Sonneborn geht für "Die Partei" nach Brüssel - und will zurücktreten
Die Spaßpartei "Die Partei" hat bei der EU-Wahl einen Sitz ergattert. Chef Martin Sonneborn will die EU jetzt "melken wie ein kleiner südeuropäischer Staat".
Berlin - Satiriker Martin Sonneborn und seine Kollegen hatten schon vor der EU-Wahl Selbstzweifel: "Die Partei-Spitze fragt sich gerade, ob wir irgendetwas falsch gemacht haben, dass uns die Medien von der Wirtschaftswoche über die Huffington Post bis zum Neuen Deutschland plötzlich als wählbar bezeichnen", schrieb die Spaßpartei am Freitag auf ihrer Webseite. Und schon ist es passiert: Sonneborn darf nach Brüssel, denn "Die Partei" hat bei den Wahlen am Sonntag einen Sitz im EU-Parlament bekommen. 0,6 Prozent der Stimmen reichen, weil das Bundesverfassungsgericht vor der Wahl die Sperrklausel gekippt hatte.
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Und Sonneborn wäre nicht Sonneborn, wenn er nicht schon einen abstrusen Plan im Gepäck hätte. Ja, er wolle nach Brüssel gehen, so der aus der Heute-Show bekannte Satiriker. Was er dann im Parlament machen will? "Ich werde mich vier Wochen lang intensiv auf meinen Rücktritt vorbereiten", so Sonneborn."Wir werden versuchen, monatlich zurückzutreten, um 60 Parteimitglieder durchzuschleusen durch das EU-Parlament. Das heißt, dass jedes dieser Mitglieder einmal für 33.000 Euro im Monat sich Brüssel anschauen kann und dann zurücktritt und noch sechs Monate lang Übergangsgelder bezieht. Wir melken also die EU wie ein kleiner südeuropäischer Staat."
Ein irrer Plan? Nein, meint Sonneborn. "Ich glaube nicht, das wir die Verrücktesten sind im Europaparlament". 184.525 Deutsche haben bei der EU-Wahl der Partei ihrer Stimme gegeben. Angetreten war diese mit dem Wunsch nach Einführung einer Faulenquote. Zudem will sie eine Million Euro Existenzminimum pro Person durchsetzen. Weitere Forderungen: „Nein zum EU-Norm-Penis“ und „Schwarzfahren muss bezahlbar bleiben“. Dass es mit dem Einzug ins EU-Parlament geklappt hat, kann die Partei offenbar selbst kaum glauben: "Nach einer sehr spannenden und sehr langen Wahlnacht scheint es, als wären die letzten Ergebnisse des Abends nicht unserer Phantasie entsprungen sondern korrekt, unbestreitbar und sehr gut! Wir legen uns wieder schlafen und schauen dann nochmal nach", war am Montag auf der Webseite zu lesen.
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Die Partei gibt es schon seit 2004. Sonneborn, Ex-Chef des Satiremagazins "Titanic", gründete sie gemeinsam mit weiteren Redakteuren. „Die Partei“ begann sofort, an Wahlen auf praktisch allen Ebenen teilzunehmen. Berüchtigt sind ihre ironischen Wahlwerbe-Spots: 2013 war es ein verpixelter TV-Softporno, zur Europawahl 2014 verweigerten WDR und SWR die Ausstrahlung eines Radio-Spots.
Das Wahlprogramm für die Europawahl unterschied sich nur wenig von dem der Bundestagswahl 2013. Zentraler Punkt damals: Der Wiederaufbau der Berliner Mauer. Die Gruppierung betreibt im Wesentlichen politische Parodie sowie die Simulation echter Politik und ihrer Wahlkämpfe.
Analysen bescheinigen der „Partei“ eine gelungene Systemkritik: Es gelinge ihr, die Austauschbarkeit politischer Positionen und einen oft inhaltsleeren, in Phrasen erstarrten politischen Prozess durch gelungene Null-Aussagen zu karikieren und vorzuführen. Für seine Politsendung "Sonneborn rettet die Welt" bekam Martin Sonneborn 2014 den Grimme-Preis.