Prozess-Auftakt: Gil Ofarim antisemitisch beleidigt? Staatsanwaltschaft glaubt ihm nicht

Der Musiker Gil Ofarim behauptet, in einem Leipziger Hotel antisemitisch beleidigt worden zu sein. Angeblich sollte er seinen Davidstern einpacken, ehe er einchecken könne. Die Staatsanwaltschaft glaubt ihm nicht. Nun sitzt Ofarim selbst auf der Anklagebank.
AZ/mit dpa-Material |
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Gil Ofarim ist der Sohn des 2018 verstorbenen Musikers Abi Ofarim
Gil Ofarim ist der Sohn des 2018 verstorbenen Musikers Abi Ofarim © BrauerPhotos

Vor gut zwei Jahren hat der jüdische Musiker Gil Ofarim schwere Antisemitismusvorwürfe gegen einen Mitarbeiter eines Leipziger Hotels erhoben. Der Fall hatte deutschlandweit hohe Wellen geschlagen. Die Staatsanwaltschaft Leipzig glaubte dem Künstler nicht und hatte Anklage gegen den 41-Jährigen erhoben. Am Dienstag (09.00 Uhr) beginnt vor dem Leipziger Landgericht der Prozess gegen den 41 Jahre alten Künstler unter anderem wegen falscher Verdächtigungen und Verleumdung.

Wirbel um Kette mit Davidstern: Gil Ofarim will Antisemitismus erlebt haben

Ofarim hatte am 4. Oktober 2021 in einem viral gegangenen Video geschildert, dass ein Mitarbeiter eines Leipziger Hotels ihn aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen, damit er einchecken könne. Der Musiker erstattete später Anzeige, aber auch der betroffene Hotelmitarbeiter wehrte sich und zeigte seinerseits den Musiker wegen Verleumdung an.

Was wird Gil Ofarim vorgeworfen?

Die Staatsanwaltschaft hatte umfangreich ermittelt. Es sei herausgekommen, dass sich der angebliche Antisemitismus-Vorfall in dem Hotel nicht so zugetragen habe, wie der Musiker es in dem Video geschildert hatte, hieß es. Das Ermittlungsverfahren gegen den Hotelmitarbeiter wurde eingestellt. Das Gericht hat bis zum 7. Dezember zehn Verhandlungstage angesetzt.

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Wenige Tage vor dem Prozessauftakt hatte der Musiker an seinen Vorwürfen festgehalten. "Ich weiß, was mir passiert ist. Es ging mir nicht um den Mitarbeiter, sondern um Antisemitismus", hatte der 41-Jährige der "Welt am Sonntag" gesagt. Er sei froh, dass jetzt viel herauskommen werde, was bisher nicht gesagt oder geschrieben worden sei. Er habe Vertrauen in die Justiz.

"Ich habe nicht im Ansatz damit gerechnet, was dieses Video auslösen würde. Und ich würde es wieder tun", sagte Ofarim in dem Zeitungsinterview. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt die Unschuldsvermutung.

Sicherheitsbedenken: Rechtsanwalt Alexander Stevens sorgt sich um Gil Ofarim

Der Anwalt von Ofarim hat Sicherheitsbedenken wegen der aufgeheizten Lage im Nahen Osten geäußert. Es sei unklar, ob die Beteiligten das Gericht sicher betreten und verlassen könnten, sagte Rechtsanwalt Alexander Stevens. Derweil prüft das Landgericht, ob die Sicherheitsmaßnahmen vor Ort erhöht werden müssen. Man sei im Kontakt mit der Polizei. Details wollte der Sprecher des Landgerichts auf Anfrage nicht nennen. Ohnehin wird jeder Besucher des Landgerichts am Einlass kontrolliert.

Urteil im Fall Gil Ofarim wird erst im Dezember erwartet

Das Landgericht Leipzig hat bis 7. Dezember zehn Verhandlungstage angesetzt. Zum Auftakt am Dienstag wird die Anklage verlesen, und Ofarim hat die Möglichkeit, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Ob er das tun wird, ließ sein Rechtsanwalt noch offen. Für den Nachmittag ist die Zeugenaussage des betroffenen Hotelmitarbeiters geplant.

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3 Kommentare
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  • Kaiser Jannick am 07.11.2023 17:14 Uhr / Bewertung:

    Ofarim schweigt zum Prozessauftakt. Warum?

    Weil die Fakten besagen:
    1. es gibt ein Video
    2. aufgrund dieses Videos ist der von Ofarim falsch Beschuldigte entlastet worden
    3. aufgrund dieses Videos wurde stattdessen gegen Ofarim Anklage erhoben

    Anstatt dass Ofarim zugibt, einen völlig Unschuldigen absichtlich falsch beschuldigt zu haben, mit dem Risiko, dass dieser, hätte es das Video nicht gegeben, fristlos entlassen worden wäre, macht er unbeirrt weiter und mimt das Unschuldslamm. Reue? Einsicht? Entschuldigung?
    Alles Fehlanzeige, im Gegenteil.

    Bleibt zu hoffen, dass sich das Gericht nicht von den zu erwartenden "Nebenkriegschauplätzen" (im Wortsinne) einlullen lässt und Herrn Ofarim mit voller Härte ein Urteil präsentiert, das ihm und anderen Adabeis zeigt, dass jeder Mensch gleich ist und dass vorsätzlich falsche Anschuldigungen hart bestraft werden.

  • Schorsch77 am 07.11.2023 10:22 Uhr / Bewertung:

    Die subjektive Wahrnehmung des Einzelnen einer Situation kann von der objektiven Wahrnehmung anderer immer abweichen.

    Hier scheint es sich um eine sehr große Abweichung zu handeln.

  • Joachim Datko am 07.11.2023 09:52 Uhr / Bewertung:

    Ich hoffe, dass man eine Lösung findet, mit der alle Beteiligten leben können.

    Deutschland hat schon verloren, weil unabhängig von der Sachlage eine dunkle Zeit unserer Vergangenheit in den Fokus gerückt wird.

    Joachim Datko

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