Lukaschenko gewinnt Weißrussland-Wahl
Minsk - Mit einem umstrittenen Rekordergebnis von 83,5 Prozent hat sich "Europas letzter Diktator" Alexander Lukaschenko eine fünfte Amtszeit gesichert. Trotz schwerer Fälschungsvorwürfe sprach die Wahlleitung in Minsk dem autoritär regierenden Präsidenten am Montag so viele Stimmen zu wie nie zuvor seit Amtsantritt vor 21 Jahren.
Die Opposition reagierte empört auf die "Pseudowahl" und kündigte Proteste an. Auch internationale Wahlbeobachter kritisierten "ernste Probleme" bei der Stimmenauszählung. So sei etwa Mitarbeitern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bei der Stimmenauszählung die Sicht versperrt worden, sagte der Leiter der OSZE-Mission, Kent Härstedt, in Minsk. Er sprach von einem "sehr ernsten Problem". Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) stellte Lukaschenko aber wegen der Freilassung politischer Gefangener eine Aufhebung von EU-Sanktionen in Aussicht.
Lukaschenko hatte nach seiner Wiederwahl vor fünf Jahren Proteste blutig niederschlagen lassen. Diesmal habe es solche Repressalien nicht gegeben, sagte Steinmeier bei einem EU-Treffen in Luxemburg. Die EU werde prüfen, "in welchen zeitlichen Fristen auch Sanktionen gegenüber Weißrussland verändert oder aufgehoben werden können".
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Von EU-Einreiseverboten und Kontensperrungen waren zuletzt 175 Funktionäre in Weißrussland betroffen. Diplomaten zufolge könnten die Sanktionen zunächst für vier Monate ausgesetzt werden - um Lukaschenko einen Anreiz für eine weitere Annäherung an den Westen zu geben. Bei der Wahl 2010 hatte Lukaschenko knapp 80 Prozent der Stimmen für sich reklamiert. Mit Ausnahme von Monarchen ist in Europa kein Staatsoberhaupt so lange an der Macht wie der 61-Jährige.
Regimegegner in der Hauptstadt Minsk warnten vor einem Nachlassen des Drucks auf die Führung in Weißrussland, das als einziges Land in Europa noch die Todesstrafe vollstreckt - per Genickschuss. "Falls das nur die politische Karriere meines Konkurrenten (Lukaschenko) fördert, sind wir gegen eine Lockerung der Sanktionen", sagte die Politikerin Tatjana Korotkewitsch. Die einzige zugelassene Kandidatin der Opposition erhielt bei der Wahl offiziell 4,4 Prozent.
Auch Ales Beljazki, einer der bekanntesten Menschenrechtler der früheren Sowjetrepublik, lehnte eine Aufhebung der Sanktionen ab. "Wir brauchen echte demokratische Reformen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Beljazki hofft durch den Literaturnobelpreis für die Lukaschenko-Kritikerin Swetlana Alexijewitsch auf einen Schub für die zersplitterte Opposition. Der Ex-Präsidentenkandidat Nikolai Statkewitsch sprach von Manipulationen und einer "Pseudowahl". Er kündigte für Ende November Straßenproteste gegen Lukaschenko an.
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Glückwünsche für den "überzeugenden Sieg" kamen hingegen vom russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er sei sicher, dass Lukaschenko weiter zur Entwicklung der strategischen Partnerschaft beider Nachbarländer beitrage, schrieb der Kremlchef in einem Telegramm. Zuletzt hatte es Spannungen zwischen Moskau und Minsk gegeben. Weißrussland gilt aber weiter als enger Partner Russlands.
Im Zentrum von Minsk hatten kurz nach Schließung der Wahllokale mehrere Dutzend Demonstranten gegen die Abstimmung protestiert. Anwesende Sicherheitskräfte griffen nicht ein.
Zum Urnengang aufgerufen waren etwa sieben Millionen Menschen. Die Wahlbeteiligung lag den Angaben zufolge bei 86,8 Prozent. Etwa 40 Prozent der Wähler gaben ihre Stimme demnach bereits in den Tagen zuvor ab. Dieses Verfahren gilt als extrem manipulationsanfällig.