Wie wirkt sich DNA-Fund auf NSU-Prozess aus?

Das Ganze ist auch für den Bundesinnenminister "unfassbar". Der brisante DNA-Treffer am Fundort der getöteten Schülerin Peggy hat die Ermittler elektrisiert. Große Auswirkungen auf den Münchner NSU-Prozess sieht ein Opferanwalt aber nicht.
von  dpa

München - Der brisante Fund von DNA-Spuren von Uwe Böhnhardt am Fundort von Peggys Leiche wird den Münchner Mammutprozess um die NSU-Mordserie nach Ansicht eines Opferanwalts nur wenig beeinflussen. "Ich glaube nicht, dass die neuen Entwicklungen insgesamt eine große Auswirkung auf das Verfahren haben", sagte Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler.

Am Donnerstag war bekanntgeworden, dass am Fundort der Skelettteile der 2001 verschollenen neunjährigen Peggy aus Oberfranken Genmaterial des mutmaßlichen NSU-Terroristen Böhnhardt entdeckt worden war.

Was weiß Zschäpe?

Man werde aber prüfen, "ob wir Beweisanträge stellen", bekräftigte der Anwalt, der ein Vertreter der Nebenklage im NSU-Prozess ist. Seit fast dreieinhalb Jahren steht die mutmaßliche Mittäterin Beate Zschäpe wegen der Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" vor dem Münchner Oberlandesgericht. "Wir werden auf jeden Fall Frau Zschäpe fragen, welche Kenntnisse sie hatte", sagte Daimagüler.

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Der aus Thüringen stammende Rechtsextremist Böhnhardt soll mit seinem mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos jahrelang unerkannt gemordet haben - hauptsächlich aus fremdenfeindlichen Motiven. Mundlos und Böhnhardt töteten sich laut Ermittlern im Herbst 2011 nach einem Banküberfall, um einer Festnahme zu entgehen. Zschäpe stellte sich der Polizei.

Die damals neunjährige Peggy war 2001 im oberfränkischen Lichtenberg verschwunden. Erst im Juli waren Skelettteile von ihr in einem Wald im benachbarten Thüringen entdeckt worden.

Seehhofer: "Zunächst will man das nicht glauben"

Der Fund der DNA-Spuren hatte auch bei Politikern Entsetzen ausgelöst. "Unfassbar" nannte es Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), dass einer der NSU-Terroristen möglicherweise auch Peggys Mörder sein könnte. "Zunächst will man das nicht glauben, dass da ein Zusammenhang bestehen kann", sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Es wäre schrecklich, wenn es der Fall wäre.

Die Linken-Politikerin Martina Renner forderte eine Überprüfung aller Fälle vermisster und getöteter Kinder in der Region. "Jetzt müssen sämtliche DNA-Spuren der Fälle von vermissten und getöteten Kindern in der Region mit den Spuren der NSU-Täter verglichen werden", sagte die Innenexpertin der Linken-Fraktion im Bundestag den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Die Grünen im bayerischen Landtag verlangten von Bayerns Staatsregierung detaillierte Auskunft - auch über mögliche Neonazi-Treffpunkte in der Nähe von Peggys Wohnort.

Die Rechtsmedizin der Universität Jena in Thüringen schloss eine zufällige Übertragung der DNA Böhnhardts auf die Spurenträger am Fundort der Leiche Peggys am eigenen Institut aus. Nach Angaben der zuständigen Staatsanwaltschaft Bayreuth muss aber weiter geprüft werden, ob der DNA-Treffer möglicherweise durch eine Verunreinigung ausgelöst wurde.

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