameraden – und erklärt, warum er einen Antrag auf Einbürgerung gestellt hat.
Matthias Kerber |
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Mads Christensen trifft auf seine EHC-Teamkollegen.
imago/Jan Huebner Mads Christensen trifft auf seine EHC-Teamkollegen.

Der 30-jährige Stürmer spielt für Dänemark bei der Eishockey-WM in Deutschland und Frankreich. Am Freitag (20.15 Uhr, Sport1) trifft er auf die DEB-Truppe um seine Teamkollegen Konrad Abeltshauser und Yannic Seidenberg vom EHC Red Bull München.

AZ: Herr Christensen, am Freitag treffen Sie mit Dänemark bei der Eishockey-WM auf Deutschland und damit auf Ihre Teamkollegen vom EHC Red Bull München wie Konrad Abeltshauser oder Danny aus den Birken. Ein komisches Gefühl, oder?
MADS CHRISTENSEN: Mehr als das. Wir haben schließlich die ganze Saison zusammen gekämpft, haben erst vor ein paar Wochen zusammen die Meisterschaft lang und ausgiebig gefeiert. Jetzt sind sie plötzlich meine Kontrahenten. Es fühlt sich sehr surreal an. Aber vielleicht motiviert mich das, noch einmal zehn Prozent draufzupacken.

Wie gehen Sie mit der Situation um? Haben Sie mit den EHC-Teamkollegen schon telefoniert?
Wir sind uns im Teamhotel schon ein paar Mal über den Weg gelaufen. Da redet man, da flachst man. Aber ansonsten versuche ich, es irgendwie auszublenden. Mir einzureden, dass es ein normales Spiel ist, funktioniert aber sicher nicht. Ich kenne so ziemlich alle deutschen Spieler. Entweder als Kameraden oder Kontrahenten. Aber für diese 60 Minuten habe ich auf der anderen Seite keine Freunde. Da zählt nur, wessen Trikot ich trage. Und das ist in diesem Fall Dänemark. Also werde ich mich für sie zerreißen.

Sie sind dafür berüchtigt, unglaublich schlecht verlieren zu können. Wie gehen Sie damit um, mit dem kleinen Dänemark gegen nahezu unbezwingbare Teams wie Russland anzutreten?
Ich muss zugeben, das ist für mich schon eine Umstellung. Wir sind Dänemark. Wir sind in nahezu jedem Spiel der Underdog. Ich muss mir selber immer wieder klarmachen, dass es eben keine Katastrophe ist, dass die Eishockey-Welt nicht untergeht, wenn wir ein Spiel verlieren. Immerhin haben wir jetzt die Slowakei geschlagen. Wir werden immer alles geben, aber es muss schon viel zusammenkommen, damit wir als Sieger vom Eis gehen. Das wird gegen Deutschland jetzt nicht anders sein. Wir sind der krasse Außenseiter. Zufrieden bin ich trotzdem nicht. Wir haben irgendwie etwas mutlos gespielt. Das müssen wir dringend abstellen.

Sie spielen seit 2009 in Deutschland, erst in Iserlohn, dann in Berlin und nun beim EHC Red Bull München. Was bedeutet Ihnen Deutschland?
Es ist längst meine zweite Heimat geworden. Wir fühlen uns hier als Menschen, als Familie sehr wohl. So wohl, dass wir vor einiger Zeit die Anträge auf Einbürgerung eingereicht haben. Wir wissen nicht, wie lange das dauert, bis die Behörden entscheiden. Aber: Ich will Deutscher werden. Das ist keine Entscheidung, die man einfach so trifft, wir haben uns diesen Schritt sehr gut überlegt. Aber wir sind hier längst heimisch. Ich liebe Deutschland wirklich. Es kommt meinem Naturell sehr entgegen. Ich hätte dann eine Doppelstaatsbürgerschaft, dürfte aber nicht für die deutsche Nationalmannschaft spielen, sondern nur für die dänische. Im nächsten Jahr ist ja Dänemark Ausrichter der Weltmeisterschaft. Das wäre sicher ein Highlight meiner Karriere, bei einer Heim-WM für Dänemark wieder anzutreten.

War es schwer, sich nach dem Gewinn der Meisterschaft mit dem EHC wieder für eine Weltmeisterschaft zu motivieren?
Ja, das muss ich ganz offen eingestehen, dass es nicht leicht war. Man arbeitet eine ganze Saison auf den Titelgewinn hin. Das ist die absolute Klimax. Wenn man dieses Ziel erreicht hat, wenn man dann den Titel entsprechend gefeiert hat, ist das ein bisschen so, als würde man die Luft aus einem Ballon lassen. Sich dann wieder zu motivieren und die mentale Stärke in sich zu finden, sich auf dem Eis wieder aufzuopfern, ist nicht so einfach und selbstverständlich. Aber ich kann gar nicht anders, als immer alles geben. Daher ging es wieder. Sobald ich die Ausrüstung anhatte, war alles wie immer. Auch gegen Deutschland bin ich voll motiviert.

Wie haben Sie die Deutschen bisher bei dieser WM erlebt?
Deutschland hat gute Spieler und eine gute Mannschaft. Sie sind unglaublich stark ins Turnier gestartet, der Sieg gegen die USA war sehr überzeugend, wir haben dann gegen die Amerikaner 2:7 verloren. Und wenn man gesehen hat, was Goalie Thomas Greiss gegen die Amerikaner alles pariert hat, dann weiß ich, wie die Stürmer da verzweifeln. Wenn er in der Form gegen uns spielt, dann wäre das Pech für uns. (lacht)

Greiss ist aber angeschlagen, ob er gegen Dänemark fit ist, ist fraglich.
Wenn er ausfällt, wäre das dann Pech für Deutschland, aber wie gut mein Teamkamerad Danny aus den Birken ist, weiß ich ja nur zu gut, auch er kann dich zur Verzweiflung bringen. So sehr ich Deutschland liebe, aber gegen uns wünsche ich ihnen nicht zu viel Gutes.

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