Rudi Cerne: Diese "Aktenzeichen XY"-Fälle sind ihm in besonderer Erinnerung geblieben
Bei "Aktenzeichen XY... Ungelöst" wurden über die Jahre spektakuläre Kriminalfälle besprochen und die Zuschauer zur Mithilfe aufgefordert. Viele Verbrechen konnten aufgelöst werden, andere wiederum sind noch immer nicht geklärt. Wie geht man als Moderator mit solchen Themen um? Nimmt Rudi Cerne die Details zu den Fällen gedanklich mit nach Hause? Und wie tickt er eigentlich privat? Das hat der 65-Jährige im zweiten Teil des AZ-Interviews verraten – den ersten Teil lesen Sie hier.
AZ: Bei "Aktenzeichen" wurden bislang 5014 Fälle besprochen. Können Sie sich noch an einen aus Ihrer Sicht besonderen Kriminalfall erinnern?
RUDI CERNE: Da gibt es viele gelöste und auch ungelöste Fälle. Ich kann mich zum Beispiel noch sehr gut daran erinnern, als die Eltern von Madeleine McCann bei uns im Studio waren. Ich hatte die beiden zu einem Vorgespräch in Birmingham besucht und habe da schon gemerkt, dass sie eine große Hoffnung auf den Auftritt in unserer Sendung geknüpft haben. Gerry McCann wirkte ziemlich gefasst, wohingegen der Mutter von Madeleine die Ungewissheit über das Schicksal ihrer Tochter körperlich anzusehen war. Ein weiterer Fall, der mir besonders in Erinnerung geblieben ist, ist die Tötung von Lolita Brieger, der fast 30 Jahre nach der Tat bei "Aktenzeichen XY" aufgeklärt wurde.
Rudi Cerne: "Einen Fall kann man nach der Sendung nicht wie einen Anzug in den Schrank hängen"
Nehmen Sie die Geschehnisse, über die Sie in der Sendung sprechen, auch mit nach Hause oder können Sie das berufliche gut vom privaten abgrenzen?
Ich kann das gut trennen. Ich folge einfach dem Rat der zuständigen Ermittler, die gesagt haben: "Sie dürfen das alles nicht zu nah an sich ranlassen." Nichtsdestotrotz kann man einen Fall, besonders wenn es um ein Tötungsdelikt geht, nach der Sendung nicht einfach wie einen Anzug in den Schrank hängen. Aber ich schaffe es ganz gut, abzuschalten.
Haben Sie in Ihrem Leben bereits selbst ein Verbrechen miterlebt?
Nein, da bin ich Gott sei Dank verschont geblieben. Ich frage mich aber, gerade wenn es um Menschen geht, die durch ihr Eingreifen ein Verbrechen verhindern konnten: Wie würde ich reagieren in solchen Situationen? Jeder ist anders gestrickt, manchen greifen sofort ein, andere halten sich zurück und dann gibt es noch solche Menschen, die wegschauen. Ich sage immer: Jeder hat ein Handy dabei und die 110 kann man sich gut merken. Aus einer ungefährlichen Distanz kann man die Polizei informieren und auf ein Verbrechen aufmerksam machen.
Moderator von "Aktenzeichen XY... Ungelöst": "Ich bin ein vorsichtiger Mensch, aber nicht ängstlich"
Wie hat sich ihr Job als "Aktenzeichen"-Moderator auf ihre Rolle als Ehemann und Vater ausgewirkt? Macht der ständige Umgang mit Gewaltverbrechen etwas paranoid?
(Lacht) Nein, da bin ich auch verschont geblieben. Ich finde die Auswirkungen der "Aktenzeichen"-Fälle auf mich erstaunlich normal. Ich bin von Haus aus ein vorsichtiger Mensch, aber nicht ängstlich. Wenn ich auf die Straße gehe, habe ich die Augen geöffnet und achte auf meine Umgebung.
Rudi Cerne schwärmt von Alfred Hettmer: "Er ist ein Original"
Vergangenes Jahr hat sich Alfred Hettmer von der Sendung verabschiedet, der eine große Fan-Base beim Publikum hat. Wie hat sich die Zusammenarbeit gestaltet?
Das war großartig, Alfred ist ein großartiger Mensch. Er ist ein Original. Es war auch mein Bestreben, Alfred an vorderster Front zu haben als derjenige, der die ersten Reaktionen präsentiert. Wir wissen aus Zuschauerreaktionen, dass das Publikum sehr daran interessiert ist, was die Sendung denn am Ende gebracht hat.

Bevor Sie bei "Aktenzeichen" 2002 die Moderation übernahmen, waren Sie eigentlich als Sport-Journalist bekannt. Wie kam es zu dem Wechsel?
Der totale Kontrast zu meiner sonstigen Tätigkeit war das reizvolle für mich. Das ZDF hat mich in Rücksprache mit Eduard Zimmermann angesprochen, dass man mich als Moderator für "Aktenzeichen" haben wolle.
Rudi Cerne spricht über Tochter Elisabeth: "Sie ist inzwischen selbst viel unterwegs"
Sie haben Ihre Karriere aber eigentlich als Sportler im Eiskunstlauf begonnen und waren sehr erfolgreich. Gehen Sie heute auch noch gerne aufs Eis?
Momentan ist dieses Kapitel vorübergehend abgeschlossen. Ich habe mir vor ein paar Jahren für ein Service-Stück von ZDF neo nochmal Schlittschuhe geholt und war erstmal erstaunt über die Materialbeschaffung – das ist um ein Vielfaches besser geworden. Ich hab die seither aber nur ein- oder zweimal angefasst. Um die Schuhe richtig einzulaufen, muss man entweder sehr intensiv trainieren oder sehr lange damit unterwegs sein. Ich werde von meiner Familie aber immer wieder angespornt, mal wieder aufs Eis zu gehen. Warten wir mal ab. (Lacht)

Wie tickt eigentlich Rudi Cerne privat?
Ich bin sehr harmoniebedürftig und ein absoluter Familienmensch – mehr als früher. Als meine Tochter Anfang der 90er noch klein war, bin ich der Harry Hirsch des ZDF gewesen und war permanent unterwegs, meist an den Wochenenden, weil da der Sport stattfindet.

Das war für mich kein Neuland, denn ich habe das bereits in meiner Rolle als aktiver Sportler bereits so erlebt. An Weihnachten etwa habe ich bis 16 Uhr trainiert, weil am zweiten Feiertag das große Weihnachtsschaulaufen war. Da kann man nicht sagen: Ich will mich jetzt unter den Tannenbaum setzen und Spekulatius essen. Für mich gab es auch als Moderator keine Feier- oder Sonntage, was für ein Kind vielleicht nicht nachvollziehbar ist. Heute hat sich das zwar geändert, aber meine Tochter ist inzwischen über 30 Jahre alt und inzwischen selbst viel unterwegs.
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