"Werkunterricht muss an allen Schulen angeboten werden": Scharfe Kritik am Pisa-Paket

Weniger Kunst, Musik und Werken an Grundschulen. Das besagt das kürzlich vorgestellte Pisa-Paket der bayerischen Regierung, das zuvor für Diskussionen gesorgt hatte. Währenddessen beklagt die Handwerks-Branche in Bayern über 38.000 unbesetzte Lehrstellen. Ist eine Kürzung der handwerklichen Fächer an Schulen in Anbetracht des Fachkräftemangels also sinnvoll?
"Müssen uns stärker auf haptische Erfahrungen fokussieren": Handwerksverband fordert mehr Werken
Laut Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) wäre es "gerade angesichts der fortschreitenden künstlichen Intelligenz und Digitalisierung" wichtig "wenn Lehrpläne wieder einen stärkeren Fokus auch auf haptische Erfahrungen legen." KIs würden zwar viele Arbeitsprozesse im Handwerk verändern, jedoch könne KI "das Wissen über den richtigen Umgang mit Werkstoffen und die dazugehörige Fingerfertigkeit" nicht vermitteln.
"Der Werkunterricht an Schulen könnte hier eine Wissensbasis schaffen. So können Kinder erfahren und selbst erleben, welche Freude es machen kann, mit Werkstoffen zu arbeiten und etwas mit seinen Händen zu schaffen", so der ZDH.
"Werkunterricht muss an allen Schulen angeboten werden": Handwerkskammer kritisiert Kürzungen
Auch die Handwerkskammer für München und Oberbayern bezeichnet den Werk-Unterricht an Schulen in der Abendzeitung als "gewissermaßen erste Stufe der Berufsorientierung". Denn so könnten "Schülerinnen und Schüler frühzeitig ihre Fertigkeiten ausbauen und auch eigene Talente erkennen." Aus diesem Grund müsse "Werkunterricht an allen Schulen angeboten werden". Auch der ZHD findet Werken als Unterrichtsfach wichtig.
"In den Schulen stehen ganz überwiegend MINT-Fächer, Auswendiglernen und Sprachen im Vordergrund, aber die Frage, wer besonders gut Holz bearbeiten, Dinge schneidern oder malern kann, spielt in den seltensten Fällen eine Rolle", so der ZHD in der AZ. Würden "junge Menschen bereits frühzeitig an das Handwerk herangeführt werden", wäre "es wahrscheinlicher, dass sie bei ihrer Berufswahl einen Handwerksberuf zumindest für sich in Erwägung ziehen."
Der ZHD kritisiert die unterschiedliche Wahrnehmung zwischen einer beruflichen und akademischen Laufbahn. Die beiden Bildungswege müssten "endlich auf Augenhöhe" gebracht werden. Auch finanziell. "In die Ausstattung von Hochschulen fließen Milliarden, aber nicht in gleichwertiger Weise in die Ausstattung und Modernisierung von Berufsschulen und Bildungsstätten des Handwerks", so der ZHD.
"Meister ist Master": Handwerkskammer München fordert Umdenken
Das Fach Werken reicht jedoch nicht aus. Der ZHD fordert eine "Bildungswende hin zu echter Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung!" Diese Gleichwertigkeit dürfe jedoch nicht nur rhetorisch betont werden, sie müsse auch gesetzlich verankert werden. Dazu bräuchte es auch "ein gesamtgesellschaftliches Umdenken".
Die Handwerkskammer München sieht dabei besonders die Lehrkräfte "in der Pflicht, dem Handwerk in der Berufsorientierung die nötige Fläche zu bieten. Gerade auch Gymnasiallehrern muss deutlich gemacht werden, dass das Studium nicht der einzige Karriereweg ist. Denn Meister ist Master." Bayern hat als einziges Bundesland angekündigt, die Meisterausbildung kostenlos zu gestalten. Dies soll ab Herbst diesen Jahres in Kraft treten.