Söder hat sein neues Kabinett aufgestellt: Das denken die Politiker zur alten und neuen Besetzung der Ministerposten

Markus Söder stellt sein Kabinett vor. Wer welche Aufgaben übernimmt, wer gehen muss und warum der geringe Frauen-Anteil so manchem bitter aufstößt.
Heidi Geyer |
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Die neue Mannschaft von Ministerpräsident Markus Söder (CSU; kleines Bild links): Darunter sind nur vier Frauen.
Die neue Mannschaft von Ministerpräsident Markus Söder (CSU; kleines Bild links): Darunter sind nur vier Frauen. © Fotos: dpa

München — Im Fußball gibt es den Spruch: "Never change a winning team" – ein Team, das gewinnt, sollte man nicht anders besetzen. Es ist bekannt, dass Markus Söder Fußball-Fan ist. Erst am Wochenende hat er sich ins Nürnberger Stadion begeben.

Nun gilt zwar der 1. FC Nürnberg nicht unbedingt als Gewinner-Team, aber dennoch orientiert sich der neu gewählte Ministerpräsident am Sport. Denn Söder belässt sein Team weitgehend so, wie es war. Ausgerechnet jener Mann, dessen Wesen von einer gewissen Unruhe geprägt ist, und der schon in der Vergangenheit mit einer enormen Kaltschnäuzigkeit auch enge Vertraute schwupps aus dem Kabinett kickte.

Aiwanger bleibt Wirtschaftsminister, Anna Stolz ersetzt Piazolo

Schon vorab standen die Minister der Freien Wähler fest, bereits mit Abschluss der Koalitionsverhandlungen waren diese bekannt gegeben worden: Hubert Aiwanger bleibt Wirtschaftsminister, übernimmt aber zusätzlich das Thema Jagd. Michael Piazolo wird als Bildungsminister ersetzt durch seine vorherige Staatssekretärin Anna Stolz.

Der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium musste dafür seinen Posten räumen, obwohl Roland Weigert ein Direktmandat erreicht hatte. Ihm folgt Tobias Gotthardt.

Fabian Mehring, dessen Ambitionen sehr präsent waren und sind, ist Nachfolger von Judith Gerlach im Digitalministerium. Gleich nach der Beurkundung gehe es für ihn nach Berlin zur Digitalministerkonferenz der Länder, wie er der AZ sagte.

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Diese Minister haben ihren Posten behalten

Als gesetzt galten ohnehin schon viele Kandidaten der CSU: Florian Herrmann bleibt Leiter der Staatskanzlei, sein Namensvetter Joachim Herrmann bleibt Innenminister und Albert Füracker wird weiterhin das Finanzministerium führen.

Klar war, dass Michaela Kaniber das Landwirtschaftsministerium wieder bekommen soll – nun erweitert um die Themen Gastronomie und Tourismus. Letzteres wird erstmals im Titel des Ministeriums stehen. Zwar hätten die Freien Wähler sich gerne um das Ressort ihrer Kernwählerschicht gekümmert, doch die CSU will diese Klientel bedienen.

Auch Ulrike Scharf darf als Sozialministerin weitermachen, ebenso Christian Bernreiter mit dem Verkehrsministerium, in dem auch das Thema Bau angesiedelt ist.

Die beiden Münchner Markus Blume (Kultur) sowie Georg Eisenreich (Justiz) dürfen beide bleiben, obwohl die Landeshauptstadt damit sehr gut, manche sagen zu gut, repräsentiert ist.

Judith Gerlach ist die neue Gesundheitsministerin

Dass Judith Gerlach zwar nicht mehr Digitalministerin werden wird, dafür eine Jobgarantie im Kabinett bekommen hat, machte Söder früh klar. Nun wird die Juristin aus Unterfranken Gesundheitsministerin. Ihr Ministerium wird künftig auch das Thema Prävention im Namen haben. Gerlach gilt als fleißig, hat sich auch aus Sicht der Opposition wacker als Digitalministerin geschlagen – was angesichts des engen Zuschnitts eine wirklich undankbare Aufgabe war und ist. Dass Digitalisierung in der Medizin sicherlich auch in Bayern eine Schlüsselkompetenz sein wird, kommt ihr zugute. Beweisen wird sich Gerlach müssen, indem sie Karl Lauterbach (SPD) im Gesundheitsministerium künftig stärker contra geben muss. Söder traut es ihr offenbar zu. Auch sonst hört man keinen Aufschrei aus der CSU-Fraktion.

Wie schwierig dieses Amt sein kann, hat die Oberfränkin und Ärztin Melanie Huml erlebt. In der Pandemie war Söder der Meinung, dass sie ihrer Rolle nicht gerecht werde, und ersetzte sie mit Klaus Holetschek.

Huml wurde zwar Europaministerin, allerdings schien dies eher eine Personalie zu sein, um ihr einen völligen Gesichtsverlust zu ersparen.

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Sie habe "Überragendes geleistet": Söder verabschiedet Melanie Huml nach 16 Jahren

Doch nach 16 Jahren, die Huml mit verschiedenen Kabinettsposten verbracht hat, ist ihre Zeit definitiv vorbei. Stattdessen wird sie durch Eric Beißwenger ersetzt. Überraschend ist das nicht, denn ein Schwabe im Kabinett fehlte, weil Klaus Holetschek zum Fraktionsvorsitzenden berufen wurde.

Beißwenger ist für den Stimmkreis Lindau-Sonthofen direkt in den Landtag eingezogen. Der Biobauer ist nicht nur gelernter Landwirt, sondern auch Bankkaufmann. Bislang war er stellvertretender Vorsitzender im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz.

Huml trug es mit Fassung, dass sie abgesetzt wurde. Söder würdigte sie im Plenum mit den Worten: "Mein ganz besonderes Dankeschön nach 16 Dienstjahren an Melanie Huml, die Überragendes geleistet hat." Worin dies besteht, sagte Söder nicht. Huml hat zwar in der CSU keinen schlechten Ruf, gilt nun aber auch nicht als großes Talent in der Außendarstellung, um es freundlich zu sagen.

Unterstützung soll künftig Albert Füracker durch einen Oberfranken bekommen. Martin Schöffel, der seit 2008 im Landtag sitzt, war bislang aber eher unauffällig. Er ist der neue Oberfranke im Kabinett und soll den für die CSU so wichtigen ländlichen Raum im Finanz- und Heimatministerium vertreten.

"Armutszeugnis" oder "Wünsch dir was" – so äußern sich die Politiker zu Söders Kabinett

Söder spricht im Landtag von einem Zeichen von "Vertrauen, Stabilität, Kontinuität aber zugleich auch Erneuerung".

Neu heißt in diesem Fall: männlich. Durch den Weggang Humls ist der Anteil an Frauen im Kabinett wieder nach unten gegangen. Auch die Landtagsfraktion der CSU macht in Bezug darauf keine bella figura. Zwar wird Scharf neben Aiwanger Söders Stellvertreterin. Dennoch: Nur vier der 18 Kabinettsmitglieder sind Frauen.

Ein Punkt, den Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze sogleich kritisiert: "Das ist ein Armutszeugnis für alle Frauen in diesem Land!" Söder weiß vermutlich, dass er hier angreifbar ist, tippt aber dennoch demonstrativ auf seinem Handy, während Schulze spricht.

Für Schulze ebenso ein Tabu: "Ministerien werden nur noch nach den persönlichen Vorlieben verteilt!" In der Tat hat Söder Aiwangers Ambitionen auf das Landwirtschaftsministerium mit einer Art Kuhhandel abmoderiert. So kriegt Aiwanger das Thema Jagd, bei dem man sich nun wirklich fragen kann, wo der Zusammenhang zu Wirtschaft besteht.

Florian von Brunn, Fraktionschef der SPD, hätte auch begrüßt, dass die Ressortaufteilung nicht nach dem Prinzip "Wünsch dir was" und als Folkore-Museum für Aiwanger geschehen wäre. Söder hatte die Umstrukturierung unter anderem als "bewussten Beitrag" für die Erneuerbaren Energien verkauft, denn die Staatsforsten wandern ebenfalls zu Aiwanger.

Brunn mahnte außerdem: "Das Verkehrsministerium darf keine Baustelle bleiben wie die Zweite Stammstrecke!" Der AZ sagte der SPD-Chef, er begrüße es, dass Ulrike Scharf wiederberufen worden sei, aber kritisierte ebenfalls den geringen Frauenanteil. "Die schwierige Aufgabe wird jetzt sein, einen Aufbruch in wichtigen Fragen wie Transformation, Klimaneutralität und Fachkräftemangel mit dem gleichen Personal zu machen – das wird schwierig."

Klaus Holetschek spricht als CSU-Fraktionsvorsitzender hingegen von einem Kabinett mit Frauen und Männern, die "voll im Leben stehen". Söder gibt den neuen Kabinettsmitgliedern jedoch schon mal einen Vorgeschmack, wie der Alltag in einem Ministeramt unter ihm so aussieht: Er gratuliere auch deren Familien, deren Ehepartner jetzt aber weniger Zeit hätten. Die ersten SMS schickt der Ministerpräsident bekanntlich bereits im Morgengrauen.

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  • Der Münchner am 09.11.2023 11:04 Uhr / Bewertung:

    Also wenn ich die Damen des Bayrischen Kabinett`s rein optisch, vom Geiste will ich gar nicht reden, mit der grünen Lang vergleiche ...............

  • AufmerksamerBürger am 08.11.2023 23:29 Uhr / Bewertung:

    Wie hat sich die AfD als größte Oppositionspartei geäußert, die Abendzeitung berichtet immer nur von den Grünen und den fast schon zur Bedeutungslosigkeit abgestürzten SPDlern.

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