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Russland und Ukraine halten an humanitären Korridoren fest

Während die ukrainische Seite kleine positive Schritte bei der Verbesserung der Logistik für die humanitären Korridore sah, lief das Treffen aus Sicht Russlands enttäuschend. Die Russen drohten am Montag offen mit einem Gas-Lieferstopp durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1.
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Die dritte Runde der Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine wurde am Montagabend nach rund drei Stunden in Belarus beendet.
Die dritte Runde der Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine wurde am Montagabend nach rund drei Stunden in Belarus beendet. © Maxim Guchek/Belta/AP/dpa

Kiew - Russland und die Ukraine haben nach ihrer dritten Verhandlungsrunde die Absicht zur Schaffung humanitärer Korridore in den umkämpften Gebieten bekräftigt.

Es gebe kleine positive Schritte bei der Verbesserung der Logistik für die humanitären Korridore, sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak am Montag.

Flüchtlinge aus der Ukraine in einer Aufnahmestelle für Flüchtlinge in Krakau.
Flüchtlinge aus der Ukraine in einer Aufnahmestelle für Flüchtlinge in Krakau. © Lukasz Gagulski/PAP/dpa

Der russische Verhandlungsführer Wladimir Medinski sagte, dass es an diesem Dienstag einen neuen Anlauf geben solle, um die Menschen über die Korridore in Sicherheit zu bringen.

Er zeigte sich insgesamt aber enttäuscht von dem Treffen. "Die Erwartungen wurden nicht erfüllt", sagte Medinski im russischen Staatsfernsehen. Die russische Seite habe eine Reihe vorbereiteter Dokumente zu den Verhandlungen mitgebracht. Allerdings habe die ukrainische Seite nichts unterschreiben wollen, sondern die Papiere zur Prüfung mitgenommen.

Ukrainische Kriegsflüchtlinge kommen am Grenzübergang in Palanca/Moldawien an.
Ukrainische Kriegsflüchtlinge kommen am Grenzübergang in Palanca/Moldawien an. © Sergei Grits/AP/dpa

Medinski zufolge wird in Kürze eine neue Verhandlungsrunde erwartet, bei der die Vereinbarungen schriftlich festgeklopft werden könnten. "Mit Blick auf den politischen Block, wozu ein Waffenstillstand und überhaupt die Beendigung der Kampfhandlungen gehören, werden die intensiven Beratungen fortgesetzt", sagte der Ukrainer Podoljak.

Es gebe aber keine Ergebnisse für eine spürbare Verbesserung der Lage. "Dennoch werden die Beratungen fortgesetzt, und wir werden ein Ergebnis erhalten." Die dritte Runde der Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hatte in Belarus rund drei Stunden gedauert.

Die belarussische Staatsagentur Belta hatte im Nachrichtenkanal Telegram ein Bild der Delegationen an einem Tisch veröffentlicht. Beide Seiten hatten sich zwar bereits bei ihrem zweiten Treffen am vergangenen Donnerstag auf Fluchtkorridore verständigt.

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Am Wochenende waren aber gleich zwei Anläufe für Evakuierungen von Bewohnern der von Russland belagerten Hafenstadt Mariupol im Südosten der Ukraine gescheitert. Beide Seiten warfen sich vor, gegen eine vereinbarte Feuerpause verstoßen zu haben.

Auch am Montag kam eine geplante Rettung von Zivilisten aus umkämpften Städten nicht voran. Als Bedingung für eine Einstellung der Gefechte fordert Russland, die Ukraine müsse sich in ihrer Verfassung für neutral erklären. Zudem müsse Kiew die annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim als russisch sowie die Separatistengebiete als unabhängig anerkennen. 

Russland droht mit Gas-Lieferstopp durch Nord Stream 1

Unterdessen drohte Russland erstmals nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine offen mit einem Gas-Lieferstopp durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1.

"Wir haben das volle Recht, eine 'spiegelgerechte' Entscheidung zu treffen und ein Embargo zu erlassen auf die Durchleitung des Gases durch die Pipeline Nord Stream 1, die heute maximal mit 100 Prozent ausgelastet ist", sagte der russische Vize-Regierungschef Alexander Nowak in einer am Montagabend ausgestrahlten Rede im Staatsfernsehen.

Er äußerte sich mit Blick auf die gestoppte Leitung Nord Stream 2, deren Inbetriebnahme Russland anstrebt. "Aber noch treffen wir diese Entscheidung nicht. Niemand gewinnt dabei", sagte Nowak. Allerdings sehe sich Russland inzwischen durch die europäischen Politiker und ihre Anschuldigungen in diese Richtung gestoßen. Die Bundesregierung hatte die umstrittene Pipeline gestoppt, nachdem Russland am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert war.

Ein ukrainischer Polizist hilft einer älteren Frau bei der Flucht aus Irpin am Stadtrand von Kiew.
Ein ukrainischer Polizist hilft einer älteren Frau bei der Flucht aus Irpin am Stadtrand von Kiew. © Emilio Morenatti/AP/dpa

Russland verfolge die Äußerungen westlicher Politiker, die sich von russischem Gas und Öl lösen wollten, meinte Nowak. Die EU-Politiker würden durch ihre Handlungen die Energiepreise inzwischen überhitzen.

Russland gilt als größter Öllieferant in Europa – mit 30 Prozent des jährlichen Verbrauchs von 500 Millionen Tonnen. "Es ist völlig offensichtlich, dass der Verzicht auf russisches Öl zu katastrophalen Folgen auf dem Weltmarkt führt", betonte Nowak.

Er sagte Preise von rund 300 US-Dollar je Barrel Öl voraus. "Die europäischen Politiker sollten ihre Bürger und Verbraucher ehrlich davor warnen, dass die Preise dann fürs Tanken, für Strom und für das Heizen in die Höhe schießen."

Die Rohstoffmacht sei vorbereitet und werde andere Absatzmärkte als Europa und die USA finden, sagte Nowak. "Europa verbraucht heute 500 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr, 40 Prozent davon sichert Russland", erklärte der Politiker.

Allein über Nord Stream 1 liefen 60 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr. Über alle Krisen hinweg habe das Land stets zuverlässig geliefert und leite zudem weiter Gas durch die Ukraine und über andere Wege nach Europa. In seiner Rede warnte Nowak, die Nationalisten könnten bei den Kämpfen in der Ukraine einen Anschlag auf das Durchleitungssystem verüben. Russland werde alles tun, um eine Eskalation zu verhindern. 

Steigender Ölpreis treibt Inflationssorgen an

Der mögliche Import-Stopp für russisches Öl hat die Ölpreise zum Wochenauftakt auf den höchsten Stand seit 2008 getrieben. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kletterte bis auf fast 140 US-Dollar. Zuletzt waren es noch gut 127 Dollar, ein Plus von rund 9,5 Dollar.

Der Preis für europäisches Erdgas sprang ebenfalls hoch. "Nach oben schnellende Preise für Energie, Lebensmittel und Rohstoffe treiben die Inflation in Europa und darüber hinaus auf den höchsten Stand in 40 Jahren", erklärt Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Privatbank Berenberg.

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Schulze warnt vor humanitärer Katastrophe in Ukraine

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze stellte der Ukraine weitere humanitäre Hilfen in Aussicht gestellt. Erste Soforthilfen seien dort bereits angekommen, weitere würden folgen, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Selenskyj fordert Verzicht auf Öl und Gas aus Russland

Das Ministerium konzentriere sich dabei auf die Unterbringung und Betreuung der Binnenflüchtlinge. "Es droht eine humanitäre Katastrophe", warnte die Ministerin. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine bringe unermessliches Leid.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selesnkyj forderte weitere und schärfere Sanktionen gegen Russland. Nötig sei ein Boykott russischer Exporte und damit auch der Verzicht auf Erdöl und Erdgas aus Russland, sagte Selenskyj in einem Video.

"Man kann es Embargo nennen oder auch einfach Moral, wenn man sich weigert, den Terroristen Geld zu geben", sagte er. "Wenn sie sich nicht an die zivilisatorischen Regeln halten wollen, dann sollen sie auch keine Waren und Dienstleistungen der Zivilisation erhalten."

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2 Kommentare
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  • Bongo am 08.03.2022 08:49 Uhr / Bewertung:

    Putin wird das leider nicht lesen. Deshalb sollten Sie nach Moskau fliegen und diese Meinung dort vor dem Kreml kundtun.

  • Heinrich H. am 07.03.2022 17:02 Uhr / Bewertung:

    Internationaler Gerichtshof in Den Haag, hier könnte Putin seine Klagen zum Genozid in der Ostukraine vorbringen, aber der Feigling Putin weiß genau das er mit seinen Lügen nichts erreichen kann und bleibt einfach fern !!! Was kann man von einem Durgeknallten Feigling anderes erwarten, nur Lügen, täuschen und Betrügen und unschuldige Kinder und Frauen töten, mehr wird von Ihm in der Weltgeschichte nicht über bleiben !!!

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