Spaniens Ministerpräsident Rajoy stellt zwei Ultimaten

Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy drückt in der Katalonienkrise aufs Tempo: Er hat der Regionalregierung Kataloniens am Mittwochabend Medienberichten zufolge zwei Ultimaten für die kommende Woche gestellt: Bis Montag solle Regionalregierungschef Carles Puigdemont die von Rajoy bereits gestellte Frage beantworten, ob er bei seiner Rede am Dienstagabend die Unabhängigkeit der Region erklärt habe, berichtete die Zeitung "El Mundo" unter Berufung auf Regierungskreise. Ähnliche Informationen hatte auch die Zeitung "La Vanguardia".
Bis spätestens Donnerstag kommender Woche müsse Puigdemont dann wieder die verfassungsmäßige Ordnung Spaniens respektieren, also das laufende Unabhängigkeitsverfahren faktisch abbrechen. Nur, wenn beide Ultimaten erfüllt würden, könne die Anwendung des Artikels 155 der Verfassung mit einer Entmachtung der Regionalregierung noch vermieden werden, schrieb die Zeitung weiter. Es galt als unwahrscheinlich, dass Puigdemont sich diesen Forderungen beugen würde.
Puigdemont hatte am Dienstag die Ausrufung der Unabhängigkeit von Spanien angekündigt. Als Grundlage nannte er das umstrittene und vom Verfassungsgericht für illegal erklärte Referendum vom 1. Oktober. Dabei hatten mehr als 90 Prozent der Teilnehmer für die Trennung gestimmt – bei einer Wahlbeteiligung von nur 43 Prozent. Puigdemont legte den Abspaltungsprozess aber "für einige Wochen" auf Eis, um einen Dialog mit der Zentralregierung zu ermöglichen. Die Regierung Rajoy hatte wiederholt ihre Gesprächsbereitschaft betont, aber nur innerhalb der Gesetze. Und die sehen keine Abspaltung vor.
Chance, "zur Legalität zurückzukehren"
Rajoy forderte den katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont auf, er solle genau erklären, ob er mit seinen missverständlichen Aussagen am Dienstagabend vor dem Regionalparlament die einseitige Unabhängigkeit ausgerufen habe oder nicht. "Von der Antwort des Chefs der Regionalregierung wird abhängen, welche Entscheidungen die Regierung (in Madrid, d. Red.) in den nächsten Tagen treffen wird", warnte Rajoy. Er wolle den Bürgern des Landes "Klarheit und Sicherheit" verschaffen. Puigdemont habe die Chance "zur Legalität zurückzukehren" und habe jetzt "die Zukunft Kataloniens" in den Händen, sagte der konservative Regierungschef. Am Nachmittag bezog Rajoy Stellung vor der Abgeordnetenkammer. Er betonte, Spanien erlebe gerade "einen der schwersten Momente seiner jüngeren Geschichte". Die derzeitige Situation sei "beispiellos", das Verhalten der Regionalregierung "sehr gefährlich".
Die von der Justiz verbotene Volksbefragung nannte Rajoy "eine Farce". Das "illegale Referendum" könne "keine Grundlage für irgendwelche politischen Entscheidungen sein, und schon gar nicht für die Ausrufung der Unabhängigkeit". Es seien weder Transparenz noch Neutralität gewährleistet gewesen.
Welche Maßnahmen durch den Artikel 155 konkret ergriffen werden können, ist allerdings ebenso wenig festgelegt wie ein genauer Zeitrahmen. Madrid könnte aber den katalanischen Behörden "Anweisungen" erteilen. Theoretisch wäre auch ein militärisches Eingreifen möglich, aber Beobachter halten dies bisher für unwahrscheinlich. Auch eine Festnahme Puidgemonts und anderer Separatisten ist denkbar. Der Artikel 155 ist in Spanien bisher noch nie angewendet worden. Puigdemont erklärte in einem Interview mit dem amerikanischen Nachrichtensender CNN, seine Festnahme wäre "ungerechtfertigt und ein Fehler".