Übernahme SPD-Vorsitz: Natascha Kohnen stellt sich Urwahl
München - Natascha Kohnen ist zur Übernahme des Parteivorsitzes bereit. Ihr wäre es aber am liebsten, wenn alle Mitglieder der Partei darüber in einer Urwahl abstimmen würden, sagte sie am Samstag am Rande einer Klausur des SPD-Landesvorstands in München. Nach der Satzung kann eine solche Urwahl jedoch nur stattfinden, wenn mindestens zwei Kandidaten zur Verfügung stehen.
Weitere Interessenten am Führungsposten der bayerischen Sozialdemokraten sind daher aufgerufen, sich bis zum 28. Februar zu melden. Falls sich niemand traut, könnte es auf dem Landesparteitag im Mai trotzdem noch eine Gegenkandidatur zu Kohnen geben, erläuterte der scheidende Landesvorsitzende Florian Pronold. Der Parteitag ist an das Mitgliedervotum formal nicht gebunden. In diesem Fall müsste der weitere Wettbewerber dann aber schon erklären, warum er sich keiner Urwahl gestellt hat, sondern „wie Kai aus der Kiste hüpft“, so Pronold.
Genossen kritisierten Pronolds Vorgehen
Der seit acht Jahren amtierende Landesvorsitzende hatte am vergangenen Freitag überraschend den Verzicht auf eine weitere Kandidatur für dieses Amt erklärt, auch um – wie er sagte – das „Heckenschützentum“ in der Partei zu beenden (AZ berichtete). Gleichzeitig hatte er seine Generalsekretärin Natascha Kohnen als Nachfolgerin vorgeschlagen und auch als „hervorragende Spitzenkandidatin“ für die Landtagswahl 2018 empfohlen.
Das nahmen ihm manche Genossen übel. In der Vorstandsklausur habe sich aber herauskristallisiert, dass ein Vorsitzender durchaus einen „Vorschlag“ für seine Nachfolge machen dürfe, sagte Pronold mit einem leicht ironischen Unterton. Das Verfahren zur Findung eines Nachfolgers möglichst mittels Urwahl sei dann im Vorstand einstimmig gebilligt worden.
Sollte Pronold auch eine Vorfestlegung für die Spitzenkandidatur zur Landtagswahl 2018 angestrebt haben, so konnte er sich nicht durchsetzen. Sie sei sich mit dem Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion Markus Rinderspacher darin einig, diese Frage erst nach der Bundestagswahl im Herbst dieses Jahres zu entscheiden, sagte Kohnen. Der oberpfälzische SPD-Chef Franz Schindler empfand es als unglücklich, dass Pronold sich aus dem Landesvorsitz zurückzieht, obwohl er bereits als Spitzenkandidat für die Bundestagswahl nominiert ist.
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Der Wechsel von Pronold zu ihr könne durchaus ein „Neuanfang“ sein, sagte Natascha Kohnen. Verschiedene prominente SPD-Mitglieder wie der ehemalige Münchener Oberbürgermeister Christian Ude hatten dies angezweifelt. „Ein neuer Vorsitzender bringt immer einen eigenen Stil, eigene Themen und eigene Kommunikation mit“, sagte Kohnen. So müsse aus ihrer Sicht das „Abarbeiten an der (CSU-)Staatsregierung ein Ende“ haben. Die Menschen seien verunsichert, die Demokratie in einem „Schlingerkurs“, die bisherige Zuversicht der Menschen verwandele sich in Angst. Diesen Themen widme sich die Bayern-SPD bereits seit längerem „mit wissenschaftlicher Expertise“. Damit sei bereits ein „anderer Politikstil“ erkennbar geworden.
Den Wechsel an der Spitze sehen Pronold und Kohnen als bayerischen Ausläufer des „Erdbebens“, welches die Nominierung von Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten ausgelöst habe. Um die Aufbruchstimmung in Stimmen umzusetzen, müsse auch die Bayern-SPD eine Neuaufstellung vornehmen, sagte Pronold.