Alfons Schuhbeck von sich selbst berauscht: Ein Märchen der anderen Art

Es gab Tage – womöglich viel zu viele –, an denen konnte man Alfons Schuhbeck (73) nachmittags gleichzeitig auf drei TV-Kanälen beim Kochen, Küchenschlachten, Wirbeln, Witzeln zuschauen. Im Supermarkt traf man seine Gewürze an, im Buchladen all die kulinarischen Werke, am Platzl den Platzlhirsch selbst, der gerade seine neue Eissorte (das Wiesn-Eis mit Joghurt-Marille, Chili und Zimt!) medial bewarb.
Komentenhafte Karriere für Alfons Schuhbeck
Abends war er dann bei Andy Borg, Carmen Nebel, Markus Lanz – oder seinem guten Spezl Thomas Gottschalk bei "Wetten dass. .?". Dazwischen bekochte er noch den FC Bayern, machte Selfies und Scherze, erfand ein neues Ingwer-Kurkuma-Kardamom-Gewürz und servierte einer Münchner Promi-Dame in ihrer Villa das Ganserl höchstpersönlich, weil es halt mehr hermacht vor den wichtigen Freunden, wenn der Fonsi selbst auftischt.

So. Puh. Kurz mal durchschnaufen.
Alfons Schuhbeck: Wenig Zeit zum Schlafen und fürs Privatleben
Wenn der Alltag irre überhitzt ist, der Münchner Star-Koch nie köchelt, sondern ausnahmslos brennt und dabei nix anbrennen lassen will – dann fragt sich jeder halbwegs normale Mensch, dem schon beim omni-überpräsenten Schuhbeck-Dasein schwindelig wird: Kann das mit dem Fonsi wirklich gut ausgehen?
Die Antwort kennt jetzt die ganze Nation.
Wer sich so sehr auf so hohem Niveau verzettelt, dem bleibt wenig Zeit zum Schlafen und fürs Privatleben – und noch viel weniger Zeit für eher ungenießbare und wenig sinnliche Dinge wie Buchhaltung.
Und ganz genau hat es Schuhbeck eh nie genommen, sonst wäre er ja Konditor geworden – und nicht Koch.
Vorwurf der Steuerhinterziehung: Es fehlen über zwei Millionen Euro
Als Koch, der sogar im Sterne-Himmel angekommen war, kann man kreativ sein, flexibel auf Probleme reagieren, muss nicht pingelig auf Gramm-Zahlen achten. Man kann es, salopp gesagt, immer irgendwie hinwurschteln, dass es am Ende allen schmeckt. Selbst wenn irgendeine Zutat fehlt. Merkt ja eh keiner. Der Applaus ist sicher.

Blöd, dass Schuhbecks Kasse, an der er getrickst und Gelder vorbei geschleust hat, kein Herd ist. Sonst wär das alles vielleicht nie herausgekommen.
Jetzt fehlen über zwei Millionen Euro – und Schuhbeck weiß auch nicht so richtig, wo das ganze Geld hin ist. Große Lüge oder ehrliche Ansage?
Mei, Zeit zum Verprassen hatte er die letzten Jahrzehnte tatsächlich nicht. Schuhbeck war schon immer jemand, der abends lieber Bier als Champagner trank, der auch keine Luxus-Kleidung brauchte, weil er eh nur in der weißen Küchenweste lebte. Viele Frauengeschichten? Keine Zeit. Teure geheime Hobbys? Fehlanzeige.
Für seine vier Kinder habe er wohl das meiste Geld ausgegeben, sagt er. Er habe ihnen das Studium ermöglichen wollen – eine Ausbildung, die er selbst nie hatte. Und doch hat er es ganz nach oben geschafft.
"Ich liebe das, was ich mache, so sehr"
Weil er als junger Bursche, damals noch auf den Namen Alfons Karg hörend, mit seiner Rockband bei Gastwirt Sebastian Schuhbeck († 2007) in Waging am See spielte. Der Wirt erkannte Alfons' Koch-Potenzial, stellte ihn in seinem Lokal ein – und adoptierte ihn später. Ein Märchen der anderen Art.
Doch dieses Gefühl, es gepackt zu haben, muss wie eine Droge gewirkt haben. Zur AZ sagte Schuhbeck mal, und das ist noch nicht lange her: "Ich liebe das, was ich mache, so sehr – ich hüpfe jeden Tag fröhlich aus dem Bett, weil ich es kaum erwarten kann, in den Tag zu starten."

Klar: Alfons Schuhbeck hat sich ein Imperium geschaffen, ist zur Marke geworden, war mehr Entertainer als Koch, ein bayerisches Aushängeschild für gut gewürzten Humor, mit allen Stars per Du. Er war von sich berauscht, im Erfolgs-Endorphin-Dauerzustand, da werden Warnsignale wie die erste Steuerrazzia ignoriert.
Wenn das Leben fluffig wie ein Schuhbeck-Omelett läuft, was kann da schon schief gehen? Leider alles.