Politik auf Tiktok: So präsentieren sich die Spitzenkandidaten der Landtagswahl im Netz
München - Wahlplakate, Bürgerdialoge oder Zeitungsanzeigen - das Werben um Wählerstimmen hat viele Formen. Eine besonders gute Methode, um gerade junge Erstwählerinnen und Erstwähler für sich zu gewinnen, bieten Soziale Netzwerke. Nicht wenige Kandidaten für die Landtagswahl erscheinen dabei auch auf der umstrittenen chinesischen Plattform Tiktok. Die AZ hat reingeschaut.
CSU-Spitzenkandidat Markus Söder hat selbst keinen Account auf Tiktok - umso präsenter ist er dafür auf der offiziellen Seite der Christsozialen. Hier blickt einen fast ausschließlich das Gesicht des Ministerpräsidenten an. Der CSU folgen auf der Plattform knapp über 150 000 Menschen. Die Beiträge wurden über zwei Millionen Mal mit einem Like versehen.

Söder fast "Dauergast" auf Tiktok
Ob er Bratwürste isst, sich im Faschingskostüm als Stammesältester verkleidet oder Reden hält - hier erlebt man Markus Söder ganz nah, oder soll zumindest diesen Eindruck gewinnen. Natürlich kommen Wahlkampfthemen nicht zu kurz - von Tipps, was gegen Klimakleber getan werden kann bis hin zu Informationen über die bayerische Grenzpolizei. Regelmäßig ist der Ministerpräsident auch in Livestreams auf der Plattform zu sehen, in denen er etwa Fragen der Zuschauer beantwortet.
Die CSU erklärt auf AZ-Anfrage dazu: "Nicht nur im Wahlkampf setzen wir auf eine breite Präsenz bei allen Zielgruppen, denen wir unsere Positionen näher bringen."
Auch die Grünen mit Spitzenkandidatin Katharina Schulze sind auf Tiktok aktiv. Wenn auch nicht ganz so erfolgreich wie die Christsozialen. Dem Profil der Bayern-Grünen folgen gerade einmal knapp über tausend Menschen und mit 7.500 Likes gilt es noch einiges aufzuholen.
Dafür gibt es auf dem Account das Spitzenduo Schulze und Ludwig Hartmann auf der Kuhweide zu sehen, ebenso Demo-Ausschnitte und Tipps, wie man korrekt wählt.

Im Gegensatz zu Hartmann ist Schulze auch mit einem persönlichen Profil vertreten. "Feministin, Antifaschistin, Icecreamlover" heißt es unter anderem in der Profilbeschreibung. Hier gibt es dann auch etwas persönlichere Einblicke der Fraktionsvorsitzenden - inklusive Kettenkarussell-Fahrten.
Die Grünen priorisieren im Wahlkampf Instagram
"Über Tiktok erreichen wir eine für uns spannende, junge Zielgruppe", sagt der Grünen-Landesverband Bayern der AZ. Für den Wahlkampf werde jedoch Instagram priorisiert.
Auch vorne mit dabei auf Tiktok - zumindest was die Reichweite angeht - ist die AfD in Bayern. Neben dem offiziellen Account mit 78.000 Followern und knapp 800.000 Likes gibt es zahlreiche inoffizielle "Fan-Accounts", die Auftritte der Gesichter der Partei wiederveröffentlichen. Ähnlich sieht es auf dem offiziellen Profil auch aus.#
Die AfD setzt auf Redenausschnitte mit möglichst kontroversem Inhalt. Aussagen wie "Wohnraum frei durch konsequente Abschiebung" schallen aus den Smartphone-Lautsprechern. Persönlich ist das Spitzenduo Katrin Ebner-Steiner und Martin Böhm nicht auf der Plattform vertreten.
Während in Sachen Freie Wähler derzeit fast ausschließlich über Hubert Aiwanger gesprochen wird, sieht es auf dem Tiktok-Auftritt der Partei in Bayern anders aus. Zwar entdeckt man zwischendrin immer mal wieder den bayerischen Wirtschaftsminister mit seinen teils polarisierenden Reden, ansonsten wird aber auch versucht, Nutzer mit Inhalten zu begeistern. Felix Locke, Bundesvorsitzender der Jungen Freien Wähler, und Generalsekretärin Susann Enders geben zum Beispiel Tipps zum Ablauf einer Wahl.

Die Bayern-SPD scheint den Wahlkampf auf Tiktok aufgegeben zu haben. Während bis März noch Erklärvideos zu den Inhalten des Wahlprogramms zu sehen waren, ist es seitdem still. Das bemerken wohl auch die Nutzer der Plattform: Gerade einmal knapp 600 Follower und 2650 Likes zählt der Account.
Account steht still: SPD auf Tiktok nicht vertreten
Die SPD Bayern sagt der AZ: "Als Landespartei und für unseren Spitzenkandidaten Florian von Brunn konzentrieren wir unsere Social-Media-Arbeit auf die Plattformen Instagram, Facebook und Twitter. Auf Tiktok sind wir als Landesverband entsprechend nicht vertreten." Der Account steht also still.
Auch die FDP im Freistaat scheint sich andere Wege für den Wahlkampf gesucht zu haben - kein Account ist zu finden. Spitzenkandidat Martin Hagen selbst ist aber fleißig. Spektakulär geschnittene Kurzvideos von Reden, Talkshows oder beim Schießen auf dem Volksfest bietet sein Account. Hagen hat 644 Follower und mehr als 3.500 Likes.

Das AZ-Fazit: Auf Tiktok sieht man die Politiker von einer anderen Seite. Die Bedeutung der Plattform ist aber noch nicht bei allen Parteien in Bayern angekommen.