Katy Karrenbauer: "Noch drei, vier gute Jahre haben wir"

"Altern in Würde oder in Armut: Wer kann sich gute Pflege noch leisten?" Darüber debattierten die Gäste am Montag bei "Hart aber fair". Zu Moderator Luis Klamroth sind u.a. Schauspielerin Katy Karrenbauer und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gekommen.
Elisa Fabich |
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Im Streit-Gespräch: Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Katy Karrenbauer
Im Streit-Gespräch: Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Katy Karrenbauer © WDR/Oliver Ziebe

Jeder fünfte pflegebedürftige Mensch in Deutschland lebt in einem Pflegeheim. Das wird für viele zu einer echten Herausforderung. Der Grund: Die große finanzielle Belastung. Das führt selbstverständlich zu der Frage, wer sich gute Pflege im Alter überhaupt noch leisten kann, mit der sich am Montagabend auch die Debatte bei "Hart aber fair" beschäftigte. "Hinter Gittern"-Star Katy Karrenbauer musste das Haus ihres Vaters verkaufen, um sich die Pflege ihres demenzkranken Vaters leisten zu können.

Karl Lauterbach bei "Hart aber fair": "Pflege ist ein Armutsrisiko"

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach stellte direkt zu Beginn nüchtern fest: "Pflege ist ein Armutsrisiko." Wie die Realität aussehen kann, berichtete anschließend Schauspielerin Katy Karrenbauer. Da ihr Vater, mit dem sie fast 50 Jahre keinen Kontakt hatte, an Demenz erkrankt ist, musste sie handeln. Da er nicht mehr alleine wohnen konnte und Karrenbauer selbst in einer kleinen Berliner Wohnung lebt, gab sie den heute 90-Jährigen in ein privates Pflegeheim. Das ist viereinhalb Jahre her.

Emotionaler Auftritt von Katy Karrenbauer bei "Hart aber fair"
Emotionaler Auftritt von Katy Karrenbauer bei "Hart aber fair" © WDR/Oliver Ziebe

Katy Karrenbauer bei "Hart aber fair": 240.000 Euro brachte der Hausverkauf

Um sich das auch nur irgendwie leisten zu können, mussten Karrenbauer und ihre Schwester das Haus ihres Vaters verkaufen. 240.000 Euro wurden in die Kasse gespült. Doch mittlerweile sind knapp zwei Drittel des Erlöses für die Pflege des Vaters draufgegangen.

Katy Karrenbauer: "Ich weiß nicht, wie es in ein paar Jahren weitergehen soll"

Katy Karrenbauer erzählt bei "Hart aber fair", dass sie selbst knapp 2.000 Euro monatlich für die Pflege bezahlen muss (Eigenanteil). Denn: Das Geld aus Rente und Pflegeversicherung reichen dafür bei weitem nicht aus. "Mein Vater würde so gerne Hundert werden und ich habe gesagt, drei, vier gute Jahre haben wir und danach weiß ich es nicht", sagt Karrenbauer über ihre finanzielle Situation und die Gesundheit ihres Vaters.

Lauterbach fordert freiwillige Vollkaskoversicherung für Pflege

Bundesgesundheitsminister Lauterbach macht klar, welche Pläne er für eine reformierte Pflegereform hat. Ein Vorschlag, den er dabei immer wieder nennt, ist die Umgestaltung der Pflegeversicherung von einer Art Teilkasko- auf eine freiwillige Vollkaskoversicherung. Es wäre eine Versicherung, die im Falle einer Unterbringung im Pflegeheim, alle Kosten übernehmen würde. Der Eigenanteil, den es heute häufig gibt, fiele dann weg.  

Personalmangel: Katy Karrenbauer kauft Zigaretten und Süßigkeiten für Heimbewohner

Doch noch gibt es diese Reform nicht. Und das ist jeden Tag spürbar. Denn obwohl die Kosten schon so hoch seien, fehle es an allen Ecken und Enden, so die Schauspielerin. Das Leben vieler Menschen in Pflegeheimen sei eher würdelos als würdevoll, meint Karrenbauer. Nicht selten bringe sie anderen Bewohnern des Pflegeheims ihres Vaters Zigaretten, Cremes oder Süßigkeiten mit. Geld, Zeit und Personal fehle. Sie treffe des Öfteren auf weinende Angestellte und überarbeitete Menschen. "Es muss sich in diesem Land etwas verändern. Es kann nicht sein, dass Pfleger auf dem Zahnfleisch gehen."

Katy Karrenbauer: Zwei- oder Dreibett-Zimmer ist würdelos

Katy Karrenbauers Vater lebt durch einen bezahlten Einzelzimmerzuschlag alleine im Heim. Für die Schauspielerin sei es würdelos, wenn Pflegebedürftige in einem Zwei- oder Dreibett-Zimmer wohnen müssten. "Das kann so nicht bleiben, wenn man den anderen beim Würgen oder Sterben zusehen muss."

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Karl Lauterbach: "Wir müssen die Ökonomisierung zurückführen"

Karl Lauterbach zeigt sich einsichtig und macht in seinem Schlussplädoyer deshalb deutlich: "Ich glaube, wir haben in der Pflege und in den Krankenhäusern die Ökonomisierung dramatisch übertrieben und müssen das zurückführen, wir sind da zu weit gegangen." Und weiter: "Wenn die Kommunen die Pflege bezahlen würden, dann bräuchte auch niemand zum Sozialamt zu gehen."

Zudem fordert der Gesundheitsminister, dass privat Versicherte ebenso in die solidarische Versicherung einzahlen sollten. "Wir brauchen die freiwillige Vollkaskoversicherung oder mehr Steuergeld." 

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6 Kommentare
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  • Frale am 25.04.2023 21:08 Uhr / Bewertung:

    Nicht jeder hat ein Haus zu verkaufen... und da geht einen ganz schnell da Geld aus. Ich hab das alles hinter mir bis 2016 über Jahre. Das ist nicht lustig.... !

  • Himbeergselchts am 25.04.2023 17:22 Uhr / Bewertung:

    Wie Lauterbach auf die Idee kommt, alles wäre gut wenn die Kommunen die Mehrkosten übernehmen, weiß auch nur er allein.

    Alle Sozialausgaben müssen vom Steuerzahler gestemmt werden. Ob Altenheim, Kita, Schule, Bürgergeld, ALG I, Versorgung von Flüchtlingen und Migranten …Kindergeld…
    Ob nun der Pott von Bund, der Kommune oder dem Bundesland geöffnet wird spielt für Einzahler und Hilfeempfänger keine Rolle.
    Viel gravierender Herr Lauterbach ist der Fakt, dass Angestellte Sozialabgaben einzahlen, Beamte nicht!
    Aber darüber schweigen Minister und Politiker. Sonst könnte der Bürger auf Ideen kommen.

  • GrauWolf am 25.04.2023 15:13 Uhr / Bewertung:

    Grundsätzlich gibt es schon seit geraumer Zeit eine private Pflegezusatzversicherung.
    Was die Forderungen von Frau Karrenbauer anbelangt so muß hier festgestellt werden daß die gesamten Forderungen nicht mehr bezahlbar sind. Auch die Ökonomisierung der Krankenhäuser war ein verzweifelter Versuch die Kosten im Gesundheitswesen irgendwie in den Griff zu bekommen.
    Jetzt aber will jeder: Grundsicherung, Kindersicherung, Pflege zum
    Nulltarif, Flüchtlingsnot kennt keine Obergrenze dazu noch das 49 Euroticket.
    Atomkraftwerke legen wir für teures Geld still und importieren Kohle aus Kolumbien.
    Diese Gesellschaft steuert auf einen Abgrund zu - und viele haben es noch nicht bemerkt.

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