Österreichs Obergrenze beeinflusst Balkanroute
Berlin/Athen - Die von Österreich ausgerufene Obergrenze für Flüchtlinge zeigt Wirkung in Nachbarländern auf der wichtigen Transitroute über den Balkan. Serbien, Kroatien und Mazedonien kündigten an, nur noch Menschen mit Ziel Deutschland und Österreich passieren zu lassen.
Slowenien wollte noch heute über ähnliche Konsequenzen entscheiden. In Deutschland heizt der Kurswechsel in Wien den Streit vor allem in der Union weiter an. Die CSU will Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) doch noch zu einem Stoppsignal und einer eigenen nationalen Obergrenze zwingen.
Seehofer will weiterhin Obergrenze
CSU-Chef Horst Seehofer unterstrich, man werde keinesfalls nachgeben. "Wir werden diese Begrenzung weiterhin massiv einfordern – politisch, und möglicherweise auch rechtlich", sagte der Ministerpräsident zum Abschluss der Klausur der bayerischen Landtagsfraktion in Wildbad Kreuth.
Bayern droht seit längerem mit Verfassungsklage gegen die Bundesregierung - an der die CSU selbst beteiligt ist. Zuvor hatte sich Seehofer enttäuscht vom Besuch Merkels am Mittwochabend gezeigt, die eine Obergrenze weiterhin strikt ablehnt. "Es gab keine Spur des Entgegenkommens", sagte er in den ARD-"Tagesthemen".
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Für Flüchtlinge wird die Lage auf der Balkanroute immer schwieriger. Mazedonien öffnete seine Grenze zu Griechenland zwar nach 48 Stunden wieder für Flüchtlinge. Auf der griechischen Seite warteten aber laut Augenzeugen rund 1000 Menschen. Schutzsuchenden aus Irak, Syrien und Afghanistan werde die Weiterreise wieder erlaubt, berichtete das griechische Staatsradio unter Berufung auf die Polizei.
Sie müssten erklären, nach Österreich oder Deutschland zu wollen, berichtete das Staatsfernsehen. Migranten aus anderen Staaten wie Pakistan würden nach Athen zurückgeschickt.
Über 35.000 Flüchtlinge kamen 2016 nach Griechenland
In den ersten 20 Tagen des Jahres kamen nach UN-Angaben bereits mehr als 35.450 Flüchtlinge aus der Türkei nach Griechenland. Die griechische Küstenwache rettete 73 Menschen in der Ägäis, ein Kind starb aber nach Ankunft auf der Insel Lesbos.
In Österreich hatten sich Regierungskoalition und Ministerpräsidenten am Mittwoch geeinigt, dass bis 2019 insgesamt 127 500 Asylbewerber ins Land kommen dürfen. In diesem Jahr sollen es maximal 37 500 sein, das wären 50 000 weniger als 2015.
Was geschehen würde, wenn diese Obergrenze überschritten wird, ist aber unklar. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sprach von "einem Richtwert". Auf der Balkanroute aus der Türkei über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien bis Österreich und Deutschland waren im vergangenen Jahr geschätzt 900 000 Menschen nach West- und Nordeuropa gelangt.
"Brücke für deutsche Obergrenze"
Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) forderte im "RTL Nachtjournal": "Es ist jetzt eine echte Brücke, denn wenn Österreich eine solche Obergrenze beschließt, muss Deutschland auch eine solche Obergrenze beschließen."
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sprach von einem Hilferuf Wiens, dass Deutschland, Schweden und Österreich die Flüchtlinge nicht alleine aufnehmen könnten. "Umso dringlicher ist es jetzt, endlich für sichere Außengrenzen zu sorgen", sagte Oppermann dem "Kölner Stadt-Anzeiger". SPD-Vize Ralf Stegner kritisierte, die CSU vermittele den falschen Eindruck, man könne einen Schalter umlegen und den Flüchtlingszustrom begrenzen.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) kündigte im Sender MDR Info an, die vorerst bis Mitte Februar befristeten Kontrollen von Flüchtlingen an der deutschen Grenze auf unbestimmte Zeit zu verlängern. Auf eine entsprechende Frage sagte er: "Sicher. Ich sehe keinen Zeitpunkt voraus, wo wir das beenden können."