Unfalltod mit 54: Box-Legende Graciano Rocchigiani auf Sizilien von Auto erfasst
Berlin - Vor 30 Jahren wurde er erstmals IBF-Weltmeister im Supermittelgewicht: Graciano "Rocky" Rocchigiani ist tot. Wie ein Polizei-Sprecher der AZ bestätigte, überbrachte die Berliner Polizei die Nachricht am Dienstag seiner Tochter Andrea.
Die italienische Polizei gab genauere Informationen zum Unfall bekannt. Rocchigiani sei am Montagabend in dem Ort Belpasso bei Catania auf Sizilien zu Fuß auf der Straße unterwegs gewesen und von einem Auto erfasst worden, sagte ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur. (Lesen Sie hier: So trauert die Sportwlt um "Rocky")
Der genaue Hergang müsse noch ermittelt werden, unter anderem ob auch Alkohol im Spiel war. Weitere Details wollte der Sprecher nicht nennen. Laut italienischer Medien war ein deutscher Staatsbürger kurz vor Mitternacht auf der größeren Staatsstraße SS121 unterwegs, bevor er überfahren wurde. Er sei sofort tot gewesen.
Graciano Rocchigiani tot: Er soll in Berlin beerdigt werden
Seine Mutter sagte der "BZ": "Ja, es stimmt leider. Mein Sohn ist auf Sizilien von einem Auto überfahren worden." Und sie bestätigte: "Wir haben es heute Vormittag von der Polizei erfahren. Wir wissen nicht genau, was passiert ist."
Ihr Sohn habe mit seiner Lebensgefährtin sowie zwei kleinen Kindern in Italien gelebt: "Er war so glücklich dort unten. (...) Wir selbst konnten nicht mehr dorthin reisen. Ich habe eine neue Hüfte, kann nicht mehr so lange sitzen im Flieger. Und meinem Mann geht es nicht sehr gut."
Sie legen sich fest: "Graciano wird hier in Berlin beerdigt, das ist seine Heimat, hier soll er in Frieden ruhen." Zuvor hatte "bild.de" von "Rockys" italienischer Freundin berichtet: "Der kantige, oft rau wirkende Ex-Boxer war glücklich und pendelte regelmäßig zwischen Berlin und Italien, meist mit dem Auto." Zudem hieß es da: "Die Italienerin kommt aus wohlhabendem Haus, ihr Vater ist Kaffee-Fabrikant."
Graciano Rocchigiani: Experte bei "Sport1"
Der Ex-Champ galt über Jahre als einer der besten Profiboxer Deutschlands, fiel aber auch durch seine flotten Sprüche auf. Anfang des Jahres stieg er beim Fernsehsender "Sport1" als Experte ein. "Es wird Zeit, dass mal wieder ein bisschen frisches Blut in die ganze Box-Geschichte kommt", hatte er sein Kommen angekündigt.
Rocchigiani war aber auch deshalb regelmäßig in den Medien, weil er ein Leben in Saus und Braus führte. Der Sohn eines sardischen Eisenbiegers erlernte im Westteil Berlins das Boxen, wurde zweimal Weltmeister, scheffelte Millionen, verprasste alles, stürzte ab und lebte lange von Hartz IV.
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Graciano Rocchigiani: "Wie auf einer Achterbahn"
"In der Vergangenheit habe ich mich oft wie auf einer Achterbahn gefühlt. Für kurze Zeit ganz oben, als strahlender Sieger, und dann plötzlich wieder ganz unten, am Boden zerstört. Einmal fand ich mich im Straßengraben wieder und dreimal auch im Knast", sagte der Bad Boy des deutschen Boxsports einmal. Das ganze Drama seines Lebens wurde deutlich, als Ex-Ehefrau Christine ihre Autobiografie ("K.o. nach zwölf Runden") vor einigen Jahren veröffentlicht hatte.
Drogen, Prostituierte, häusliche Gewalt, Knast, Scheidung - Rocchigiani ließ keinen Skandal aus. Mehrmals musste der Mann aus Berlin-Schöneberg hinter Gitter - u.a. wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung oder wiederholten Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Die Ehefrau war auch dabei, als Rocchigiani einen der spektakulärsten Prozesse in der Geschichte des Profiboxens führte - und gewann.
Graciano Rocchigiani: 1998 fühlt sich "Rocky" um Titel betrogen
Am 22. März 1998 hatte sich der Rechtsausleger vor 9.000 Zuschauern in der Berliner Max-Schmeling-Halle durch einen Sieg gegen den Amerikaner Michael Nunn den WM-Titel der WBC im Halbschwergewicht gesichert. Als erster deutscher Boxer widerlegte er das Motto "They never come back" und wurde zum zweiten Mal in seiner Karriere Champion.
Vier Monate später sorgte das World Boxing Council (WBC) für einen Eklat. Der Verband, in dem bereits Muhammad Ali Weltmeister war, ernannte plötzlich den Amerikaner Roy Jones zum neuen Champion. Rocchigiani fühlte sich bestohlen und zog in den USA vor Gericht. Am Ende wurden ihm 31 Millionen Dollar Schadenersatz zugesprochen. Dem WBC drohte der Konkurs, 2004 ging Rocchigiani auf ein Vergleichsangebot ein und bekam 4,5 Millionen Dollar.
Graciano Rocchigiani: Legendäre Fights gegen Henry Maske
Es dauerte aber nicht lange, da war auch diese Summe durchgebracht. Zur tragischen Figur wurde "Rocky" zur Zeit des deutschen Boxbooms in den 1990er Jahren in Kämpfen gegen die damaligen TV-Lieblinge Henry Maske und Dariusz Michalczewski. Beide Weltmeister hatte er am Rande einer Niederlage, verlor aber jeweils umstritten. Die Rückkämpfe gab er klar ab, so dass ihm der Aufstieg zum nationalen Helden verwehrt blieb.
Am 11. März 1988 war der Stern des Profiboxers Graciano Rocchigiani aufgegangen. Vor 6.000 Zuschauern prügelte der damals 24-Jährige in Düsseldorf den Amerikaner Vincent Boulware (USA) im IBF-Titelkampf des Supermittelgewichts windelweich. Schon damals zeigte sich sein typischer Stil: Sobald er sich bei einem Gegner festgebissen hatte, war der jüngere Bruder von Profiboxer Ralf Rocchigiani nicht mehr zu halten und zeigte spektakuläre Schlagserien.
Über Nacht war der Shooting-Star zum Champion geworden, Deutschland hatte nach Max Schmeling und Eckhard Dagge seinen dritten Weltmeister im Profiboxen.
Video: Graciano Rocchigiani ist tot
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