Urteil: Kein Hartz IV für EU-Ausländer nach der Einreise

Deutschland darf EU-Ausländern in den ersten drei Monaten den Anspruch auf Hartz IV verweigern. Das entschied jetzt der Europäische Gerichtshof. Zuvor hatte eine spanische Familie gegen den Bund geklagt.
von  AZ/dpa

München - Bislang ist es in Deutschland wie folgt: Arbeitssuchende EU-Ausländer erhalten ebenso wie Deutsche Hartz-IV-Leistungen. Denjenigen Arbeitslosen, die sich keine Arbeit suchen, kann Deutschland jedoch die Leistungen verweigern. Ebenfalls ist es in Deutschland gängige Praxis, dass EU-Ausländer erst nach drei Monaten Aufenthalt Hartz IV beziehen können – davor gibt's nix. Der Staat will damit Fehlanreize im Sozialsystem beseitigen.

Nach Ansicht von Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel ist dies ein völlig richtiges Prinzip. Laut Merkel müsse man sich Sozialleistungen zunächst einmal verdienen. Sie sieht deshalb auch keinen Widerspruch zu den beiden Kernprinzipen der EU: der Arbeitnehmer-Freizügigkeit und der Nichtdiskriminierung.

Dagegen hat jetzt ein Mann aus Spanien vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg geklagt – und verloren. Das Gericht hat entschieden, dass eingereisten EU-Bürgern ohne Prüfung des Einzelfalls bis zu drei Monate lang nach ihrer Einreise Sozialhilfeleistungen versagt werden dürfen. Die Richter erklärten damit Regelungen im deutschen Sozialgesetzbuch für vereinbar mit EU-Recht.

Im aktuellen Fall hatte das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen beim EuGH angefragt. Es muss einen Rechtsstreit zwischen einer spanischen Familie und einem deutschen Jobcenter im Kreis Recklinghausen entscheiden.

Hartz-IV-Empfänger: Gratis-Pille für arme Münchner

Das Jobcenter hatte es abgelehnt, dem Familienvater am Anfang seines Aufenthalts in Deutschland Arbeitslosengeld II zu gewähren. Laut deutschem Sozialgesetzbuch sind zugewanderte EU-Ausländer davon zunächst drei Monate lang ausgeschlossen.

Die Richter blieben mit der Entscheidung auf ihrer bisherigen Linie. Im vergangenen Jahr urteilten sie, dass Deutschland Bürgern aus einem anderen EU-Land Hartz-IV-Leistungen verwehren kann, wenn diese zur Arbeitssuche kommen, nur kurz arbeiten und dann arbeitslos werden.

Bereits 2014 hatten die Luxemburger Richter geurteilt, dass "Armutszuwanderer" keinen Anspruch auf Sozialhilfe hätten, also EU-Bürger, die ausschließlich nach Deutschland kommen, um Sozialhilfe zu beziehen, hier aber nicht arbeiten wollen.

Ob Kindergeld, Sozialhilfe oder Hartz IV: Zuwanderern aus anderen EU-Staaten stehen in Deutschland Sozialleistungen zu - wenn auch nur unter bestimmten Bedingungen.

GRUNDSICHERUNG (HARTZ IV): Arbeitssuchende EU-Ausländer erhalten ebenso wie Deutsche Hartz-IV-Leistungen. Denjenigen Arbeitslosen, die sich keine Arbeit suchen, kann Deutschland jedoch die Leistungen verweigern. Auch wenn EU-Ausländer kein Aufenthaltsrecht nach dem Freizügigkeitsgesetz besitzen, weil sie etwa nicht über genügend eigenes Vermögen verfügen, haben sie keinen Anspruch auf die Zahlungen. Nach eigenem Ermessen können die Ämter aber Sozialhilfe gewähren; bei einem Aufenthalt ab sechs Monaten sind sie dazu verpflichtet.

SOZIALHILFE: EU-Ausländer, die nicht erwerbsfähig sind, können Sozialhilfe bekommen. Voraussetzung ist, dass sie sich seit mehr als drei Monaten in Deutschland aufhalten. Zudem gilt auch hier: Sofern ein EU-Ausländer nur nach Deutschland gekommen ist, um Sozialhilfe zu beziehen, muss der Staat sie ihm nicht gewähren.

KINDERGELD: EU-Ausländer haben für die Dauer ihres Aufenthaltes in Deutschland Anspruch auf Kindergeld - auch wenn der Nachwuchs in einem anderen Land der EU lebt. Das setzt allerdings voraus, dass der Zuwanderer einer unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Beschäftigung nachgeht, zum Beispiel Saisonarbeit.

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