Interview

EHC-Profi Patrick Hager: "Diese Spiele gingen gegen die Berufsehre"

Der EHC präsentiert sich beim 2:3 in Düsseldorf und vor allen der 3:8-Klatsche in Iserlohn so ganz und gar nicht meisterlich. In der AZ spricht Kapitän Patrick Hager über Ursachen und Lösungen.
Matthias Kerber
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Patrick Hager, Nationalspieler und Kapitän des EHC Red Bull München.
Patrick Hager, Nationalspieler und Kapitän des EHC Red Bull München. © imago/GEPA pictures

Der Nationalstürmer Patrick Hager wechselte 2017 zum EHC Red Bull München. Der 32-Jährige ist dort auch der Kapitän.

AZ: Herr Hager, das 3:8-Debakel des EHC Red Bull München bei den Iserlohn Roosters dürfte in die Kategorie Spiel gehören, bei dem sich danach die Frage stellt, wer steht in der Kabine als Erster auf und lässt seinem Unmut freien Lauf? Trainer, Co-Trainer, Torhüter oder Sie als Kapitän.
PATRICK HAGER: Am besten alle gleichzeitig und dann so richtig Dampf ablassen. Das war ein Spiel, und zu einem geringeren Ausmaß auch das 2:3 zuvor gegen die Düsseldorfer EG, das darf einem in dieser späten Phase der Saison nicht mehr passieren. Am Anfang einer Saison, wenn die Neuen ein System erst lernen, ist das vielleicht noch entschuldbar, aber nicht, wenn man letztlich seit Juli zusammen ist, zusammen spielt. Ich kann nur sagen: Diese Spiele, die gingen gegen die Berufsehre. Das ist nicht der Anspruch, den die Organisation hat. Das ist nicht der Anspruch, den wir vor allem an uns selber haben. Definitiv nicht.

Patrick Hager über 3:8-Debakel des EHC: "Keiner hat wirklich gut gespielt"

Wie kann man die Stimmung in der Kabine nach so einer Klatsche beschreiben?
Es gibt nicht einen in der Kabine, der sagt: Ist halt passiert. Wenn einer so denken würde, hätte er seinen Beruf verfehlt, dann sollte er die Karriere beenden. Natürlich kratzt dich das, macht es dich wütend. Wir haben das Spiel am Donnerstag in einer langen Teambesprechung analysiert, da wurde jeder Fehler - und davon gab es einige - vorgeführt und uns Lösungen gezeigt. Aber nach der Analyse war auch mehr als offensichtlich: Wir haben durch die Bank von vorne bis hinten zu viele Fehler gemacht. Keiner hat wirklich gut gespielt.

Sie haben schon zu einem früheren Zeitpunkt in der Saison gewarnt, dass es manchmal an der nötigen Disziplin mangeln würde, das - bekannt erfolgreich - System von Don Jackson umzusetzen. Dieses System gibt extreme Freiheiten, fordert aber gleichzeitig noch extremere Disziplin ein.
So ist es. Wenn man ehrlich ist, resultiert fast jede Niederlage daraus, dass man im System nicht diszipliniert genug war. Das kann ein einzelner Spieler sein, das kann eine ganze Mannschaft sein. Spiele werden fast immer durch Disziplinlosigkeit des Kollektivs oder durch individuelle Fehler entschieden. Es kommt nur ganz selten vor, dass man nach einer Niederlage sagt: Wir haben eine echte Topleistung abgerufen, aber der Gegner war einfach noch besser. Fast immer kannst - und musst - du die Schuld bei dir selber suchen.

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"Im Sport wird so viel im Kopf entschieden"

Was auffällt, ist, dass der EHC im Spielaufbau die Scheiben hergibt, die Stürmer teils nicht so nach hinten arbeiten. Da entstehen Lücken in der Defensive, die hat man zuletzt unter Trainer Pierre Pagé gesehen.
Unter Pagé habe ich noch nicht in München gespielt, daher sage ich dazu nichts. Aber es ist richtig, dass wir im Moment manchmal auch als Kollektiv nicht so agieren, wie wir uns das vorstellen. Aber um eines klar zu sagen: Wir schlagen nicht die Hände über dem Kopf zusammen und wissen nicht, was zu tun ist. Es herrscht Unzufriedenheit, aber keine Panik. Das Gute im Sport ist, man hat sehr schnell die Chance, etwas gerade zu rücken. Wir wissen, was zu tun ist. Jetzt liegt es an uns, das zu tun und uns das nötige Selbstvertrauen zu holen, damit wir, wenn es in die ganz heiße Phase der Saison geht, voll da sind. Im Sport wird so viel im Kopf entschieden. Das Vertrauen in sich, die Kollegen, das Team ist sehr wichtig. Wir haben das Vertrauen. Wir wissen, zu was wir fähig sind. Selbst in einem Spiel wie gegen Iserlohn gab es diese sieben, acht Minuten, in denen wir extrem dominiert haben. Aber da reißt bei uns dann der Faden, da fehlt die Konstanz.

Konstanz und auch Cleverness.
Stimmt. Wenn wir diese Phasen großer Dominanz haben, muss man sich auch mal klug zurückziehen, wenn der Gegner wieder die zweite Luft kriegt. Dann muss man halt mal für zwei Minuten die Scheibe einfach rausspielen und nicht mit einem riskanten Pass die große Überraschung suchen. Wir haben dann zu oft, zu viele Tore kassiert, es dem Gegner zu leicht gemacht in - oder nach - unseren Druckphasen Treffer zu machen.

Sehr oft werden Sie in Ihrer Karriere nicht acht Gegentore kassiert haben, oder?
Ich weiß gar nicht, ob das überhaupt schon vorgekommen ist. Vielleicht zu meiner Zeit in Krefeld, da sind wir schon manchmal unter die Räder gekommen. Aber acht Stück? Ich kann mich nicht erinnern - oder habe es verdrängt. (lacht)

Patrick Hager meidet Eishockeyberichte in den Medien

Es hieß auch, dass es im Team nicht so stimmt, dass gerade jüngere Spieler mehr Eiszeiten für sich einfordern?
Ich lese nicht wirklich, was über uns geschrieben wird. Ich lese die Zeitung, ich lese auch den Sport, aber ich meide die Eishockeyberichte. Wobei Zeitungen ja meist legitime Kritik formulieren. Was ich für mich gar nicht brauche, ist die Welt des Social Media. Wo Leute, deren Namen nur aus Frage- und Ausrufzeichen bestehen, die als Foto irgendein Bild haben, glauben, dich persönlich angreifen zu können. Ich bin zwar noch auf den Sozialen Netzwerken vertreten, bin aber nicht aktiv. Mein letzter Post ist, glaube ich, aus der Meister-Saison. Das ist auch ein Rat, den ich den jungen Spielern gebe: Seid vorsichtig damit. Nutzt es von mir aus zu euren Gunsten, um euch bekannt zu machen, aber lasst die Finger von den Kommentaren. Im Guten, wie im Schlechten. Man kann es nicht glauben, wenn sie einen hochjubeln und man darf es auch nicht ernst nehmen, wenn sie dich nach einem schlechten Spiel zur Hölle wünschen. Das auszublenden ist in jungen Jahren nicht leicht. Deswegen sollten sie die Kommentare gar nicht anschauen. Ich bin damit immer gut gefahren, aber jeder Mensch ist anders. Man muss sich nur der Gefahren bewusst sein.

Abschlussfrage: Das Saisonziel Titelgewinn sehen Sie aber nicht gefährdet?
Es wäre schlimm, wenn wir nach zwei solchen Spielen unserer Ziele aufgeben würden: Wir wollen den Titel. Diese beiden Partien definieren nicht, wer wir sind. Es wird uns höchstens definieren, wie wir da wieder rauskommen.

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2 Kommentare
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  • MichiK am 30.03.2021 10:46 Uhr / Bewertung:

    Wenn man nur die Siege und Niederlagen gegenüberstellt, haben Sie recht. Und mit Ausblick auf die Playoffs zählen auch nur die Siege. Wenn man allerdings die Torverhältnisse betrachtet (gegen Adler 9:16, gegen Panther 14:13) ist es zumindest für Ingolstadt nicht mehr ganz so deutlich. Und wenn man die einzelnen Partien betrachtet, wurden zwei im Penaltyschießen verloren und 6 der 7 Niederlagen waren mit zwei oder weniger Toren Unterschied, wobei einige auch aus Empty-Nettern resultieren.
    Es gibt aber keine Diskussion, dass man genau diese knappen Spiele gegen die Panther in den Playoffs zu seinen Gunsten entscheiden muss. Und in den beiden kommenden Partien gegen die Eisbären sollten Ausrufezeichen gesetzt werden.

  • Kotti am 26.03.2021 19:17 Uhr / Bewertung:

    Na ja, nur 2 solche Spiele stimmt ja mal überhaupt nicht....wer alle 4 Spiele gegen
    Mannheim und 3 Spiele gegen Ingolstadt verliert, hat mit Sicherheit größere Probleme
    als einen einmaligen Aussetzer! Also, Ärmel hockrempeln und anfangen Eishockey zu spielen! 🤘

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