Nach "Layla"-Verbot auf der Wiesn: Darf man "Moskau" von Dschinghis Khan noch spielen?
Nachdem die Wiesnwirte den Ballermann-Song "Layla" aus der Playlist verbannt haben (zuvor gab es Sexismus-Anschuldigungen), könnte es jetzt auch den Schlager "Moskau" treffen. Münchner Promis diskutieren einen Boykott.
Nach Russlands Ukraine-Überfall: Welche Stimmung löst das Lied "Moskau" aus?
Beim Gassenhauer "Moskau" kommt eigentlich immer Stimmung auf. Doch wie sieht es nach Putins Überfall auf die Ukraine heuer aus? Ist es in Zeiten des Krieges angemessen, Ralph Siegels Mega-Hit zu trällern – und dazu zu tanzen? Die AZ hat bei den Münchner Promis nachgefragt.
Sänger Leslie Mandoki war Sänger bei Dschinghis Khan
Leslie Mandoki hat "Moskau" damals mit der Gruppe Dschinghis Khan performt. Das ist vier Jahrzehnte her. Längst hat er mit dem Kapitel und dem Song abgeschlossen. "Seit 40 Jahren habe ich das Lied nicht mehr gesungen – und habe es auch nicht vor. Es sei denn, Putin hört mit dem zerstörerischen Krieg endlich auf. Dann würde ich 'Moskau' einmalig singen", sagt Mandoki der AZ. Auf der Wiesn sollte man den Mega-Hit in diesem Jahr nicht bringen, meint der 69-Jährige. Der AZ sagt er: "Emotional passt das nicht. Ich würde 'Moskau' als Kapellmeister nicht im Zelt spielen. Wir sollten Werte vertreten, die für Frieden stehen. Das sollte selbstverständlich sein. Ein Krieg war noch nie die richtige Antwort. Wir sollten in Gedanken bei den Opfern und bei den zerrütteten Familien sein, die so viel Leid erfahren haben. Hoffentlich ist der Wahnsinn bald vorbei."
Komponist Ralph Siegel: "Mein 'Moskau'-Lied ist nicht politisch"
Ralph Siegel ist anderer Meinung. Er hat "Moskau" Ende der Siebziger komponiert. "Das Lied handelt von der zaristischen Zeit und hat nichts mit dem heutigen Russland unter Putin zu tun. 'Moskau' hat überhaupt keinen politischen Anspruch. Deshalb gibt es keinen Grund, es zu verbieten. Die Band sollte frei entscheiden, ob sie es spielt. Man merkt ja dann an der Reaktion der Leute, ob es gefällt", so der erfolgreiche Star-Komponist zur AZ.
Frederic Meisner: "Es wäre geschmacklos"
Trachtendesigner und Moderator Frederic Meisner ist entsetzt: "Ich halte es aktuell für derart deplatziert! Wenn 'Moskau' auf der Wiesn gespielt wird, ist das an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten. Zudem würde die Stimmung im Zelt darunter leiden."
Claudia Effenberg: "Alles komplett übertrieben"
Claudia Effenberg kann die Debatte nicht verstehen. Der AZ sagt die Designerin: "Es ist alles komplett übertrieben. Ich glaube nicht, dass es einem angetrunkenen Wiesnbesucher auffällt, dass es um ein Land geht, das gerade politisch unkorrekt handelt."
Julian David: "Sind bestimmte Textzeilen noch passend?"
Schlagersänger und Moderator Julian David gibt sich in der AZ nachdenklich: "Als Künstler, der, im Zusammenhang mit dem furchtbaren Krieg in der Ukraine, selbst von der Verbannung meines Songs 'Feuerfunkenregen' betroffen ist, verstehe ich die Debatte. Es gibt Entwicklungen auf dieser Welt, die über allem stehen: Menschen, die alles verlieren, die ihr Schicksal nicht selbst bestimmen können. Ralph Siegel hat 'Moskau' zu einer Zeit geschrieben, als kein Kriegsschatten über Russland hing. 2022 sieht das leider anders aus und deshalb muss man sich schon fragen, ob bestimmte Textzeilen passend sind, um die Leute dazu feiern zu lassen."
Hugo Bachmaier: "Wo fängt man an, wo hört man denn auf?"
Szene-Wirt Hugo Bachmaier hat eine klare Meinung: "Auf keinen Fall solle man den Song verbieten. Wo fängt man an, wo hört man denn auf? Alles ist derzeit nur noch extrem. 'Moskau' ist deutsches Kulturgut und hat mit dem aktuellen Krieg überhaupt nichts zu tun."
Verena Kerth will "Moskau" aktuell nicht hören
Moderatorin Verena Kerth widerspricht in der AZ: "Nein, natürlich sollte man 'Moskau' auf dem Oktoberfest nicht spielen. Es gibt doch genug andere gute Songs."
Marianne Hartl: " Bei Kultur und Musik muss man großzügiger sein"
Volksmusiksängerin Marianne Hartl hält die Debatte für überzogen: "Man sollte den Titel spielen. Bei Kultur und Musik muss man großzügiger sein. Auch 'Layla' hätte man spielen sollen. Es gab schon viele andere Wiesn-Lieder, die grenzwertiger waren."
Angela Ascher: "Man sollte die Kirche im Dorf lassen"
Und auch Angela Ascher findet: "Ich verachte alles, was Putin und seine Schergen in Sachen Ukraine tut, aufs Tiefste, damit das ganz klar ist. Aber man sollte mal die Kirche im Dorf lassen. Den Song Moskau auf der Wiesn zu boykottieren finde ich genauso blöd wie ein ganzes Land für die Abscheulichkeiten seiner Regierung in Sippenhaft zu nehmen."
Und was sagt Wirte-Sprecher Peter Inselkammer über ein Boykott von "Moskau" auf dem Oktoberfest? Er war schon von der "Layla"-Debatte genervt und will sich jetzt nicht in die aktuelle "Moskau"-Diskussion öffentlich einmischen. "Es gibt wirklich wichtigeres zurzeit."
