Pflegeheim-Drama um Ingrid Steeger: "Nur noch ein Schatten ihrer selbst"

Ingrid Steeger (76) wurde als vielseitige Schauspielerin bekannt. Der Durchbruch gelang ihr in den 70er Jahren mit der Fernsehserie "Klimbim". Zuletzt wurde es ruhiger um die 76-Jährige, bis sie mit einer Schreckensnachricht wieder für Schlagzeilen sorgte: Nach einem Sturz in der eigenen Wohnung musste sie im Krankenhaus behandelt werden. Danach war für die Schauspielerin klar: sie muss ins Pflegeheim.
Ingrid Steeger erlitt einen Herzinfarkt
Wie es um ihren Gesundheitszustand steht, verheimlichte Ingrid Steeger aber auch vorher nicht. Am Neujahrstag 2020 erlitt die Schauspielerin beim Spaziergang einen Herzstillstand. Glücklicherweise konnte ihr Begleiter sie reanimieren. Im Krankenhaus wurde im Anschluss ein Defibrillator-System eingesetzt, wie Steeger selbst gegenüber der "Bild" berichtete. Bei beiden Vorfällen ist zum Glück noch einmal alles gut gegangen. Alleine möchte die gebürtige Berlinerin aber nicht mehr leben.
Interview mit Ingrid Steeger: So geht es ihr
Für mehr als ein paar Fragen reicht die Kraft nicht mehr. Ingrid Steeger ist am Telefon schwer zu verstehen. Manchmal ist ihre Stimme ganz leise oder sie möchte etwas sagen, kann es aber nicht aussprechen. Als ob die Stimmbänder versagen.
AZ: Frau Steeger, wie geht es Ihnen?
INGRID STEEGER: Mal so, mal so. Lumpi war zu Besuch. Ich konnte ihn nochmal sehen. Ich kann nicht richtig reden. Ich glaube, ich habe mich verschluckt.
Brauchen Sie etwas? Kann man Ihnen etwas Gutes tun?
Nein, nein, ich habe schon alles. Ich bekomme Infusionen mit Nahrung. Ich kann nicht richtig essen. Ich habe keinen Appetit. Ich möchte gerne raus, nach draußen. Den ganzen Tag im Zimmer ist blöd. Man verblödet.
So sieht der Alltag von Ingrid Steeger aus
Ihr Freund Rolf war auch gerade zu Besuch
Ja, da waren wir draußen. Mal was anderes sehen. Sonst fällt mir die Decke auf den Kopf. Auch Fernsehen ist langweilig. Ich schaue schon gar nicht mehr. Entschuldigung, ich kann nicht richtig reden.
Dann hören wir lieber auf zu telefonieren. Alles Gute.
Dankeschön. Vielleicht bekomme ich ja bald wieder Besuch. Das wäre schön. Viele Grüße an alle …
Ingrid Steeger ist nur noch ein Schatten ihrer selbst
Etwas ausführlicher berichtet dafür ihr Freund Rolf von dem Besuch im Pflegeheim. Wie es um den Gesundheitszustand von Ingrid Steeger steht, wird dabei mehr als deutlich.

AZ: Rolf, Sie haben gerade wieder Ingrid Steeger im Pflegeheim besucht.
ROLF: Ja – und wir waren sogar etwas draußen. Aber, und das gebe ich zu, ich bin tieftraurig. Ingrid ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Sie war ja immer schon sehr zart, aber jetzt, ich weiß nicht, wie ich es in Worte fassen kann. Es fällt mir schwer, darüber zu reden.
Aber schön, dass Sie mit Ingrid draußen waren.
Ja, das hat ihr auch gutgetan. Übrigens darf ich mit Ihnen reden. Ingrid ist einverstanden. Auch mit dem Foto. Ansonsten hätte ich gesagt: Bitte nicht, Ingrid braucht Ruhe und möchte in ihrer Schwäche nicht fotografiert werden. Aber sie sagt, dass jeder weiß, dass sie kein junger Hüpfer mehr ist. Manchmal blitzt bei ihr der Humor noch durch.
Das Dilemma um Ingrid Steeger
Das ist schön.
Allerdings kann sie oft kaum noch reden und ist schwer zu verstehen. Als ob sie nicht einmal mehr Kraft für die Stimmbänder hat. Geistig ist Steegerchen, so nenne ich sie immer, außer ein paar Gedächtnislücken noch relativ klar. Das ist ja das Dilemma. Der Geist will, der Körper kann nicht mehr. Das macht ihr oft seelisch schwer zu schaffen.
Auf dem letzten Foto, jetzt vom Juni, ist Ingrid mit einem Hündchen zu sehen.
Ja, Steegerchens Hündchen Lumpi. Es war ihr Wunsch, Abschied zu nehmen. Erst dachte ich, dass es nicht gut wäre. Dass sie weinen und danach in eine schwere Depression fallen würde. Aber sie hat sich wirklich gefreut, Lumpi zu sehen, Lumpi zu streicheln. Die Freude hat den Abschiedsschmerz gelindert. Also, alles war gut. Und auch ich war erleichtert.
Gesundheitszustand von Ingrid Steeger: "Ich hätte ihr ein schöneres Lebensende gegönnt"
Aber warum wiegt Ingrid Steeger so wenig? Bekommt sie keine Nahrungsinfusionen?
Doch, sonst wäre sie schon längst nicht mehr unter uns. Denn sie isst ja kaum noch etwas. Sie hat keinen Appetit, und das Schlucken fällt ihr schwer. Auch bei der flüssigen Astronauten-Nahrung, die ja sehr kalorienreich ist. Die trinkt sie aber ansonsten gerne. Leider kann man als Außenstehender kaum etwas machen. Ich hätte ihr ein schöneres Lebensende gegönnt.
Wie meinen Sie das?
Ingrid und ich kennen uns schon seit der "Klimbim"-Zeit. Sie war so hübsch und irgendwie naiv, aber grundehrlich und authentisch. Oft genug wurde sie dann später von Männern ausgenutzt. Sie hat dadurch ihr ganzes Geld verloren. Sie musste von Sozialhilfe leben. Zwar wird sie im Pflegeheim gut betreut, aber sie kann ja körperlich nichts mehr machen.
Ingrid Steeger bereut vieles in ihrem Leben
Ingrid Steeger hat einmal gesagt, dass sie keine Angst vor dem Tod hat.
Das stimmt. "Wenn ich nicht mehr da bin, dann bin ich nicht mehr da", sind ihre Worte. Sie glaubt auch nicht an Wiedergeburt oder dass die Seele noch irgendwo umherschwirrt. Sie ist nur etwas traurig darüber, dass sie im Leben hätte vieles anders machen sollen.
Ingrid bereut viele Dinge in ihrem Leben?
Ja, das ist ja ziemlich bekannt. Dass sie oft nicht Nein sagen konnte. Ihre Fehlentscheidungen mit einigen Männern und alles das. In letzter Zeit unterhalten wir uns nicht mehr darüber. "Ich will nicht mehr an all die blöden Sachen denken", sagte sie mir. Deshalb ist das kein Thema mehr. Zu Recht. Wir unterhalten uns nur über schöne Dinge.
Pflegeheim rettet Ingrid Steeger wohl das Leben
Kann man Ingrid etwas Gutes tun? Worüber würde sie sich freuen?
Wünsche hat sie keine mehr. Sie war ja schon immer sehr bescheiden. Für Luxus hat sie sich nie interessiert. Weder Marken-Klamotten oder teuren Schmuck. Sie liebte eher kleine Lokale als teure Restaurants. Mit einem Butterbrot konnte man sie glücklich machen. Alleine schon das ist so liebenswert.
Was wünschen Sie selbst Ingrid?
Dass, das Ende nicht so schwer wird. Dass sie nicht leiden muss. Zum Glück hat sie keine Schmerzen. Aber manchmal auch Erstickungsanfälle. Wenn sie sich verschluckt. Das Pflegepersonal ist aber gut geschult und immer sofort zur Stelle. In einer eigenen Wohnung, die sie immer noch letztes Jahr so gerne wollte, wäre sie mit Sicherheit gestorben.
"Klimbim"-Star wurde finanziell ausgebeutet
Kommen eigentlich ehemalige Kollegen zu Besuch?
Der Intendant der Bad Hersfelder Festspiele, sozusagen der Nachfolger von Dieter Wedel, Ingrids großer Liebe, kümmert sich rührend um sie. Auch Freunde und Bekannte besuchen sie manchmal. Aber ehemalige Kollegen? Ich weiß nicht, möchte aber jetzt nichts Falsches sagen. Mir ist jedenfalls keiner bekannt. Viele sind ja auch schon gestorben.
Es gibt niemanden mehr aus der "Klimbim"-Familie?
Jedenfalls nicht der sogenannte "Klimbim"-Stamm. Vor einiger Zeit haben Ingrid und ich darüber geredet, wie niedrig damals die Gage war. Die genaue Summe weiß ich jetzt nicht. Aber es ist erschreckend, dass gerade die Schauspieler, die damals dem Publikum so viel Freude gebracht haben, finanziell so ausgebeutet wurden.
Man hat nur einmal Gage bekommen und das war es?
Ja, da sollten die Sender dringend etwas tun. Das ist höchst unmoralisch. Es gibt Wiederholungen ohne Ende, der Sender verdient und die Schauspieler, die Hauptakteure, gehen leer aus und leben dann wie Ingrid von der Sozialhilfe. Da kümmert sich keiner darum. Auch nicht die öffentlich-rechtlichen Sender mit ihren Millionen-Einnahmen. Da kann ich richtig wütend werden. Ingrid Steeger und anderen sollte geholfen werden.