Mitten in Ukraine-Krise: Schröder fällt Putin um den Hals
Während der Westen wegen der Ukraine-Krise über noch schärfere Sanktionen gegen Russland nachdenkt, feiert Altkanzler Gerhard Schröder mit Wladimir Putin ein rauschendes Fest.
St. Petersburg - Gute Freunde kann niemand trennen - noch nicht mal eine internationale Krise. Das hat sich wahrscheinlich Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) gedacht, als er am Montagabend mit Kreml-Chef Wladimir Putin seinen 70. Geburtstag nachgefeiert hat. Die Party stieg im Jussupow-Palais in der russischen Zarenstadt St. Petersburg, Putins Geburtsort.
Nach einem Bericht des Internetportals fotanka.ru handelte es sich bei der Feier um einen Empfang der Nordstream AG, dessen Aktionärsausschuss Schröder vorsitzt. Nordstream betreibt die gleichnamige Ostsee-Pipeline und wird vom russischen Gaskonzern Gazprom dominiert.
Fotos zeigen, wie Schröder vor dem Palast auf die Präsidenten-Limousine wartet. Nachdem Putin eingetroffen ist, fällt Schröder dem russischen Präsidenten herzlich um den Hals. Beide gelten als enge Freunde, verstanden sich schon zu Schröders Regierungszeiten blendend. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) war unter den Gästen, genauso wie Gazprom-Chef Alexej Miller. An Sellerings Reise hatte es schon am Wochenende heftige Kritik gegeben.
Schröder hatte Putin in der Vergangenheit immer wieder in Schutz genommen. Im Jahr 2004 antwortete der damalige Kanzler auf eine Interviewer-Frage, ob er Putin für einen "lupenreinen Demokraten" halte, geantwortet: "Ja, ich bin überzeugt, dass er das ist." Auch in der aktuellen Ukraine-Krise hatte Schröder - wie übrigens auch Altkanzler Helmut Schmidt - Verständnis für Putin geäußert. Schröder hatte der EU schwere Fehler im Umgang mit der Ukraine vorgeworfen.
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Nach seiner Abwahl als Bundeskanzler wurde Schröder Aufsichtsratschef der deutsch-russischen NEGP AG, heute Nordstream.
Scharfe Kritik kam von den Grünen: Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf Schröder vor, "auf gefährliche Art und Weise die schwierigen Bemühungen von Außenminister Frank-Walter Steinmeier zur Eindämmung der Krise" zu torpedieren. Schröder sorge dafür, "dass Deutschland in Russland als Verhandlungspartner immer weniger ernst genommen wird".
Auch aus der Regierungskoalition kam Kritik. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt äußerte sich in der "Rheinischen Post": "In der aktuellen Situation sollte nicht Verbrüderung im Vordergrund stehen, sondern Vermittlung. Ich hätte mir gewünscht, dass Gerhard Schröder seine Kontakte zu Putin nutzt, um zur Deeskalation beizutragen."
Unionsfraktionschef Volker Kauder nannte das Umarmungs-Foto "nicht hilfreich". Allerdings: Auch ein Unionspolitiker war bei der Putin-Party dabei, der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder.
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann nahm Schröder in Schutz: Er sei sich sicher, dass Schröder mit Putin auch über die Situation der OSZE-Geiseln gesprochen und ihm klargemacht habe, dass Russland etwas tun müsse, damit die Geiseln freigelassen werden, sagte Oppermann.
Die Bundesregierung distanzierte sich am Dienstag von Schröder: Zu dem Treffen habe es "keinerlei Auftrag aus der Bundesregierung an den Altkanzler" gebeben, verlautete aus Regierungskreisen. Schröder sei "erkennbar aus der aktiven Politik ausgeschieden".