Fall Peggy: Wurde bei der Spurensuche gepfuscht?
Der genetische Fingerabdruck des neonazistischen Serienkillers Uwe Böhnhardt auf einem kleinen Stofffetzen neben den sterblichen Überresten der kleinen Peggy (9) aus Lichtenberg – die Nachricht, die am späten Nachmittag durch die Medien geisterte und am Abend von der Staatsanwaltschaft in Bayreuth bestätigt wurde, geriet zum News-Hit des Tages. Ist es eine sensationelle Wende, die beide Kriminalfälle in ein neues Licht tauchen oder nur ein Sturm im Wasserglas?
Bayreuth - Die gemeinsame Erklärung, die Staatsanwaltschaft und Polizei herausgaben und in der sie den Fund des genetischen Fingerabdrucks von Bönhardt bestätigen, ist bereits ausgesprochen vorsichtig formuliert. „In welchen Zusammenhang diese DNA-Spur gesetzt wurde, wo sie entstanden ist und ob sie in Verbindung mit dem Tod von Peggy K. steht, bedarf weiterer umfassender Ermittlungen in alle Richtungen, die derzeit geführt werden und ganz am Anfang stehen“, heißt es dort.
Hat Uwe Böhnhardt Peggy getötet? Was weiß Beate Zschäpe
Herbert Potzel, Chef der Bayreuther Staatsanwaltschaft, die im Fall Peggy seit Jahren ermittelt, ist eine Nacht später noch zurückhaltender. „Wir werden jetzt erst einmal die Spur ganz genau zurückverfolgen, um festzustellen, wie sie überhaupt zustande gekommen ist“, erklärte er am Freitag gegenüber der Abendzeitung. Eine Verwechslung der Spuren, eine Panne bei der Ermittlungsarbeit schließt Potzel definitiv nicht aus: „Es gibt viele Möglichkeiten, wie so etwas passieren kann. Im Moment wissen wir es nicht und müssen uns erst ein genaues Bild machen.“
Der NSU tauchte immer wieder im Zusammenhang mit Kinderpornographie-Ermittlungen auf
Die Spekulation, die im Mai 2001 spurlos verschwundene Peggy sei Opfer eines Kinderporno-Rings geworden, tauchte in den einschlägigen Foren der sozialen Netzwerke immer wieder als mögliches Motiv auf. Das DNA-Profil Böhnardts am Auffindeort von Peggy Leiche dürfte in dieser Hinsicht für neuen Diskussionsstoff sorgen – und den „Nationalsozialistischen Untergrund“ in ein anderes Licht tauchen?
Auch der baden-württembergische Landtag hat einen Unterschungsausschuss eingerichtet, der sich mit der NSU-Mordserie beschäftigt. In dem Gremium waren kinderpornografische Tendenzen des mutmaßlichen Mörder-Trios schon mehrfach das Thema. Entsprechendes Bildmaterial fanden Spezialisten des BKA auf einem Computer, der in der zerstörten Wohnung in Zwickau gefunden worden war.
Mit der möglichen Verbindung Peggy-Böhnhardt kocht noch eine weitere Geschichte aus dem Jahr 1993 wieder hoch. Damals war Uwe Böhnhardt 15 Jahre alt und wurde von einem „Kumpel“ beschuldigt, in den Mord an einem neunjährigen Schüler verwickelt zu sein. Dessen Leiche war am Saale-Ufer in Jena angeschwemmt worden. Der Zeuge von damals, dessen Aussage für Uwe Böhnhardt folgenlos blieb, trat später noch einmal in Erscheinung. Er war es nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft, der dem Mörder-Trio die Waffe für die Mordserie an neun Geschäftsleuten und einer Polizistin geliefert haben soll.