Merkel vor G7: "Nicht die Lösung aller Konflikte"

G7 wird nicht die Lösung aller Konflikte bringen. Aber: Reden sei besser als Schweigen. Das betont Kanzlerin Angela Merkel vor dem G7-Gipfel auf Schloss Elmau
von  Interview: Sven Gösmann und Kristina Dunz
In ihrem Büro im Kanzleramt: Gipfel-Gastgeberin Angela Merkel spricht über ihre Erwartungen an das Treffen auf Schloss Elmau.
In ihrem Büro im Kanzleramt: Gipfel-Gastgeberin Angela Merkel spricht über ihre Erwartungen an das Treffen auf Schloss Elmau. © dpa

Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigt den Gipfel der Staats- und Regierungschefs von sieben großen Industrienationen in Bayern gegen Kritik an Millionen-Kosten und vagen Beschlüssen. Nur durch Gespräche seien große Krisen in der Welt zu lösen, betont die 60-Jährige im Interview.

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Frau Merkel, welches Signal soll vom G7-Gipfel auf Schloss Elmau ausgehen?

Bundeskanzlerin Angela Merkel: Das Signal, dass diese sieben großen demokratischen Industrienationen ihrer Verantwortung für die Weltwirtschaft und das Wohl von Millionen von Menschen nachkommen wollen. Diese Treffen einmal im Jahr sind wichtig, um gemeinsame Lösungsansätze zu finden für die Probleme, denen wir gegenüberstehen.

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Krieg und Frieden spielt bei der Erfolgsbeurteilung so großer Treffen immer eine Rolle. Wie steht es um die Ukraine?

Man kann von einem Sonntag und einem Montag in Elmau nicht die Lösung aller Konflikte erwarten. Wir werden aber eine Bestandsaufnahme des Minsker Prozesses vornehmen, der ja eine politische und friedliche Lösung ermöglichen soll.

Wann kann Kremlchef Wladimir Putin wieder an Treffen der großen Industrienationen teilnehmen?

Eine Teilnahme Russlands ist zurzeit nicht vorstellbar. Die G7 sind eine Gruppe von Staaten, die Werte wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit teilen. Zu unseren Prinzipien gehört es auch, dass wir das Völkerrecht und die Unverletzlichkeit der Grenzen verteidigen, weil sie die Basis unserer Friedensordnung sind.

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Russlands Annexion der Krim war dagegen eine Verletzung des Völkerrechts.

Wie soll es ohne Russland weitergehen?

Seit der internationalen Finanzkrise gibt es regelmäßige G20-Treffen, bei denen auch Russland vertreten ist.

Natürlich müssen und wollen wir mit Russland weiter zusammenarbeiten. Manche Konflikte, etwa den in Syrien, können wir ohne Russland gar nicht lösen. Ich halte deshalb regelmäßigen Kontakt zu Wladimir Putin.

Werden sie mit US-Präsident Barack Obama am Rande des Gipfels sprechen, und versuchen, ihn von der Herausgabe der NSA-Suchbegriffsliste zu überzeugen? Das Konsultationsverfahren läuft ja.

Richtig, und es läuft auf den dafür üblichen Weg, nicht auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs.

Die SPD hat Ihnen ein Ultimatum gestellt, über diese sogenannten Selektoren bis zum 8. Juni aufzuklären. Ist Ihnen das ein persönliches Anliegen?

Die Regierung wird nach Abschluss des Konsultationsverfahrens zum gegebenen Zeitpunkt eine Entscheidung treffen, die ich verantworten kann.

Also keine Klärung am Rande des G7-Gipfels?

Nein, die Entscheidung wird die Bundesregierung wie gerade beschrieben treffen.

Geht die Welt unter, wenn TTIP nicht kommt?

Die Frage muss lauten, ob ein Freihandelsabkommen uns in Europa hilft, Arbeitsplätze zu sichern oder neue zu schaffen, und ob es uns hilft, unsere hohen sozialen und ökologischen Standards zu halten – und da komme ich zweimal zu einem überzeugten Ja.

Von Gipfel zu Gipfel wurde die Begrenzung der Erderwärmung bekräftigt, aber das Zwei-Grad-Ziel ist gefährdet. Warum sind die Industrienationen so machtlos?

Wir haben durchaus eine Chance, dass die Klimakonferenz in Paris im Dezember ein Erfolg wird. Eine Voraussetzung dafür ist, dass wir die Finanzierungszusagen von Kopenhagen 2009 – 100 Milliarden Euro privaten und öffentlichen Geldes – auch erfüllen. Die Industriestaaten müssen Vorreiter sein, aber Verpflichtungen der Industriestaaten allein reichen nicht aus, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Wir brauchen auch konkrete Verpflichtungen der Schwellenländer.

Welche Rolle spielt die griechische Schuldenkrise für die Runde der Staats- und Regierungschefs?

Direkt auf der Tagesordnung steht das Thema nicht. Aber wenn wir über die Weltwirtschaft sprechen und damit auch über die Eurozone, erschiene es mir nicht natürlich, wenn wir nicht auch über Griechenland sprächen.

Sie wollen die Wünsche und Sorgen der Bürger näher ergründen. Gegen den G7-Gipfel gehen Zehntausende auf die Straße. Was macht die Bundesregierung falsch?

Wir haben viel getan, um auf die Menschen zuzugehen, die sich kritisch mit der Globalisierung auseinandersetzen. Wenn es jetzt im Umfeld des Gipfels Kundgebungen gibt, dann ist das auch Zeichen einer lebendigen Demokratie.

Aber es gibt auch Menschen, die nicht Inhalte kritisieren wollen, sondern den Staat und seine Sicherheitskräfte mit Gewalt herausfordern. Dagegen muss die Polizei im Interesse der Sicherheit vorgehen.

Die Regierungschefs der G7 müssen in einer Welt voller Konflikte die Möglichkeit haben, zu beraten. Wir haben in der Geschichte Europas gesehen, wohin es geführt hat, wenn nicht gesprochen wurde.

Was verbinden Sie mit Schloss Elmau?

Die außerordentliche Schönheit der Natur dort. Und dass es ein Ort des geistigen Austausches ist.

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