Wann kann ich in Rente gehen – und was kostet mich das?

Wann kann ich früher in Rente gehen? Das ist eine der meistgestellten Fragen bei der Rechtsberatung des Sozialverbands VdK. Der Rechtsexperte des VdK beantwortet die wichtigsten Fragen zu vier Muster-Fällen.
München - Wann kann ich früher in Rente gehen? Das ist eine der meistgestellten Fragen bei der Rechtsberatung des Sozialverbands VdK. Und die Antwort hängt immer vom Einzelfall ab – das macht es so kompliziert. Der Leiter der Rechtsabteilung des Vdk Bayern, Rainer Strauch, hat sich für die AZ Modellfälle und häufige Fragen vorgenommen und beantwortet sie hier exemplarisch für viele andere. Informationen zum Beratungsangebot des VdK erhalten Sie unter 089/2117-0.
Fall1:
Günter K. wird nächstes Jahr 63 Jahre alt, geboren ist er im Juli 1951. Seit er 18Jahre alt ist, hat er gearbeitet. Zurzeit verdient er als Monteur 2800 Euro brutto. Er hat sich seine aktuelle Renteninformation genau angeschaut. In der steht, dass seine jetzige „Rentenanwartschaft“ 1167,81 Euro beträgt und dass er, wenn er so bis zur Regelaltersgrenze durcharbeitet, monatlich 1275,28 Euro bekommt.
Nun hat er einige Fragen an Herrn Strauch:
Im Bescheid steht, dass ich erst zum 1. Januar 2017 in Rente darf. Stimmt das?
RAINER STRAUCH: Die Auskunft im Bescheid ist zutreffend. Durch die stufenweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre kann die Regelaltersrente statt ab dem 1.August 2016 erst ab Januar 2017 in Anspruch genommen werden. Der Renteneintritt wird um fünf Monate hinausgeschoben.
Aber ich habe gehört, dass ich schon nach 45 Beitragsjahren – also eigentlich nächstes Jahr – in Rente gehen darf. Was stimmt denn nun?
Seit Januar 2012 gibt es die neue Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Voraussetzung dafür sind zwei Dinge: einmal 45 Beitragsjahre. Und, ganz wichtig: Diese Rente kann erst ab dem 65. Lebensjahr in Anspruch genommen werden. In Ihrem Fall bedeutet das: Sie können ab dem 1. August 2016 ohne Abschläge in Rente gehen.
Ich will auf jeden Fall so früh wie möglich in Rente. Wann geht das denn mit welchen Abschlägen?
Hier kommt die Altersrente für langjährig Versicherte in Betracht. Diese können Sie ab dem 1. August 2014, also mit 63 Jahren beziehen. Dann fällt aber ein Abschlag von 8,7 Prozent des als Regelsaltersrente genannten Betrags an. Konkret zu Ihrem Fall: Sie verlieren 168,95 Euro im Monat und bekommen nur 1106,33 Euro
AZ-Meinung: Vorsicht, Politiker!
Fall 2:
Agnes K. ist 55 Jahre alt und Mutter zweier Kinder. Die sind 1980 und 1983 geboren. Nach der Lehre hat sie drei Jahre als Verkäuferin gearbeitet, seit 1990 hat sie eine Teilzeit-Stelle. Ein Blick in ihre Renteninformation hat sie aufgeschreckt: In der steht, dass ihre jetzige Rentenanwartschaft lediglich 446,91 Euro beträgt und dass sie, wenn sie bis zur Regelaltersgrenze im Jahr 2024 so durcharbeite, 584,91 Euro bekommt.
Ihre Fragen:
Kann das wirklich sein, dass mir für meine Kinder nur 56Euro auf das Rentenkonto gutgeschrieben worden sind oder kann ich das irgendwo „nachbessern“ lassen?
RAINER STRAUCH: Da die Kinder vor 1992 geboren wurden, gibt es aktuell pro Kind 28,14 Euro Rente, somit 56,28 Euro für zwei Kinder. Eine Gleichbehandlung mit Kindern, die ab 1.1.1992 geboren wurden (hier gibt es pro Kind 84,42 Euro), wird derzeit unter dem Stichwort „Mütter-Renten“ von der Politik eingefordert.
Soll ich wieder Vollzeit arbeiten? Was tun, wenn sich der Arbeitgeber querstellt?
Wenn Vollzeit gearbeitet wird, werden auch höhere Rentenbeiträge eingezahlt, dies führt später auch zu einer höheren Rente. Wenn man in Teilzeit beschäftigt ist und auf Vollzeit umstellen möchte, gilt folgendes: Der Arbeitgeber muss den Wunsch des Arbeitnehmers bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigen. Vorausgesetzt, keine dringenden betrieblichen Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer stehen dem entgegen.
Mein Mann geht schon zwei Jahre vor mir – also 2022, wenn ich 64 Jahre alt bin – in Rente. Kann ich dann auch schon in Rente und wenn ja, gibt es dann Abschläge?
Das ist möglich. Sofern 35 Versicherungsjahre vorliegen, kann die Rente für langjährig Versicherte in Anspruch genommen werden. Aber die um zwei Jahre vorgezogene Rente geht ins Geld: Zum einen werden zwei Jahre keine Beiträge mehr eingezahlt - dadurch sinkt der Rentenanspruch, der mit 66 Jahren noch bei 584,91 Euro lag, auf 561,91 Euro. Zum werden von diesen 561 Euro noch einmal 7,2 Prozent abgezogen – Agnes K bekäme mit 64 Jahren 521,45 Euro.
Fall 3:
Der gelernte Koch Karl H. ist gerade 53 Jahre alt geworden. Von 1976 bis 1988 (inklusive Ausbildung) hat er in seinem Beruf gearbeitet. Dann war er drei Jahre arbeitslos und arbeitet nun seit 1991 als Altenpfleger. Laut Renteninformation hat er nach 33 Beitragsjahren eine Rentenanwartschaft von 696,18 Euro. Wenn er bis zu seiner Regelaltersgrenze so durcharbeitet, erhält er 996,33 Euro.
Seine Fragen:
Wann kann ich regulär in Rente gehen?
RAINER STRAUCH: Der reguläre Rentenbeginn hängt vom Geburtsmonat ab. Wenn Sie im Juli 1960 geboren sind, kann die Regelaltersrente ab 1. Dezember 2026, also mit 66 Jahren und vier Monaten, in Anspruch genommen werden.
Um wie viel kann ich den Renteneintritt vorziehen?
Frühester Rentenbeginn wäre in Ihrem Fall mit 63 Jahren der 1. August 2023, mit der sogenannten Altersrente für langjährig Versicherte.
Welche Abschläge müsste ich dann zum frühesten Zeitpunkt hinnehmen?
Zwei Faktoren mindern die von ihnen erwartete Rente von 996 Euro. Erstens zahlen Sie 40 Monate kürzer ein, wenn sie schon mit 63 statt mit 66 Jahren und 4 Monaten in Rente gehen – Sie haben dann einen rechnerischen Anspruch auf 924,44 Euro. Zweitens werden davon dann je Monat, den Sie früher in Rente gehen, 0,3 Prozentpunkte abgezogen – also insgesamt 12 Prozent. Unterm Strich bleiben Ihnen 813,51 Euro pro Monat.
Fall 4:
Der Münchner Andreas B. ist Jahrgang 1964 und arbeitet hier als Projektingenieur, seit er 28 Jahre alt ist. Laut Rentenbescheid müsste er arbeiten, bis er im Jahr 2031 67 Jahre alt werde. Immerhin steht ihm dann laut Renteninformation 1975,43 Euro im Monat zu – aus heutiger Sicht ein stattlicher Betrag.
Seine Fragen:
Wann kann ich frühestens in Rente?
RAINER STRAUCH: Der früheste Renteneintritt, ist in Ihrem Fall mit 63 Jahren, bei Ihrem Geburtsdatum im August zum 1. September 2027.
Wie hoch sind meine Abschläge?
Sie müssen einkalkulieren, dass Sie, wenn Sie vier Jahre früher in den Ruhestand gehen, Sie auch vier Jahre weniger einzahlen. Das verringert Ihren Rentenanspruch von 1975 Euro (Rente mit 67) auf 1757,95 Euro (Rente mit 63). Davon gehen dann noch mal 14,4 Prozent ab - 0,3 Prozentpunkte für jeden der 48 Monate. Sie bekommten also 1504,80 Euro monatlich.
Die AZ bedankt sich sehr herzlich bei ihren Lesern Manfred Steibl und Wolfgang Krieger für die korrigierenden und ergänzenden Anmerkungen zu diesen Berechnungen!