Schottland-Wahl: Unabhängigkeit abgelehnt!
Edinburgh - Die schottische Unabhängigkeitsbewegung hat das Referendum über die Loslösung von Großbritannien verloren. Die stellvertretende Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon räumte die Niederlage am frühen Freitagmorgen in der BBC ein. Nach Auszählung von über der Hälfte der Stimmen lagen die Befürworter eines Verbleibs im Vereinigten Königreich bei lediglich 46 Prozent. Die Bekanntgabe des Endergebnisses wurde für die kommenden Stunden erwartet.
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Beim Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands von Großbritannien hat sich eine Mehrheit gegen die Loslösung abgezeichnet.
"Jedes Mitglied der Yes-Kampagne ist tief enttäuscht. Aber Schottland hat sich für immer verändert", sagte Sturgeon. Der Regierung in London um Premierminister David Cameron ist es damit gelungen, die Abspaltungstendenzen erfolgreich abzuwehren. Die Meinungsfragen vor der Abstimmung hatten wochenlang ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen beider Lager vorhergesagt.
Die Schottische Nationalpartei von Ministerpräsident Alex Salmond, die vehement für die Unabhängigkeit eingetreten war, konnte in ihren Hochburgen nach ersten Analysen nicht genügend Wähler mobilisieren. Große Städte wie die Metropole Glasgow oder Dundee stimmten zwar mehrheitlich für die Abspaltung von Großbritannien. Die Wahlbeteiligung war aber hier nicht hoch genug, um das Ergebnis aus anderen Regionen umkehren zu können.
Bei einer sehr hohen Wahlbeteiligung hatten sich am Donnerstag in Stoßzeiten lange Schlangen vor den Wahllokalen in den 32 Wahlbezirken Schottlands gebildet. Das Thema hatte die Bevölkerung in dem Fünf-Millionen-Einwohner-Land im Norden Englands monatelang elektrisiert.
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Ist dieses Ergebnis jetzt gut für Schottland? Die wichtigsten Argumente für und gegen eine Unabhängigkeit von Großbritannien im Überblick.
Pro Unabhängigkeit:
DEMOKRATIE: Schottland wählt Labour oder SNP, also sozialdemokratisch. In London dagegen regiert der Konservative David Cameron mit seinen Tories - auch über Schottland. Als unabhängiger Staat könnten die Schotten über ihre Regierung selbst bestimmen.
ÖL: Der allergrößte Teil der britischen Öl-Vorräte schlummert im schottischen Meeresboden. Wird das Land unabhängig, kann es über Steuereinnahmen aus den Gewinnen der Ölkonzerne selbst verfügen.
ATOMWAFFEN: Schottland lagert in der Militärbasis Faslane britische Atomwaffen, die es nicht haben will. Wäre das Land selbstständig, könnte es die Waffen in absehbarer Zeit loswerden.
NÄHER DRAN: Schottlands Probleme, Schottlands Lösungen. London ist zu weit weg, eine mit allen Kompetenzen ausgestattete Regierung in Edinburgh weiß besser, was gut für ihr Volk ist.
KLEINE LÄNDER: Andere können es auch. Gern verweist Edinburgh auf Norwegen, das wie Schottland gut fünf Millionen Einwohner hat und von seinen Erdöl-Vorkommen profitiert. Auch Finnland und Dänemark sind nicht viel größer, aber angesehene Staaten.
Kontra Unabhängigkeit:
WÄHRUNG: Die Bank of England regelt den Verkehr des britischen Pfunds. Spaltet sich Schottland ab, ist sie nach Darstellung Londons nicht mehr zuständig - und Schottland steht ohne eigene Währung und Zentralbank da.
ARBEITSPLÄTZE: Geht der britische Binnenmarkt verloren, geraten laut "Better-together"-Kampagne bis zu 600 000 Arbeitsplätze in Gefahr. Denn so viele Schotten seien bei Unternehmen beschäftigt, die entweder ihren Sitz außerhalb Schottlands haben oder deren wichtigster Absatzmarkt Rest-Britannien ist.
SICHERHEIT: Großbritannien hat ein Verteidigungsbudget von 34 Milliarden Pfund (ca. 42,6 Milliarden Euro) und schützt damit seine Bürger - auch im Norden. Das vorgesehene Budget in einem unabhängigen Schottland ist sehr viel kleiner. Das hält London für gefährlich, etwa wegen der Cyber-Kriminalität. Außerdem gingen Zehntausende Jobs bei Militär und Sicherheitsdiensten verloren.
RENTEN und SOZIALSYSTEM: Im Vereinigten Königreich verteilen sich die Kosten für soziale Leistungen auf mehrere Schultern. Schottlands Bevölkerung altert schneller als der britische Durchschnitt und profitiert bei den Renten deswegen in besonderem Maße. Laut nationalem Statistikamt hat Schottland von allen Teilen Großbritanniens die niedrigste Geburtenrate.
EU: Großbritannien ist eines der einflussreichsten EU-Länder. Dass Schottland überhaupt EU-Mitglied werden könnte, ist keine ausgemachte Sache. Außerdem fiele wohl der Briten-Rabatt weg.