Rechts-links: Tsipras führt unheilige Allianz in Athen

Diese Koalition dürfte viele Syriza-Wähler vor den Kopf stoßen. Das griechische Linksbündnis arbeitet nach der Wahl mit Rechtspopulisten zusammen. Ein klares Signal an Europa.
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Alexis Tsipras bei seiner Vereidigung in Athen. Präsident Karolos Papoulias (m. sitzend) unterschreibt die Protokolle.
dpa Alexis Tsipras bei seiner Vereidigung in Athen. Präsident Karolos Papoulias (m. sitzend) unterschreibt die Protokolle.

Athen – Dieses Bündnis ist europaweit einzigartig. Der strahlende Sieger der Parlamentswahl in Griechenland, Alexis Tsipras, geht eine Koalition mit einem historischen Erzfeind ein. Sein radikales Linksbündnis Syriza arbeitet künftig mit den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen (Anexartitoi Ellines) zusammen. Im Kampf gegen die Vorgaben der internationalen Geldgeber ignoriert er offenbar bereitwillig viele ideologische Gräben. Innen- und außenpolitisch drohen Konflikte.

Im Wahlkampf setzte Tsipras auf Kompromisslosigkeit. Koalitionen schloss er aus. Doch das Wahlergebnis ließ ihm wenige Möglichkeiten. Die beiden bislang regierenden Parteien der Konservativen und der Sozialisten hatte er wiederholt hart angegriffen. Sie seien Lakaien der internationalen Geldgeber und an der Verelendung im Lande schuld, sagte er.

Auch auf der anderen Seite des politischen Spektrums hat sich Tsipras keine Freunde gemacht. Die kommunistischen Hardliner der KKE verweigerten dem Politiker schon im Wahlkampf jede Unterstützung. Für sie ist auch er ein Repräsentant des kapitalistischen Systems.

Damit blieb Tsipras wenig übrig: Eine Annäherung an die rassistische und rechtsradikale Goldene Morgenröte war selbst für den wandlungsfähigen Politstar undenkbar. Die Parteiführung der nun drittstärksten Kraft in Griechenland hatte ihren Wahlkampf aus dem Gefängnis heraus geführt. Zahlreiche Funktionäre sitzen wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung in Untersuchungshaft.

Mit Hilfe der Rechtspopulisten wurde Tsipras nun am Montag zum Ministerpräsidenten gekürt. Dabei schien noch am Wahlabend eine Koalition mit der proeuropäischen Partei der politischen Mitte, To Potami (Der Fluss) am wahrscheinlichsten. Deren einzige Bedingung war der Verbleib des Landes in der Eurozone. "Wir und wohl auch Tausende Syriza-Wähler fragen nun, wie diese neue Koalition funktionieren soll", sagte Potami-Chef Stavros Theodorakis sichtbar enttäuscht.

"Die Menschen sollten nicht viele Erwartungen an diese Regierung haben", sagte Wirtschaftswissenschaftler Panagiotis Petrakis von der Universität Athen. Wegen der finanziellen Zwangslage des Landes, aber auch wegen der großen politischen Differenzen habe diese Koalition von Anfang an wenig Handlungsspielraum, sagte er.

Offenkundige Einigkeit herrscht im Prinzip nur in einem Punkt: Das Sparprogramm im Land soll sofort beendet, mit den internationalen Geldgebern ein Schuldenschnitt ausgehandelt werden. Griechenland hat Verbindlichkeiten von rund 320 Milliarden Euro.

Andere Themen dürften zunächst an den Rand gedrängt werden. Im Wahlkampf forderten die Unabhängigen Griechen, Migranten auszuweisen, die sich illegal im Land aufhalten. Syriza ist dagegen für Integration.

Im Streit mit der Türkei um Hoheitsrechte in der Ägäis fordern die Unabhängigen Griechen eine harte Linie. Hier könnte sich Tsipras zu Zugeständnissen gegenüber dem ungeliebten Koalitionspartner bereit zeigen, um sein größtes Wahlversprechen einlösen zu können: bessere Lebensbedingungen für die Menschen im Land.

Zu konkreten Plänen und Initiativen äußerten sich die Neu-Koalitionäre zunächst nicht. "Diese Koalition wird auf Sicht fahren", zeigte sich Wissenschaftler Petrakis überzeugt.

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