Karl-Theodor zu Guttenberg: Politik-Comeback unter bestimmter Bedingung

Seit gut einem halben Jahr geben sich Gregor Gysi und Karl-Theodor zu Guttenberg in ihrem gemeinsamen Podcast die Ehre. Der Linken-Politiker und der Freiherr liegen auf Platz 2 der erfolgreichsten Apple Podcasts in Deutschland. Da muss natürlich eine Live-Folge her. Die AZ war am Montagabend in Kulmbach dabei.
Viktoria Hausmann |
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Karl-Theodor zu Guttenberg und Gregor Gysi haben einen eigenen Podcast
Karl-Theodor zu Guttenberg und Gregor Gysi haben einen eigenen Podcast © Instagram/k.t.guttenberg

Dass sich in so politisch turbulenten Zeiten, ein Linker und ein Konservativer ruhig an einen Tisch setzen und über die Weltlage diskutieren, klingt etwas seltsam. Karl-Theodor zu Guttenberg und Gregor Gysi tun genau das. Bei ihrer ersten Podcast-Aufzeichnung vor Publikum in Guttenbergs fränkischem Heimatort Kulmbach am Montagabend betonen beide ihre Gemeinsamkeiten. Das übergreifende Thema des Abends: "Was genau ist eigentlich konservativ?"

"Eigentlich eine Unverschämtheit": Guttenberg und Gysi kabbeln sich bei Begrüßung

Das erste Wort hat Gregor Gysi (75), der das Publikum in der ausverkauften Stadthalle begrüßt. "Eigentlich eine Unverschämtheit", kommentiert Gutenberg (52). Gysi kontiert sofort: "Dafür darfst du das in Berlin. Das ist die größere Unverschämtheit." Das Publikum raunt. Man fühlt sich an Waldorf und Statler von den Muppets erinnert. Und ein bisschen sind die beiden das ja auch. Sie kommentieren die Politik sozusagen vom Balkon aus. Der eine schon zu lange dabei, der andere zu früh ausgeschieden. 

Haben trotz unterschiedlicher Parteizugehörigkeiten viel gemeinsam: Gregor Gysi (l.) und Karl-Theodor zu Guttenberg (r.)
Haben trotz unterschiedlicher Parteizugehörigkeiten viel gemeinsam: Gregor Gysi (l.) und Karl-Theodor zu Guttenberg (r.) © Viktoria Hausmann

"Partei, die mal als konservativ galt": Ist zu Guttenberg die CSU zu links?

Das Thema und die Idee zusammen einen Podcast zu machen, haben beide gewählt, um gegen die gespaltene Stimmung im Land anzukämpfen: "Es gibt keinen Respekt mehr für politische Gegner", bemängelt zu Guttenberg in Kulmbach. Man brauche Gespräche auf Augenhöhe, damit die Gesellschaft zusammenhält. Beide erklären ziemlich schnell, dass die klassischen Definitionen von "konservativ" (Altes bewahren) und "Progressiv" (Dinge revolutionieren und verändern) nicht wirklich auf jeden Konservativen oder Linken zutreffen.  "Als Mitglied einer Partei, die mal als konservativ galt", wolle er nicht alles um jeden Preis bewahren, erzählt zu Guttenberg. Genau wie Gysi nicht alles revolutionieren will. Es gäbe viele Schnittmengen zwischen ihnen. Ist Guttenberg die CSU etwa zu links?

"Du bist ein konservativer Halblinker": Zu Guttenberg braucht Bier, um das zu ertragen 

"Man sollte aufhören die Leute in Schubladen zu stecken", meint der Freiherr. Gysi erwidert: "Ich kann mich nicht entscheiden. Ich bin ein linker Konservativer und du bist ein konservativer Halblinker." Zu Guttenberg ist leicht empört: "Ich würde diese Bezeichnung eher vertragen, wenn mir jemand ein Bier bringt." 

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"Saufen auf Weltniveau": Guttenberg erzählt von Bierfest

Es bleibt nicht der einzige derbe Spruch von Karl-Theodor zu Guttenberg. Er habe Gysi nach Franken eingeladen, um ihn kulturell zu indoktrinieren. "Er hat sich mit Berlin gerächt," erzählt er dem Publikum. Dort - in Gysis Heimatstadt - werden beide am Samstag eine weitere Podcast-Doppelfolge aufzeichnen. Dann erzählt Guttenberg von der Plassenburg, dem Wahrzeichen der Stadt Kulmbach: "Von der meine Vorfahren mal vertrieben wurden, weil wir uns schlecht benommen haben." Und lobt das Kulmbacher Bierfest, gegen das das Oktoberfest eine kleine "Pfarrgemeindeveranstaltung" wäre. Ein Freund aus Amerika würde es "Saufen auf Weltniveau" nennen.

"Karriereziel Alterspräsident": Gysi zieht vors Verfassungsgericht

Gregor Gysi erzählt davon, wie der Einzug der AfD, die Kultur im Bundestag verändert hätte. Man könne nun keine Witze mehr in Reden machen. Im Biergarten nebenan würde die AfD stets einen der beiden Räume alleine belegen und der Alterspräsident wäre nun nicht mehr der älteste Abgeordnete, weil es dann ein Afdler wäre, sondern der Dienstälteste. Leider wären vor ihm noch Wolfgang Schäuble und Peter Ramsauer, beklagt sich der Ostdeutsche: "Ich bin nur der Drittdienstälteste, aber die beiden haben mir versprochen, das nächste Mal nicht mehr anzutreten." Gregor Gysis Traum könnte allerdings aus zwei Gründen fehlschlagen. Zum einen hat Sahra Wagenknecht die Partei verlassen. Zum anderen hat die Ampel, das Wahlrecht reformiert, um die CSU und die Linke aus dem Bundestag zu werfen. Was sowohl Gysi als auch zu Guttenberg nicht in Ordnung finden. Die Reform sei verfassungswidrig, erklärt der frühere SED-Politiker: "Ich freue mich auf mein Plädoyer beim Verfassungsgericht."

"Das waren Schäuble und Ramsauer": Gysi auch sauer auf CSU

Ganz in seinem juristischen Element erklärt der Anwalt das Wahlrecht im Detail. Gysi erläutert warum, die Politikverdrossenheit wächst, wenn man fast keine Direktkandidaten mehr in die Regierung wählen kann und kritisiert plötzlich die CSU: "Das fällt den Linken auf die Füße," aber die CSU sei auch nicht besser. Sie wollte aus der Drei-Direktmandats-Regel eine Fünf-Direktmandats-Regel machen, um die Linke loszuwerden, so Gysi. Die Linke sitzt noch wegen genau drei Direktmandaten im Bundestag. "Das waren Schäuble und Ramsauer", ruft Karl-Theodor zu Guttenberg und fügt hinzu: "Meine Damen, meine Herren, da setzt sich jemand mit dem Karriereziel Alterspräsident sehr intensiv auseinander." Das Publikum lacht.

Heimspiel für KTG – Familienanekdoten erheitern das Publikum

Natürlich dürfen auch ein paar Familienanekdoten aus dem Hause von und zu Guttenberg nicht fehlen. Als Gysi erzählt, wie wichtig die Gleichberechtigung der Frau ist und das auch in anderen Ländern, erwähnt der ehemalige Wirtschaft- und Verteidigungsminister seine Urgroßmutter, die eine starke Matriarchin war und trotzdem an eine Männerwelt glaubte. Für sie hätten nur die jeweils Erstgeborenen gezählt. Seinen jüngeren Bruder Philipp Franz habe sie bei jedem Besuch nur halb angesehen - man fühlt sich an Prince Harrys Buch "Reserve" erinnert - bis Philipp Franz eines Tages pampig wurde und auf die erneute Frage ihrer Urgroßmutter, wer er denn sei mit: "Ich heiße Hans-Detlev und bin der jüngste nachgeborene Sohn, den du noch nicht kennst", antwortete. "Da hat sie ihn tatsächlich mal eine Minute angeschaut", erzählt zu Guttenberg trocken. Das Publikum lacht. Beim Thema Pünktlichkeit wird die Geschichte noch durch die von seinem Onkel Georg zu Guttenberg getoppt, der sogar zu seiner eigenen Beerdigung zu spät kam und so zweimal beerdigt wurde. 

Karl-Theodor zu Guttenberg: Gibt es ein Comeback in die Politik?

Bei der Fragerunde nach der Pause, erzählt Guttenberg unter welchen Bedingungen er wieder zurück in die Politik gehen würde: "Ich sage immer, ich gehe an dem Tag, an dem du [Gysi, Anm. d. R.] aufhörst, wieder in die Politik. Da er aber nie aufhören wird, habe ich da Sicherheit", erzählt zu Guttenberg. Gysi schüttelt den Kopf: "An dem Tag rufe ich dich an." Falls die Wahlrechtsreform bestehen bleibt und die Linke und CSU nicht mehr in den Bundestag können, würde beide zusammen eine Partei gründen, scherzt zu Guttenberg außerdem. Gregor Gysi hat noch einen Rat für Kevin Kühnert (SPD) und Philipp Amthor (CDU): "Acht Jahre könnt ihr im Bundestag bleiben, doch danach solltet ihr mal raus und die echte Welt erleben." Statt der Karriere "Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal" sollten Politiker wenigstens einmal in einem normalen Beruf arbeiten, "sonst verliert ihr die Verbindung zu vielen Bevölkerungsgruppen".

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3 Kommentare
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  • Genius X am 12.12.2023 20:01 Uhr / Bewertung:

    KTG hat sich in seiner Rücktrittsrede 2011 als Opfer stilisiert. Von Reue nach dem Plagiatsbetrug keine Spur. Nachdem er in USA nichts mehr reißen kann und ihm die Frau abhanden kam, hofft er nun auf eine lukrative Medienkarriere in seiner Heimat. An den semisenilen Linken Gysi hängt er sich nur wegen Reichweite.

  • muc_original_nicht_Plagiat! am 12.12.2023 15:43 Uhr / Bewertung:

    zu Guttenberg inszeniert seine Läuterung weiterhin sehr professionell. Jedenfalls fallen die JournalistInnen reihenweise auf diese Show herein
    (siehe Maischberger-Auftritt) ... kokett.

  • am 12.12.2023 14:59 Uhr / Bewertung:

    Welche Bedingung auch immer, tut mir leid, wir können sie nicht erfüllen. Also bitte zurück nach Münchhausen, Herr von und zu.

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