Ronald Schill kennt keine Scham

Berlin - Scham ist eine Gefühlsaufwallung, die Menschen befällt, denen das eigene Verhalten peinlich ist. Wenn durch unanständige, unehrenhafte oder erfolglose Handlungen sozialen Erwartungen oder Normen nicht entsprochen wird. So definieren Soziologen das Phänomen des Schamgefühls, das als "wesentliches Element der Zivilisation" gilt. Diese Art der Beklommenheit tritt auch vermehrt bei den Peinlichkeiten anderer auf. Das nennt man dann Fremdschämen.
Am Dienstag kam es im Ersten zu einem wahren Exzess des Fremdschämens. Der ehemalige Richter und Kommunalpolitiker Ronald B. Schill (56) war Talkshow-Gast bei Sandra Maischberger. Und weil ihm selbst offenbar jegliches Schamgefühl abgeht, schämten sich für ihn Tausende von TV-Zuschauern in Grund und Boden.
Als "Richter Gnadenlos" wurde der Hamburger Jurist Schill eine fragwürdige Berühmtheit, den die Wähler sogar auf den wichtigen Posten des Innensenators der Hansestadt hievten. "Richter Peinlich" wäre wohl zutreffender. Nach seinem jüngsten TV-Auftritt sagte die Moderatorin fassungslos: "Dass Sie mal Senator und Richter waren, das kriege ich mit Ihrer Persönlichkeit nicht zusammen."
Schill hatte erklärt, er sei nur Politiker geworden, weil er sich an der SPD rächen wollte, die seine Versetzung als Strafrichter inszeniert habe. "Ich habe mir gedacht: Ihr habt mir meinen Traumjob genommen, also nehme ich euch euren."
Als er 2001 mit der rechtskonservativen Koalition von CDU und Schill-Partei die Sozialdemokraten ablöste und Hamburger Innensenator wurde, "war ich überrascht über die Insignien der Macht, die die SPD angehäuft hatte. Ich hatte neun Leibwächter, ein gepanzertes Auto, zwei Chauffeure, auf die ich Tag und Nacht zugreifen konnte und eine Frau, die nur zuständig war für meine Termine. Ich hatte diese ganzen überflüssigen Leute."
Trotzdem habe er stets selbst einen Revolver mit sich geführt, "weil ich meine Leidenschaft für Frauen nicht abgelegt habe. Und bei meinen nächtlichen Abenteuern waren mir meine Leibwächter schlicht lästig."
2003 war dann Schluss mit der Politik-Karriere. Schill hatte dem Hamburger Bürgermeister Ole von Beust gedroht, dessen Homosexualität bekannt zu geben, woraufhin ihn von Beust sofort feuerte. Ob ihm die Erpressung von Beust heute leid tue, will Sandra Maischberger wissen. Schill überlegt nicht lange: "Es tut mir leid, weil ich meine erfolgreiche Politik nicht fortsetzen konnte. Es tat mir nicht um Ole leid. Er hat gegen mich ein Komplott geschmiedet und dafür die Quittung bekommen."
Schill wird von der Moderatorin auch auf seinen Auftritt im "Promi Big Brother"-Container und seinen Kokain-Konsum angesprochen. Beim Thema "Big Brother" schwärmt er von der einmaligen Gelegenheit, "so viel Geld in so kurzer Zeit" verdient zu haben.
Und zu seinem öffentlichen Rauschgiftkonsum gibt er folgende Sätze zum Besten: "Ich befinde mich in bester Gesellschaft. Weder George Bush noch Obama haben in Abrede gestellt, Kokain genommen zu haben. Insofern habe ich es mal ausprobiert."
Dann sagt der ehemalige Strafrichter, der wegen seiner harten Urteile Schlagzeilen gemacht hatte: "Es war der größte Fehler der Amerikaner, überhaupt den Handel mit Kokain unter Strafe zu stellen. So sind die Preise um das Tausendfache gestiegen und so ist es zum Geschäft geworden. Und dadurch ist die Beschaffungskriminalität entstanden."
Bereits vor Monaten hatte "Bild" über den Mann, der jetzt sein vermeintlich unbeschwertes Leben in Brasilien genießt, knapp kommentiert: "Schill hat nichts mehr zu verlieren. Nicht mal den Anstand. Das macht frei." Wahre Worte!