Nach Erfolg in Schleswig-Holstein: Kurs auf NRW

Kann die SPD das Ruder in dem ungleich größeren Bundesland nach der Schlappe im Norden noch rumreißen? Die CDU gibt sich selbstbewusst vor der nächsten Wahl.
Christian Grimm, Stefan Lange |
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Daniel Günther (CDU,rechts), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein steht neben Friedrich Merz, CDU Bundesvorsitzender vor Beginn der Sitzung des CDU Bundesvorstands nach der Landtagswahl in dem nördlichsten Bundesland. Die CDU erreichte in der Wahl das beste Ergebnis.
Foto: dpa Daniel Günther (CDU,rechts), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein steht neben Friedrich Merz, CDU Bundesvorsitzender vor Beginn der Sitzung des CDU Bundesvorstands nach der Landtagswahl in dem nördlichsten Bundesland. Die CDU erreichte in der Wahl das beste Ergebnis.

Kiel - Es war eine Wahlnachlese mit vertauschten Rollen. Im Willy-Brandt-Haus wähnten sich Beobachter bei der Opposition. Die SPD-Zentrale stand am Montag noch unter dem Schock der Landtagswahl in Schleswig-Holstein. Die Sozialdemokraten hatten dort übel verloren, rutschten um 11,3 Punkte auf 16 Prozent ab.

Im Konrad-Adenauer-Haus hingegen fühlte es sich bei der CDU ein wenig so an wie zu den glorreichen Tagen, als Angela Merkel noch Kanzlerin, CDU-Chefin und Stimmgarantin war. Mehr als 43 Prozent konnte ihr Spitzenkandidat Daniel Günther in Kiel auf sich vereinen.

Er bleibt Ministerpräsident und die Christdemokraten hoffen nun, dass sein Sieg der Partei Flügel verleiht und sie auch bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am nächsten Sonntag einen Höhenflug erlebt.

SPD-Chef Lars Klingbeil nutzte bei seiner Betrachtung der herben Wahlschlappe an der Küste das in solchen Fällen beliebte Niederlagenschema "Haken dran und nach vorne schauen". Ministerpräsident Günther sei unschlagbar gewesen, die Sozialdemokraten seien mit ihren guten Anliegen nicht durch-
gekommen, obwohl alle bravourös gekämpft hätten.

Das Ruhrgebiet, einst Stammland der Genossen

"Zur SPD dazu gehört auch, dass wir uns von solchen Rückschlägen nicht aus dem Konzept bringen lassen", sagte Klingbeil. Der Vorsitzende richtete seinen Blick rasch auf die Wahl am Sonntag, im ungleich größeren und bedeutungsvolleren Bundesland Nordrhein-Westfalen. Früher war NRW mit der Herzkammer Ruhrgebiet das Stammland der Genossen. Vor fünf Jahren verloren sie es an die CDU unter Armin Laschet. Die Macht in Düsseldorf gab er im Herbst an seinen Parteifreund Hendrik Wüst weiter.

Diesen Wüst hält die SPD für schlagbar. "Wir haben einen Zweikampf zwischen Herrn Wüst und Herrn Kutschaty", meinte Klingbeil. Wüst stand bei der Pressekonferenz mit auf dem Podium und überstrahlte den Wahlsieger Günther um einiges. Ihm hat dessen Sieg weiteres Selbstbewusstsein gegeben, er könnte nach dem Kieler das nächste CDU-Nachwuchstalent sein, das sich für höhere Aufgaben empfiehlt.

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Dort hat zwar CDU-Friedrich Merz das Sagen. Wer dem Sauerländer jedoch genau zuhörte, konnte merken, dass die CDU bei der nächsten Bundestagswahl nicht zwingend mit einem Spitzenkandidaten Merz losmarschiert.

Merz lobte auffallend oft, dass die SH-CDU "eine sehr breite Aufstellung" ihrer Kandidatinnen und Kandidaten hinbekommen habe. Mehr Frauen zum Beispiel, mehr jüngere Bewerberinnen und Bewerber. "Wir haben das Thema Diversität in der personellen Darstellung in der CDU diskutiert", erklärte Merz. Er selbst ist 66 Jahre alt, ob da eine Kanzlerkandidatur überhaupt noch in Frage käme, wollte der Sauerländer gestern nicht direkt beantworten. Ins Grübeln dürfte er gleichwohl schon gekommen sein.

Merz wertete die Wahl in Schleswig-Holstein zwar auch als Rückenwind für die Bundespartei. Übertreiben wollte es der Parteivorsitzende jedoch nicht. "Wir sind hier nicht in der Regierung, sondern in der Opposition", sagte Merz, der sich mit Angriffen auf Kanzler Olaf Scholz auffallend zurückhielt. Er würde sich "nicht verschließen", wenn der Kanzler ihn zu Gesprächen an den Kabinettstisch bitten würde, sagte Merz. "Aber das läuft hier in Berlin erkennbar anders, als es in Schleswig-Holstein gelaufen ist."

Merz weiß, dass er nicht noch Öl ins Feuer der SPD gießen muss. Der Druck auf dem Kessel ist bei den Sozialdemokraten ohnehin schon hoch genug. Schließlich hat der Kanzler die nahe Zukunft bereits zum "sozialdemokratischen Jahrzehnt" erklärt, was sich nach dem Wahlausgang im Norden jetzt als ein wenig verfrüht erweist.

Die entscheidende Frage für die Sozialdemokraten lautet daher, wie viele der ehemaligen SPD-Wähler zu ihrer angestammten Partei zurückkehren - trotz eines wenig glanzvollen Spitzenkandidaten Thomas Kutschaty und eines Kanzlers, der zuletzt in der Rangfolge hinter seine Minister von den Grünen zurückgefallen ist. Noch ist NRW für die SPD aber nicht verloren. Zwei Prozentpunkte notierte sie in den letzten Umfragen hinter der CDU, die auf etwa 30 Prozent kommt.

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