Monitor: Verdeckte Parteienfinanzierung bei CSU?

Das Magazin "Monitor" (WDR) erhebt schwere Vorwürfe gegen Bayerns Landtagsabgeordnete
von  az

München - Der Beitrag des ARD-Magazins "Monitor" über die Verwandtenaffäre im Bayerischen Landtag hat schon im Vorfeld für einigen Wirbel gesorgt. Landtagspräsidentin Barbara Stamm klagte über das schlechte Benehmen des Journalisten Stephan Stuchlik und Ministerpräsident Horst Seehofer wollte die Reporter gleich "raus aus Bayern" werfen.

Am Donnerstagabend wurde der Beitrag in der ARD ausgestrahlt. Brisante Kernthese: Neben den schon bekannten Vorwürfen rund um Verwandten-Beschäftigung und missbräuchliche Verwendung der Kommunikationspauschale macht sich die CSU offenbar auch einer verdeckten Parteienfinanzierung schuldig - und offenbar nicht nur sie.

Im Beitrag kommt Heinz Fischer-Heidlberger, Präsident des Obersten Rechnungshofs (ORH) zu Wort: „Wir haben festgestellt, dass bis zu 714000 Euro an Parteigeschäftsstellen geflossen sind, ohne dass klar ist, wer eigentlich eine Leistung erbracht hat und welche Leistung erbracht worden ist", sagte er.  "Da entsteht der Anschein einer verdeckten Parteienfinanzierung.“ Eine Parteienfinanzierung über die Abgeordnetenpauschale wäre aber ein Tabubruch.

Sehen Sie hier das ungeschnittene Stamm-Interview von "Monitor"

 

"Monitor" hat einen Mustervertrag über eine Arbeitnehmerüberlassung zwischen einem Abgeordneten und einer Parteigeschäftsstelle dem Verfasssungsrechtler Joachim Wieland von der Uni für Verwaltungswissenschaften in Speyer vorgelegt: „Ich halte diesen Vertrag für verfassungswidrig", sagte er. "Weil eine Brandmauer eingerissen wird, die die Verfassung setzt zwischen der Finanzierung von Parteien und der Entschädigung von Abgeordneten. Auf der Grundlage kann diese Unterscheidung nicht mehr getroffen werden.“

Das WDR-Team hat auch zahlreiche Kronzeugen für die missbräuchliche Verwendung der Abgeordnetenpauschale. Eine davon ist die Bürgermeisterin von Kollnburg, Josefa Schmid, die inzwischen FDP-Mitglied ist und die umstrittene Praxis bestätigt. Auch Stefan Paulus, Bürgermeister des unterfränkischen Knetzgau und CSU-Mitglied, bestätigte dem WDR-Team diesen Vorwurf.

Im Büro des CSU-Landtagsabgeordneten Walter Taubenender in Passau meldet  sich laut "Monitor" gleich die CSU Passau am Telefon. Darauf angesprochen, sagt Taubeneder, seine Mitarbeiterin sei gerade im Krankenhaus.

Reporter Stephan Stuchlik suchte auch den Oberfranken Jürgen W. Heike, Ex-Sozial- und Ex-Innenstaatssekretär, bei einer Wahlkampfveranstaltung auf. Er hatte der Firma seines Sohnes Aufträge erteilt. Auf die Frage des Reporters, ob dies nicht den Eindruck von Klüngel erwecke, sagte Heike erbost: "Nein! Wenn ich einem Freund einen Auftrag erteile, ist das dann auch Klüngel?" Stuchlik gab zu bedenken, dass dies nicht seine Privatsache sei, da er schließlich aus Steuergeldern bezahlt werde. Heike erwiderte, dies sei nicht zu beanstanden: "Dann können Sie gleich die Demokratie abschaffen."

Lesen Sie hier: Die Tricks von Jürgen W. Heike

 

Ganz zum Schluss kam es zu der denkwürdigen Szene mit Landtagspräsidentin Barbara Stamm. Zuvor hatte Stuchlik nach eigenen Angaben fünf Mal bei der Pressestelle um ein Interview angefragt. Auf der Wahlkampfveranstaltung in Würzburg begrüßte die CSU-Politikerin Stuchlik und sein Kamerateam zunächst lächelnd, erst als er sich mit "Monitor" vorstellte, fror ihr Gesicht ein. Sie forderte ein besseres Benehmen des WDR-Reporters und wandt sich mit den Worten "Ich möchte Ihnen kein Interview geben" und "Ich werde mich bei ihrem Intendanten beschweren" ab.

Als Stuchlik längst weg war, fiel der inzwischen schon berühmte Seehofer-Satz: "Die müssen raus aus Bayern."

Dürfen das Journalisten? Ja sie dürfen! Lesen Sie hier den Kommentar von AZ-Vizechefredakteur Georg Thanscheidt.

 

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