Schalck-Golodkowski: Tod mit 82

Er war der Devisenbeschaffer der DDR und bewahrte den Honecker-Staat vor dem Bankrott. Jetzt ist Alexander Schalck-Golodkowski gestorben. Er wurde 82 Jahre alt.
az,dpa |
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Alexander Schalck-Golodkowski ist gestorben.
dpa Alexander Schalck-Golodkowski ist gestorben.

Er blieb vielen Menschen als derjenige in Erinnerung, der 1983 den legendären Milliardenkredit für die DDR aushandelte - in D-Mark. Die Geldspritze aus dem Westen bewahrte den Honecker-Staat vor dem Bankrott. Nun ist Alexander Schalck-Golodkowski 82-jährig gestorben.

Berlin/Rottach-Egern - Der frühere DDR-Devisenbeschaffer und SED-Wirtschaftsfunktionär Alexander Schalck-Golodkowski ist tot. Wie sein Verlag Edition Ost am Montag der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, starb der 82-Jährige nach langer schwerer Krankheit am Sonntagabend in München. Auch die Witwe bestätigte den Tod ihres Mannes. Am 3. Juli hätte Schalck-Golodkowski 83. Geburtstag gefeiert. Zuerst hatte die "Bild"-Zeitung über seinen Tod berichtet.

Der gebürtige Berliner hatte 1983 mit dem damaligen CSU-Chef Franz Josef Strauß einen Milliardenkredit für die DDR ausgehandelt. Das Geschäft in D-Mark bewahrte das sozialistische Land seinerzeit womöglich vor dem Staatsbankrott. Der gelernte Feinmechaniker und promovierte Diplom-Außenhandelswirtschaftler war im Rang eines Staatssekretärs Chef der mächtigen "Kommerziellen Koordinierung" (KoKo) in der DDR. Er beschaffte für das Regime von Staatschef Erich Honecker über Jahrzehnte Milliardensummen an Devisen. Die Bewohner der Prominentensiedlung Wandlitz, wo Honeckers Führungsriege lebte, versorgte er mit Luxusgütern.

Zudem war die finanzielle Abwicklung von Häftlings-Freikäufen eine seiner Aufgaben. Dazu unterhielt Schalck-Golodkowski, der zeitweise auch dem Zentralkomitee der SED angehörte, Kontakte zu den Leitern der Ständigen Vertretung in Ost-Berlin, Günter Gaus, Klaus Bölling und Hans Otto Bräutigam. Sie schilderten ihn als durchsetzungsstarken Unterhändler. Schalck-Golodkowski hatte auch Verbindungen zum Staatssicherheitsdienst (Stasi) der DDR.

Lesen Sie hier: Bis zu 30.000 DDR-Häftlinge jährlich in Zwangsarbeit

In der Nacht zum 3. Dezember 1989 suchte Schalck-Golodkowski in West-Berlin Schutz vor dem zerfallenden Unrechtssystem der DDR. Nach der Wende stellte er sich der bundesdeutschen Justiz und kam für einige Wochen in Untersuchungshaft. Dem Bundesnachrichtendienst gab er sein umfangreiches Wissen über das Geschäftsgebaren der KoKo preis.

Mitte der 1990er Jahre erhielt Schalck-Golodkowski wegen illegaler Waffengeschäfte und Embargovergehen Bewährungsstrafen. Doch dank seiner jahrzehntelangen guten deutsch-deutschen Kontakte und mit Hilfe alter Freunde brachte er es auch im vereinigten Deutschland rasch wieder zu einigem Wohlstand.

Schalck-Golodkowski lebte seit fast 25 Jahren zurückgezogen mit seiner zweiten Ehefrau Sigrid in Rottach-Egern am oberbayerischen Tegernsee. Interviews verweigerte er sich seit langem beharrlich. Mit der DDR hatte er nach Aussage von Freunden längst abgeschlossen. Schalck-Golodkowski unterhielt so gut wie keine Kontakte mehr zu Weggefährten aus DDR-Zeiten, auch nicht zu Honeckers 88 Jahre alter Witwe Margot, die nahe Santiago de Chile lebt.

Der groß gewachsene Mann - seine früheren Mitarbeiter nannten ihn "dicker Alex" - kämpfte seit Jahren gegen gesundheitliche Probleme. Einheimische sahen ihn bis vor kurzem dennoch gelegentlich auf einen Gehstock gestützt beim Spaziergang durch den Kurort.

Die letzte öffentliche Äußerung von Schalck-Golodkowski stammt aus einer Talkshow im Jahr 2000. Damals sagte er über seine Tätigkeit für die DDR: "Ick hab' nich beschafft, ick hab' erarbeitet." Und fügte im berlinerischen Dialekt hinzu: "Ick hab' für die DDR gekämpft, und wir haben am Ende verloren."

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