Krisen-Mission: Westerwelle reist nach Tunesien

Inmitten der politischen Krise in Tunesien reist Außenminister Guido Westerwelle heute zu einem zweitägigen Besuch in das nordafrikanische Land.
von  dpa

Berlin - Ein Sprecher des Auswärtigen Amts erklärte, Westerwelle wolle dazu ermutigen, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen und Kompromisse für eine demokratische Ordnung zu finden. "Ein Abgleiten in Gewalt und auf der Straße ausgetragene Auseinandersetzungen wäre die denkbar schlechteste Perspektive für Tunesien."

Tunesien gilt als Mutterland des Arabischen Frühlings. Die Entwicklung dort galt lange Zeit als vorbildlich.

Unmittelbar vor dem Besuch Westerwelles forderten bei einer Großdemonstration erneut Tausende Menschen den Rücktritt der von Islamisten dominierten Regierung. Die Gegner der Ennahda-Partei versammelten sich am Dienstagabend vor dem Parlamentsgebäude in einem Vorort der Hauptstadt. Dort gibt es seit mehreren Wochen einen Sitzstreik gegen die Regierung.

Anlass der neuen Großdemonstration war der nationale Frauentag in Tunesien, zu dem auch die Ennahda zu einer Kundgebung aufgerufen hatte. Die Demonstration der Islamisten fiel allerdings deutlich kleiner aus. Die Zahl der Regierungsgegner wurde auf mindestens 15 000 geschätzt, die der Ennahda-Anhänger auf höchstens 2000.

Westerwelle wird heute zunächst Staatspräsident Moncef Marzouki, Außenminister Othman Jarandi und Gewerkschaftsführer Houcine Abbasi treffen. Für Donnerstag sind Gespräche mit dem islamistischen Ministerpräsidenten Ali Laarayedh und Vertretern der Opposition geplant.

Auslöser der jüngsten Krise in Tunesien war der vermutlich von islamistischen Extremisten verübte Mord am Oppositionspolitiker Mohamed Brahmi. Seit dem Anschlag am 25. Juli gibt es in Tunis täglich Demonstrationen, bei denen vor allem ein Machtverzicht der islamistischen Regierungspartei Ennahda gefordert wird. Ihr wird von ihren Gegnern eine Mitverantwortung am Tod Brahmis zugeschrieben.

Die Ennahda hatte im Herbst 2011 die erste Wahl nach dem Sturz von Präsident Zine el Abidine Ben Ali klar gewonnen. Seitdem führt sie eine Koalition mit der Mitte-Links-Partei CPR und der sozialdemokratischen Partei Ettakatol. Für Dezember ist eine Neuwahl des Parlaments geplant.

Tunesien ist das arabische Land, in das die meisten deutschen Fördermittel für den Umbruch zur Demokratie fließen. Für die Jahre 2012 und 2013 stellte die Bundesregierung mehr als 50 Millionen Euro für den Aufbau rechtsstaatlicher Institutionen, Beschäftigungs- und Ausbildungsmaßnahmen oder Medienförderung zur Verfügung.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.