Eishockey-Legende Kühnhackl: "Cortinas Weg ist steinhart"

Die Eishockey-Legende spricht vor dem Auftakt des Deutschland-Cups über den schwierigen Job des Bundestrainers und Spieler-Absagen: „Für mich war die Nationalmannschaft immer die Sonne”
AZ: Herr Kühnhackl, Bundestrainer Pat Cortina, erklärte vor dem Deutschland-Cup, dass die Nationalmannschaft die Sonne im Eishockey-Universum sein müsse, um die sich alles dreht. Sind Sie ein echter Sonnenanbeter?
ERICH KÜHNHACKL: (lacht) Der Pat kann ja richtig philosophisch werden. Wenn ich solche Sätze höre, dann strahle ich gleich, denn er spricht mir so dermaßen aus dem Herzen, das können Sie sich kaum vorstellen. Wenn man diese Definition zugrunde legt,bin ich einer der größten Sonnenanbeter, den die Welt gesehen hat.
Aber es ist auch kein Geheimnis, dass es im deutschen Eishockey stets so viele Querelen um die Nationalmannschaft gab, dass man wohl davon sprechen muss, dass es nicht gerade wenig lichtscheues Gesindel gibt...
Das war sicher so, wir sind aber auf dem richtigen Weg. Wir machen Schritte in die richtige Richtung.
Könnten diese Schritte größer sein?
Keine Frage! Aber wie heißt es: Auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Wir sind nicht nur diesen Anfangsschritt gegangen, sondern sind viel weiter. Cortina ist in diesem Sommer extrem viel herumgereist, um mit den Menschen zu sprechen, die den Eishockeysport leben. Er erklärt ihnen sein Konzept, seine Visionen. Der Weg, den er geht, ist ein steinharter Weg. Das wusste Pat aber vorher. Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass Wege, die nicht hart zu gehen waren, selten substantiell erfolgreich sind. Wer nur Schräubchen feinjustieren will, braucht niemandem auf die Füße zu treten. Wer aber Grundsätzliches ändern will, der wird das nicht erreichen, ohne manchen Menschen auch weh zu tun. Und Pat will Grundsätzliches ändern, etwa bei der Ausbildung unseres Nachwuchses.
Wie weh tat Ihnen die historische Pleite, als sich Deutschland erstmals nicht für Olympia qualifizieren konnte?
Das war ganz arg. Da fehlen mir echt die Worte. Absoluter Tiefpunkt reicht für mich nicht aus. Es war noch drunter anzusiedeln. Wie gesagt, mir fehlt die Wortgewalt, um das adäquat zu beschreiben.
Nicht wenige zweifelten danach daran, dass Cortina der Richtige für den Job sei...
Cortina ist ein Mann der, wenn er ein Ziel hat, alles dafür tut, es zu erreichen. Das war schon im München beim EHC so. Er hat seine Vorstellungen, die teilt er unumwunden mit. Den Spielern, aber auch sonst. Jeder weiß bei ihm, woran er ist. Wer nicht mitzieht, hat seine Probleme. Er ist auch keiner, der beim ersten Gegenwind gleich umfällt.
Lesen Sie hier: Warum es für Cortina ein Prestige-Turnier ist.
Cortina sagt heute, dass diese Schocktherapie der Nichtqualifikation ihm einige Türen geöffnet hat, dass dieses Debakel Mauern in den Köpfen eingerissen hat, die sonst vielleicht unantastbar wären.
Aus jedem Schlechtem erwächst auch was Gutes. Ich hätte gerne darauf verzichtet, aber wenn es das brauchte, um das deutsche Eishockey langfristig voranzubringen, soll es so sein. Wir werden ja 2018 mit Frankreich wieder die Eishockey-WM ausrichten, da muss man jetzt – gerade in der Nachwuchsarbeit – Weichen stellen. So eine Heim-WM kann ganz viel bewirken.
Das hat man bei der WM 2010 gesehen, als man den Weltrekord für Indoor-Veranstaltungen brach, aber – in guter deutscher Eishockey-Tradition – unfähig war, diese Euphorie mitzunehmen. Stattdessen zerfleischte man sich intern, sorgte mit Prozessen und anderen Skandalen für Negativschlagzeilen.
Daran erinnere ich mich mehr als nur ungern. Ich hoffe, wir haben im deutschen Eishockey daraus die Lehren gezogen. Cortina geht den Weg des Miteinanders, des An-einem-Strang-ziehen.
Bei allem Miteinander, auch in diesem Jahr hagelte es wieder Absagen der Spieler für den Deutschland-Cup!
Dazu sage ich lieber nichts, sonst heißt es, der redet immer nur von früher und wie viel besser alles war. Nur soviel: Jeder hat seine Chancen, aber jeder ist auch dafür verantwortlich, was er mit seinen Chancen macht. Für mich zumindest war die Nationalmannschaft immer die Sonne, um die sich alles dreht.