Krisenbahnhof in Mainz: Bund fordert Lösung
Der Bund macht wegen der massiven Probleme am Mainzer Hauptbahnhof Druck auf die Bahn. "Das muss ein Ende haben", sagte eine Sprecherin von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) in Berlin.
Mainz - Der Bund als Eigentümer fordert, dass die Bahn die Personalengpässe beim Stellwerk in Mainz in den Griff bekommt.
Das Chaos könnte noch größer werden: Die Bahn räumt inzwischen deutschlandweite Probleme ein. Die Lage soll Thema bei Spitzentreffen von Bahn, Politik und Gewerkschaft werden.
Am Mainzer Hauptbahnhof verschlimmerte sich die Situation für Reisende am Montag nochmals: Auch tagsüber fielen Züge aus oder wurden umgeleitet. Tausende Pendler im ganzen Rhein-Main-Gebiet sind davon betroffen. In dieser Woche gilt für Regionalzüge Stunden- statt Halbstundentakt, nur wenige Fernzüge halten im Hauptbahnhof der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt.
Die Bahn gestand inzwischen weitere Sorgen in ganz Deutschland ein. "Wir haben bundesweit eine angespannte Situation, das ist richtig", sagte der Vorstandschef der DB Netz AG, Frank Sennhenn, im ARD-Morgenmagazin. "Wir sind dabei, alle Stellwerke, bei denen wir ähnlich kritische Situationen haben, nach Kräften abzusichern."
Die Bahn rechnet nach eigenen Angaben allerdings nicht damit, dass sich an anderen Stellwerken ein ähnlicher Notstand wie in Mainz ergibt. In Mainz seien von 15 Fahrdienstleitern 4 krank und 3 im Urlaub. Mit den Urlaubern habe man Gespräche geführt, ob sie bereit seien, vorzeitig zurückzukehren, sagte ein Bahnsprecher. Es werde weitere Gespräche geben. "Erzwingen können wir es nicht."
Denn zum Abbruch ihres Urlaubs können die Bahner nicht einfach verpflichtet werden: Ein Chef darf seine Mitarbeiter unter keinen Umständen zurück in den Betrieb holen, sagte Nathalie Oberthür, eine Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Köln.
Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin gab Ramsauer die Schuld am Bahnchaos in Mainz. "Peter Ramsauer hat durchgehend versagt", sagte Trittin in Berlin. Beim Sparkurs für die Bahn habe er vergessen, dass es Menschen brauche, wenn Züge fahren sollen.
Der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) stellte der Bahn ein Ultimatum. "Wir erwarten, dass die peinliche Situation am Mainzer Hauptbahnhof noch im Laufe dieser Woche beendet wird. Es muss doch möglich sein, dass ein Unternehmen mit rund 300 000 Mitarbeitern und zuletzt fast 1,5 Milliarden Euro Jahresgewinn eine schnellere Antwort auf ein solches Problem findet."
Bahnchef Rüdiger Grube hatte OB Ebling am Donnerstag geschrieben, die Lage sei "besonders ärgerlich und nicht akzeptabel". Das Stellwerk könne aber auch in den nächsten Wochen nur eingeschränkt besetzt werden.
Bahnexperte Jörn Pachl sieht das Fehlen flexibler Einsatzkräfte in Stellwerken als mögliches Hauptproblem. "Offenbar gab es nicht genug Springer in Mainz", sagte der Leiter des Instituts für Eisenbahnwesen an der TU Braunschweig in einem dpa-Interview. "So einen Fall wie in Mainz hat es noch nie gegeben.
Das Chaos soll auch Thema bei einem Spitzentreffen der Deutschen Bahn und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) am Mittwoch in Frankfurt werden. Bereits an diesem Dienstag beraten Vertreter von Bahn und Gewerkschaft mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) in Mainz über die Probleme.
Die EVG forderte mehr Personal. "Wir brauchen jetzt ein klares Signal, mehr Leute einzustellen", sagte der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner im ARD-Morgenmagazin. "Dieses Problem ist bundesweit." Er wies den Vorwurf zurück, es handle sich bei den Problemen um eine konzertierte Aktion der Gewerkschaft. "Das ist völliger Unsinn."
Kirchner forderte, dass der Bund weniger Geld aus der Bahn herausziehen soll. "Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer muss (...) dafür sorgen, dass künftig jeder Cent wieder in das Unternehmen investiert werden kann und das Geld nicht in die Kasse des Bundesfinanzministers fließt", sagte er der Mainzer "Allgemeinen Zeitung".