Kein Geld für die "Pille": Verstört, verletzt, unglücklich
Warum Münchner Frauen sich die Pille nicht leisten können – eine Ärztin erzählt vom ihren Erfahrungen mit Frauen, die eine ungewollte Schwangerschaft abbrechen mussten.
Kein Geld da für die Pille: 450 Münchnerinnen haben heuer bei der Schwangerenberatung von „pro familia“ in München um finanzielle Hilfe gebeten, um sich die Pille, die Spirale oder andere Verhütungsmittel kaufen zu können. Viele davon hatten bereits eine ungewollte Schwangerschaft abgebrochen. Die AZ sprach mit der Gynäkologin und Beratungsärztin Helga Schwarz.
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AZ: Frau Schwarz, Frauen, die schwanger werden, weil sie die Pille nicht bezahlen können – wie oft erleben Sie das?
HELGA SCHWARZ: Im Schnitt drei bis vier Mal die Woche. Noch häufiger kommen Frauen, die sich eine Langzeitverhütung wie die Spirale wünschen, um ganz sicher zu gehen. Vor allem, wenn sie schon mehrere Kinder haben – oder eine Abtreibung hinter sich.
Wie erleben Sie Frauen nach einer Abtreibung?
Hochunglücklich, verstört und verletzt, weil sie sich schuldig fühlen.
Was berichten sie?
Kürzlich war eine sehr verzweifelte Frau hier, sie ist 37, hat drei kleine Kinder, ihr Mann hat den Job verloren. Sie hatte sich einen Monat lang die Pille nicht kaufen können, weil die Kinder Sachen für Schule brauchten und der Kindergartenausflug ihres Kleinsten auch extra Geld gekostet hat – und war ungewollt schwanger geworden. So ähnlich sind viele Fälle. Wenn die Waschmaschine kaputt ist, die Kinderschuhe nicht mehr passen oder Weihnachtsgeschenke gekauft werden müssen, reicht das Geld nicht mehr für Verhütung.
Aktuell bekommt „pro familia“ von der Stadt 43 000 Euro für Verhütungsmittel. Das reicht für 300 Frauen. Mussten Sie je Frauen abweisen?
Nein. Das Problem ist nur: Die wenigsten bedürftigen Münchnerinnen wissen, dass es bei uns die Pille kostenlos gibt. Die Finanzierung ist aber für fast alle ein großes Problem.
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