Ruth Maria Kubitschek: Das Spatzl sagt Servus!
München - Sie ist das ewige Spatzl – und doch so viel mehr: Ruth Maria Kubitschek (83, „Monaco Franze“, „Kir Royal“) geht nach einmaligem Klingeln ans Handy. „Moment, ich hole mir meinen Kaffee und mach es mir draußen bequem.“ Sie setzt sich in die August-Sonne in einem Café am Bodensee in der Schweiz, ihrer Wahl-Heimat. Während unseres Telefonats wird sie oft von Passanten angesprochen, die sie laut juchzend erkennen. „Ja,ja, ich bin es wirklich“, sagt sie dann leicht amüsiert.
Den Gesprächsfaden verliert sie trotzdem nie. Die Kubi, wie sie ihr Lebensgefährte und Star-Produzent Wolfgang Rademann („Traumschiff“), liebevoll nennt, diese Grande Dame der Film-Branche, ist hellwach.
Sie hat viel zu erzählen.
Eigentlich geht es um ihren nächsten Film „Cinderella“ (ARD, 30. August, 20.15 Uhr). Doch im Interview mit der „Rheinischen Post“ äußerte die Schauspielerin kürzlich, dass sie übers Aufhören nachdenken würde.
Mit der AZ spricht sie Klartext statt Konjunktiv.
AZ: Frau Kubitschek, will das Spatzl wirklich Servus sagen?
RUTH MARIA KUBITSCHEK: Ich bin nochmal in mich gegangen, habe nachgedacht und mein Entschluss steht fest: Das war’s.
Oh, nein. Schade!
Naja. Es ist eben so, wie es ist.
Wie ist es denn?
Ich will mich jetzt endlich mal mehr um mich und um mein Leben kümmern. Meinen wunderschönen Garten genießen, mehr malen, solche Sachen. Ich bin 83 geworden, so viel Zeit habe ich nicht mehr.
Hat Ihr Lebensgefährte Wolfgang Rademann nicht versucht, Sie umzustimmen?
Doch, natürlich. Er hat mir davon abgeraten, so total endgültig aufzuhören und das auch so direkt zu sagen. Aber ich kann nicht nur ein bisschen aufhören. Wie soll das gehen?
Schwierig.
Eben. Ich bin für ganz oder gar nicht.
Warum haben Sie sich für Letzteres entschieden?
Soll ich warten, bis ich 86 bin, um dann vielleicht mal wieder eine Rolle angeboten zu bekommen? Nee, danke, ohne mich.
Reißen sich die Produzenten und Regisseure nicht um Sie?
Ach. Wir wissen alle, dass es Jahre dauert, bis einem eine gute Rolle angeboten wird.
Gerade waren Sie doch mit Matthias Schweighöfer in „Frau Ella“ im Kino zu sehen.
Ja, das war schön. Mit so vielen jungen Leuten an der Seite. Es war das Sahnehäubchen meiner Karriere. Aber davor habe ich Jahre nichts gemacht. Es gab keine Rollen, keine Angebote, was sollte ich tun? Dieses ewige Warten ist menschenunwürdig, finde ich. Bis sich jemand meldet, immer zu warten, ein Jahr, zwei Jahre, das ist furchtbar. Um es mal deutlich zu sagen: Muss ich mir diesen – pardon: Scheiß – mit 83 noch antun? Ich möchte das nicht mehr.
Sie klingen richtig wütend.
Ich bin es auch. Das, was ich sage, hört sich vielleicht etwas heftig an. Aber das, was man an diesem Beruf nicht sieht, ist das Schlimme. Die Schauspielerei besteht nicht nur aus rotem Teppich, neuen Kleidern, Glamour und Traumrollen. Niemand wird mehr aufgebaut, man ist schnell weg vom Fenster und muss immer: warten. Ich will nicht mehr warten.
Was haben Sie während der Warterei gemacht?
Ich habe meist das Geld ausgegeben, das ich durch die letzte Rolle verdient habe. Aber mit irgendwas will und muss man sich ja beschäftigen. Nur rumsitzen, das geht ja auch nicht. Deshalb habe ich angefangen, mich um meinen Garten zu kümmern, zu malen und Bücher zu schreiben.
Und das sehr erfolgreich.
Zum Glück. Mit einem Bild verdiene ich heute fast mehr als mit einem Film.
Sie kokettieren!
Nein, wirklich.
Aber Sie gehören zu den berühmtesten Stars des Landes.
Ich bin bekannt wie ein bunter Hund, das stimmt. Aber „Kir Royal“ und so, das waren doch alles Vorabendserien, damit verdient man nichts. Und durch die damaligen Verträge kriegen wir auch bei den vielen Wiederholungen nichts.
Die Schauspielerei ist also doch kein Traumjob?
Ich wollte immer Schauspielerin werden und habe die Schauspielerei geliebt. Es war wunderschön und ich bin unendlich dankbar für alles, was ich erleben durfte. Aber es war auch so schwer. Es ist alles ausgeschöpft. Deshalb höre ich auf. Ich denke, ich habe mir das verdient. Puh, da bleibt mir jetzt fast die Luft weg, wenn ich das so ausspreche. . .
Frau Kubitschek, was raten Sie jungen Kollegen?
Dass sie sich unbedingt einen zweiten, seriösen Job suchen sollen bei einer Bank beispielsweise. Ein anderes Standbein. Die Schauspielerei ist einfach nicht zuverlässig. Ich bedauere jeden jungen Schauspieler, der das durchmachen muss, was ich durchmachen musste.
Was war Ihre Lieblingsrolle?
Ich hatte viele schöne Rollen. Aber mein Herz hängt schon besonders am Spatzl.
Haben Sie noch Kontakt zu Helmut Dietl?
Leider nicht. Aber der Dietl und der Helmut Fischer haben es nicht verstehen können, warum ich nach „Monaco Franze“ in die Schweiz gegangen bin. Ich musste weg, sonst wäre ich größenwahnsinnig geworden. Die Menschen kamen mir mit so viel Liebe entgegen, haben mich regelrecht mit Liebe überschüttet. Danach haben wir uns noch paar Mal gesehen. Seine Krebserkrankung tut mir furchtbar leid, ich habe versucht, ihn anzurufen, aber er ist nicht rangegangen. Ich hoffe sehr für ihn, dass er das schafft.
Schauen Sie selbst oft fern?
Ich schaue „Verbotene Liebe“. Das ist so hanebücken übertrieben, doch ich kann nicht aufhören, einzuschalten.
Jetzt kommt noch der „Cinderella“-Film, eine „Traumhotel“-Folge und dann sehen wir Sie, abgesehen von zig TV-Wiederholungen, nie wieder?
Das Einzige, was ich noch nach außen tragen werde, ist mein neues Garten-Buch. Eine Liebeserklärung an die Natur. Aber das war’s.
Macht Sie das traurig?
An meinem 83. Geburtstag habe ich mich gefragt: Was will ich? Das Leben ist so toll, es hat so viel zu bieten. Jedes Alter hat seine Reifeprüfung. Ich Freude mich drauf. Früher hatte ich oft Sorgen beim Einschlafen, heute nicht mehr. Veränderung ist das Allerschönste.
Was wollen Sie ändern?
Ich will das Internet lernen, einen Malkurs machen und in meiner Meditationsgruppe für den Frieden beten.
Das könnte Sie auch interessieren: Schweighöfer - "Ruth ist eine von uns"
- Themen:
- ARD