Verhütung: Gratis-Pille für arme Münchner
München - Es ist eine Situation, die für den Rest des Lebens nachwirkt: Ungewollt ein Baby erwarten, abtreiben (müssen) und die Leere und Trauer danach fühlen. Besonders erschütternd ist die Lage für Frauen, die aus einem ganz banalen Grund hineingeraten sind: Weil sie sich die Empfängnisverhütung schlicht nicht leisten konnten.
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In München dürfte es einer großen Zahl von geringverdienenden Frauen jedes Jahr genau so ergehen. 18 200 Münchnerinnen zwischen 20 und 50 Jahren beziehen Hartz IV, heißt, sie bekommen 391 Euro im Monat. Nur 16,81 Euro davon sind für die „Hygieneversorgung“ vorgesehen – also auch für die monatliche Pille (die je nach Modell zwischen fünf und 20 Euro kostet) oder eine Spirale (200 bis 400 Euro für fünf Jahre).
Seit zehn Jahren übernimmt der Bund diese Kosten nur noch für Mädchen bis zum 20. Lebensjahr. Geringverdienende Frauen müssen sich das Geld selbst zusammensparen – und das klappt häufig nicht.
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Sozialreferentin Brigitte Meier (SPD) will jetzt Abhilfe schaffen und ab dem kommenden Jahr allen bedürftigen Münchnerinnen die Pille (oder andere Verhütungsmittel) zahlen. 1,6 Millionen Euro wird das kosten, kalkuliert sie.
Die Betroffenen könnten dann einfach im zuständigen Sozialbürgerhaus vorsprechen und dort die Verhütungskosten erstattet bekommen. Bisher gibt es diese Möglichkeit nur für etwa 300 Frauen – über einen Sondertopf in Höhe von 43 000 Euro, den die Stadt der Beratungsstelle „pro familia“ für kostenlose Verhütungsmittel zur Verfügung gestellt hat.
Kommenden Donnerstag soll der Sozialausschuss im Stadtrat den Plan der Sozialreferentin absegnen. Bei der letzten Erhöhung des „Sondertopfs“ von 10 000 auf 43 000 Euro im Januar hatten noch alle Parteien zugestimmt. Auch diesmal sieht’s gut aus: „Wir CSU-Frauen sind auf jeden Fall für die Pille für alle Hartz-IV-Empfängerinnen, das ist hundert Mal besser als jede Abtreibung“, sagt CSU-Stadträtin Ulrike Grimm, „auch die Männer werden nicht dagegen sein“. Skeptisch sieht den 1,6 Millionen- Euro-Posten allerdings Kämmerer Ernst Wolowicz: „Damit würden wir indirekt den Hartz-IV-Regelsatz erhöhen“, so Wolowicz zur AZ, „und einen Präzedenzfall schaffen, der weitere Wünsche wecken könnte.“
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