Söder: Das Beste ist es, keine Terroristen ins Land zu lassen

Bayerns Finanzminister Markus Söder spricht mit der AZ über die jüngsten Bluttaten im Freistaat, seine Kritik an der Kanzlerin und die Nachfolge von Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer.
Interview: Gerald Schneider |
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Weicht den Fragen über seine Zukunft weiterhin aus: Finanzminister Markus Söder.
dpa Weicht den Fragen über seine Zukunft weiterhin aus: Finanzminister Markus Söder.

München - Im Interview mit der AZ spricht der bayerische Finanzminister Markus Söder unter anderem über Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Flüchtlingspolitik sowie den aktuellen CSU-Chef Horst Seehofer.

Merkels Flüchtlingspolitik

Herr Söder, Sie haben Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel wegen ihrem erneuten "Wir schaffen das" nach den Terroranschlägen und dem Amoklauf in Bayern "Blauäugigkeit" vorgeworfen. Was hätten Sie sich denn von ihr erwartet?
Markus Söder: Statt dem Satz "Wir schaffen das", hätte ich mir ein "Wir haben verstanden" gewünscht. Die Bürger sind tief verunsichert darüber, was die Folgen der Zuwanderung noch für unser Land bedeuten könnten. Diese Sorgen sollte man ernst nehmen und endlich eine Wende in der Flüchtlingspolitik vollziehen. Wir haben viele Menschen im Land, von denen wir nicht wissen, wo sie sind und wer sie sind. Das ist ein dauerhaftes Sicherheitsrisiko. Das muss man endlich angehen.

Der Burgfriede zwischen CDU und CSU ist offenbar wieder aufgekündigt. Wie gefährlich ist es, im Jahr vor der Wahl ständig Zwietracht zwischen den Schwestern zu streuen?
Es geht hier doch nicht um eine parteipolitische Frage, sondern um die Sicherheit unseres Landes. All die Debatten, ob sich Parteien besser oder schlechter verstehen, stehen dann hinten an, wenn es eine reelle Gefährdung gibt. Wir haben nach wie vor keine wirksamen Grenzkontrollen und keine klare Datenlage.

Die Tatsache, dass in einem Asylbewerberheim unerkannt eine Bombe gebaut werden konnte, ist doch Alarmstufe Nummer eins. Klar ist: Der beste Schutz vor Terrorismus ist, keine Terroristen ins Land zu lassen. Klar ist auch: Wir müssen die Zuwanderung begrenzen und endlich auch zurückführen.

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Was bedeutet das?
Das bedeutet, dass wir konsequenter abschieben müssen – ohne monatelange Ankündigungen, sondern umgehend nach Ablehnung des Asylantrages. Außerdem gilt: wer Straftaten in Deutschland verübt, soll kein Bleiberecht mehr erhalten. In Ländern wie Afghanistan gibt es Regionen, in denen nicht gekämpft wird. Hier kann man Flüchtlinge wieder zurückschicken, um die Region wieder aufzubauen. Hinzu kommt: Wenn Bürgerkriege beendet sein werden, gibt es keinen Anlass mehr, dass die Menschen von dort dauerhaft hierbleiben.

Das klingt alles sehr einfach. Der Ansbach-Attentäter sollte in das EU-Mitgliedsland Bulgarien abgeschoben werden und nicht einmal das hat funktioniert. Wie wollen Sie angesichts dieser vielen Hürden die Abschiebepraxis ändern?
In Deutschland läuft das alles nicht konsequent genug. Zudem scheint ja die Prüfung bereits im BAMF fehlerhaft gewesen zu sein. Vor allem bei Identitätsfeststellung scheint es gravierende Schwächen zu geben. Dies gilt es abzustellen. Man braucht ein nächstes Asylpaket, um all die praktischen Rechtshindernisse bei Abschiebungen zu überwinden.

Finanzen und Steuern

Es hakt auch bei der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzen. Im neuen bayerischen Doppelhaushalt sind allein 12,4 Milliarden Euro für den Länderfinanzausgleich vorgesehen. Wie wollen Sie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble dazu bewegen, einer Entlastung des Freistaats zuzustimmen?
Die Bund-Länder-Finanzen müssen 2019 so oder so neu geregelt werden. Es kommt nur auf das wie an. Aus bayerischer Sicht braucht es mehr Gerechtigkeit beim Länderfinanzausgleich. Der Freistaat Bayern jagt von einer Rekordzahlung zur anderen. Damit wird den bayerischen Steuerzahlern Stück für Stück ihre Leistung entzogen. Der Mechanismus des Länderfinanzausgleichs ist unfair. Es fehlen die Anreize zum guten Wirtschaften. Ich denke, auch der Bund hat Interesse daran, das neu zu regeln.

Gerade Bayern und seine Kommunen verlangen vom Bund mehr Geld für die Flüchtlingsbetreuung.
Die Flüchtlingsfrage stellt eine der größten finanziellen Belastungen dar, die wir je hatten. Die Flüchtlingspolitik von Berlin ist die absolute finanzielle Hypothek für Länder und Gemeinden. Bayern hat für vier Jahre insgesamt mehr als neun Milliarden Euro dafür aufzuwenden. Das sind mehr als drei komplette neue Universitäten oder pro Jahr 1,4 Millionen Studienplätze. Gemeinden leisten Ähnliches.

Dabei hilft der Freistaat auch. Horst Seehofer hat in Berlin erreicht, dass die Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Beziehern komplett vom Bund übernommen werden. Zudem zahlt der Bund jetzt einen höheren Anteil der Integrationskosten. Der Bund übernimmt nun ein Drittel, obwohl er für den Zugang der Flüchtlinge nach Deutschland zu 100 Prozent die Verantwortung trägt.

Lesen Sie hier: Bayerns Finanzminister - Söders Steuerspielchen

Ihr Vorschlag zu einer Steuerreform sieht Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen sowie den Abbau des Solidaritätszuschlags vor. Wie wollen Sie sich damit im Bund durchsetzen?
Zunächst mal zur Einkommensteuer: Wir haben Rekordsteuereinnahmen und Rekordniedrigzinsen. Der Bund entschuldet sich dadurch zulasten der Sparer. Das ist unfair. Deswegen muss Geld an die Menschen zurückfließen. Es geht nicht um Steuergeschenke à la FDP, sondern eine substanzielle Rückgabe dessen, was der Staat über Zinsen unverdientermaßen einnimmt.

Insgesamt geht es um eine Entlastung von mindestens 10 Milliarden Euro für kleine und mittlere Einkommen. Das sind jährliche Entlastungen für Arbeitnehmer zwischen 200 und 300 Euro. Zum Soli: Wann, wenn nicht jetzt abschaffen? Wir haben lange genug bezahlt. Wenn man den schrittweise pro Jahr um 0,5 Prozent senkt, ist das auch verträglich. Das entlastet alle Einkommensgruppen.

Wie kommen ihre Vorschläge bei Herrn Schäuble an?
Sehr gut. Schäuble selbst hat den Entlastungsspielraum auf zehn bis zwölf Milliarden Euro beziffert. Die vorgeschlagenen Volumina entsprechen also dem, was der Bundesfinanzminister selbst vorschlägt.

Bereiten Sie mit ihren Vorstößen auf der bundespolitischen Ebene Ihren Wechsel nach Berlin vor?
Jeder bayerische Finanzminister macht traditionell auch Bundespolitik. Das liegt daran, dass die bayerische Staatsregierung ein wichtiger Impulsgeber für die Bundespolitik ist. Ich fahre gern mal nach Berlin zu einer Talkshow, fahre dann aber noch lieber wieder zurück nach Bayern. Mein Lebensmittelpunkt ist Bayern. Ich bin gern nahe bei meiner Familie.

Personalsituation in der CSU

Aber alles sieht danach aus, als ob Ministerpräsident Horst Seehofer nicht daran denkt, aus dem Amt zu scheiden. Stellt sich für Sie da nicht die Frage nach anderen Machtoptionen?
Wir leben in einer so unsicheren Situation. Ich halte es für völlig unangemessen, jetzt Personalfragen zu diskutieren. Der Ministerpräsident hat dazu das Notwendige gesagt, dem schließe ich mich an. Jetzt geht es um Wichtigeres.

Werden sie also "zurück ins Glied" treten und an Seehofers Seite Finanz- und Heimatpolitik machen?
Alle Personaldiskussionen finden derzeit zu Recht nicht statt.

Welche Aufgabe haben Sie eigentlich für Wirtschaftsministerin Ilse Aigner in Ihrem Schattenkabinett vorgesehen?
Ilse leistet tolle Arbeit als Wirtschaftsministerin. Zum Rest ist alles gesagt: wir führen keine Personaldiskussionen.

Lesen Sie hier: So viele Bayern wollen Seehofer weiter als Ministerpräsident

Und die übrigen Posten?
Nächste Frage.

Die CSU liegt derzeit in Umfragen bei rund 45 Prozent. Je nachdem wie viele Parteien die Fünf-Prozent-Hürde überspringen, könnte es demnach mit der absoluten Mehrheit dahin sein. Wen hätten Sie lieber neben sich am Kabinettstisch sitzen: Herrn Aiwanger, Herrn Rinderspacher oder Herrn Hartmann?
Ich glaube Bayern fährt am besten mit einem hohen Maß an Stabilität. Wir erleben doch in Berlin, wie schwer das ist mit Koalitionen. Dort droht ja nicht nur wieder Schwarz-Rot – manche befürchten ja sogar Schwarz-Rot-Grün. Kenia-Koalition nennt sich das. Ich glaube, dass das zu mehr Instabilität führen wird. Die Stärke Bayerns ist dagegen, dass die Staatsregierung aus einem Guss arbeiten kann und sich nicht im Parteitaktischen klein-klein verheddert.

Was passiert vorher: Der Club spielt in der ersten Liga oder Söder wird Ministerpräsident?
Diese Frage scheint Sie sehr zu bewegen. Ich wünsche mir jedenfalls, dass der Club bald in der ersten Liga spielt.

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