Nach der Wahl in NRW: Merkel und Schulz im Duell

Drei Wahlen, die ganz anders liefen als von Schulz' SPD erhofft - wie lässt sich der Trend nochmal drehen? CDU und FDP sind die großen Doppelsieger von Kiel und Düsseldorf - aber trägt die Erfolgswelle bis Ende September? Was uns die Mai-Wahlen für den Bund sagen.
Werner Herpell |
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Bleibt Angela Merkel weitere vier Jahre im Bundeskanzleramt? Oder muss sie die Koffer packen und Platz für Martin Schulz machen?
dpa Bleibt Angela Merkel weitere vier Jahre im Bundeskanzleramt? Oder muss sie die Koffer packen und Platz für Martin Schulz machen?

Berlin - Für viele ist Schwarz-Gelb im Stammland der SPD nur Formsache - auch wenn sich die FDP noch ziert. Neben dem Düsseldorfer Koalitionspoker ist Nordrhein-Westfalen spätestens ab diesem Montag Startrampe für den Bundestagswahlkampf. Am 24. September wird wieder gewählt - doch dann geht es nicht um Hannelore Kraft oder Armin Laschet, sondern um Bundeskanzlerin Angela Merkel oder Martin Schulz.

Welche Konsequenzen zieht die SPD aus den Niederlagen?

Der enttäuschte SPD-Hoffnungsträger bleibt dabei: Wahlkampf, das kann ich, versicherte Schulz am Wahlabend. Aber natürlich sei dieser Sonntag "ein Tag, der sicher dazu beitragen wird, dass wir nachdenken müssen". Fragt sich nur: Worüber? Vielleicht über mehr konkrete Vorschläge. Strategen in der Berliner Wahlkampfzentrale räumen ein, es sei falsch gewesen, Schulz im April abtauchen zu lassen: "Der Hype hätte mit Inhalten stärker unterfüttert werden müssen." Also: Wo steht Schulz bei der Inneren Sicherheit, in der Wirtschaftspolitik, beim neuen Europa? Der Kandidat weiß jetzt, dass er allein mit dem Thema Soziale Gerechtigkeit wohl kaum Kanzler wird. Bald will er Ideen zu Steuern, Rente und Bildung präsentieren. Aber in der SPD-Führung wird auch über einen kompletten Kampagnen-Neustart nachgedacht - inklusive personeller Veränderungen. Denn das aktuelle Team sei zu unerfahren.

Stellt Merkel schon mal den Sekt kalt?

Das würde so gar nicht zur nüchternen CDU-Chefin passen. Jetzt nur die Ruhe bewahren - so lautet Merkels Devise, für Niederlagen und Siege gleichermaßen. Und auch: Den Gegner ernst nehmen, selbst wenn er am Boden liegt wie jetzt die SPD nach dem NRW-"Leberhaken" (SPD-Vize Ralf Stegner). Auch nach dem unerwarteten Triumph an Rhein und Ruhr kommt Merkel erst am Tag darauf mit dem Spitzenkandidaten auf die Bühne des Konrad-Adenauer-Hauses. Und sie wird womöglich wiederholen, was sie schon eine Woche zuvor gesagt hatte, als CDU-Außenseiter Daniel Günther in Schleswig-Holstein gewann: "Eine Landtagswahl ist eine Landtagswahl." Statt Merkel sagte am Abend ihr Kanzleramtschef Peter Altmaier: "Wir bleiben auf dem Boden." Und Wolfgang Bosbach, der im NRW-Wahlkampf für das Thema Innere Sicherheit einstand, riet der CDU via "Welt", "mit beiden Beinen fest auf dem Boden zu bleiben und jede Form von Arroganz und Überheblichkeit zu unterlassen".

Ist Schwarz-Gelb auch eine Option für den Bund?

Das wäre für viele in der Union die beste Lösung, denn die meisten Schnittmengen sieht man weiterhin mit der FDP. Eine Koalition von CDU und Liberalen in Nordrhein-Westfalen wäre etwa nach Einschätzung von CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn ein "starkes Signal für den Bund". Wenn dieses Bündnis im bevölkerungsreichsten Land funktioniere, "wäre das ein Zeichen, dass es auch bundesweit geht". Auch CDU-Landeschef Laschet betonte vor der NRW-Wahl, die größten Übereinstimmungen sehe er mit der FDP. Deren bundesweite Form ist aber der entscheidende Punkt. FDP-Chef Christian Lindner weiß, dass seine Truppe im Osten schwach auf der Brust ist. Bundesweit steht die Partei derzeit bei sechs Prozent, Schwarz-Gelb liegt hier also noch in weiter Ferne.

Wird Lindner der neue Westerwelle?

"Mit einem Comeback der FDP im Bund ist zu rechnen", sagte Lindner am Sonntagabend nach den Zugewinnen in Nordrhein-Westfalen. Das klang schon ziemlich forsch für den zuletzt zwar selbstbewusst, aber auch demonstrativ demütig auftretenden Ober-Liberalen. Dem CDU-Wahlsieger Laschet ließ Lindner die Botschaft zukommen, dass er sich den Weg zur FDP nicht so leicht vorstellen solle wie früher. "Im Notfall machen wir Opposition." Seit dem Ausscheiden aus dem Bundestag 2013 hat er seiner Partei Eigenständigkeit verordnet, um nicht als Anhängsel der Union zu erscheinen. Fehler der früheren FDP-Chefs Guido Westerwelle und Philipp Rösler will Lindner nicht wiederholen.

Klimawandel bei den Grünen?

Grünen-Parteichef Cem Özdemir wartete nicht lange mit der Absetzbewegung von den Düsseldorfer Verlierern: "Die Themen der Grünen sind nicht abgewählt worden, sondern die Regierungspolitik ist abgewählt worden." Mit einem Verlust von etwa fünf Prozentpunkten wurden die NRW-Grünen besonders hart abgestraft, der erhoffte Schub durch die erfolgreiche Schleswig-Holstein-Wahl blieb aus. Aber sind die Themen der Partei wirklich noch in Mode, wie Özdemir hofft - oder wurden ihre Wahlkampfhits inzwischen von den anderen okkupiert? Auch bundesweit liegen die Grünen derzeit nicht gerade dicke über den sechs Prozent vom Sonntagabend. Der Abschied aus der prestigeträchtigen NRW-Landesregierung könnte ein Menetekel sein.

Linke und AfD: Die Unkoalierbaren?

Nicht nur SPD und Grüne haben in den drei Wahlen dieses Jahres bittere Enttäuschungen hinnehmen müssen - auch die Linke und die lange erfolgsverwöhnte AfD sind ernüchtert. Beiden fällt in der öffentlichen Wahrnehmung eine Art Paria-Rolle zu. Die Linkspartei um die umstrittene Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht kann im Westen einfach nicht gewinnen und muss nun erleben, wie sich SPD und Grüne vom Projekt Rot-Rot-Grün wieder entfernen. Parteichef Bernd Riexinger will daher im Bundestagswahlkampf "verstärkt auf unsere eigenen Konzepte schauen und unsere eigenen Konzepte in den Vordergrund bringen". Die rechtspopulistische AfD schaffte zwar in Düsseldorf den Sprung ins 13. Landesparlament, allerdings ohne Glanz: In NRW, eine Woche zuvor in Schleswig-Holstein und im März im Saarland kam man nicht mehr auf zweistellige Ergebnisse wie so oft zuvor.

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