Koalitionsvertrag: Das macht die GroKo aus Ihrem Geld

Union und SPD haben sich nach hartem Ringen auf einen Entwurf für ihren Koalitionsvertrag geeinigt – wer nun profitieren wird. Die Ergebnisse im Überblick.
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Wollen "eine neue Dynamik für Deutschland": die Parteichefs Horst Seehofer (CSU), Angela Merkel (CDU) und Martin Schulz (SPD) bei der Pressekonferenz in der CDU-Zentrale.
Bernd von Jutrczenka/dpa/ho/AZ Wollen "eine neue Dynamik für Deutschland": die Parteichefs Horst Seehofer (CSU), Angela Merkel (CDU) und Martin Schulz (SPD) bei der Pressekonferenz in der CDU-Zentrale.

Berlin - Das Dokument hat 177 Seiten und trägt den Titel "Ein neuer Aufbruch für Europa. Eine neue Dynamik für Deutschland. Ein neuer Zusammenhalt für unser Land." Endlich ist er da, der Koalitionsvertrag von Union und SPD – nach einer durchverhandelten Nacht gab es am Mittwoch kurz nach 9:30 Uhr weißen Rauch. Inhaltlich war vor allem die Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik bis in die Morgenstunden strittig.

Die AZ fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen:

Gesundheit & Pflege

Krankenversicherung (KV): Die Beiträge zur gesetzlichen KV sollen zu gleichen Teilen von Arbeitgebern und -nehmern (paritätisch) finanziert werden. Der Gesamtbeitragssatz setzt sich zur Zeit aus einem festen Teil (14,6 Prozent – je 7,3 Prozent Arbeitgeber und Arbeitnehmer) und einem flexiblen Zusatzbeitrag (nur Versicherte, rund 1 Prozent) zusammen. Nun werden Arbeitnehmer um 0,5 Prozentpunkte vom Brutto entlastet. Bei im Schnitt 3.200 Euro Monatseinkommen ergibt sich somit eine Brutto-Entlastung von 16 Euro.

Ärztehonorare: Eine Kommission soll Vorschläge für ein Vergütungssystem für die Behandlung von Privat- sowie Kassenpatienten machen. Ärzte sollen 25 statt 20 Stunden pro Woche für Kassenpatienten da sein müssen.

Pflege: 8.000 neue Fachkräfte sofort und eine konzertierte Aktion mit einer Ausbildungsoffensive und Anreizen für mehr Vollzeit sollen die Personalsituation entspannen. Geplant sind zudem einfachere Möglichkeiten für vorübergehende Aus- und Erholungszeiten für Angehörige. Eine bessere Bezahlung soll es durch flächendeckende Tarifverträge geben.

Familie

Kindergeld: Es soll um 25 Euro pro Kind und Monat steigen, der Freibetrag erhöht sich entsprechend. Der Kinderzuschlag für Einkommensschwache soll angehoben werden.

Kinderrechte: Sie sollen eigens im Grundgesetz verankert werden.

Gutscheine: Solche soll es für Haushaltshilfen geben, damit beispielsweise jemand die Wohnung putzt, wenn Betroffene dies selbst nicht schaffen.

Finanzen

Soli: Er soll schrittweise wegfallen – bis zu einem zu versteuernden Einkommen von 61.000 Euro für Alleinstehende (122.000 Eheleute). Bei einem Brutto-Einkommen von 37.000 Euro würde ein Single 200 Euro sparen.

Baukindergeld: Familien sollen 1.200 Euro je Kind und pro Jahr erhalten, über einen Zeitraum von zehn Jahren. Dies soll bis zu einem zu versteuernden Haushaltseinkommen von 75.000 Euro plus 15.000 Euro Freibetrag je Kind gewährt werden.

Arbeitslosenversicherung: Der Beitrag soll um 0,3 Prozentpunkte gesenkt werden. Bei einem Monatseinkommen von 3.200 Euro werden 9,60 Euro gespart.

Steuern: Erhöhungen soll es für die Bürger nicht geben. Für den Haushalt gilt das Ziel einer "schwarzen Null".

Klima & Energie

Klimaschutz: Dafür soll eine Kommission ein Programm erarbeiten. Jeder Bereich, auch Verkehr und Landwirtschaft, muss eigene Klimaziele erreichen. Bei der Kohleverstromung soll ein Plan zur schrittweisen Reduzierung und Beendigung vorgelegt werden.

Luftqualität: Um diese zu verbessern, prüfen Union und SPD Nachrüstungen bei älteren Dieseln am Motor. Die E-Mobilität soll stärker gefördert werden.

Rente

Rentenniveau: Bis 2025 sollen das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent fallen und der Beitragssatz nicht über 20 Prozent steigen. Es soll eine säulenübergreifende Renteninformation kommen.

Mütterrente: Mütter, die vor 1992 drei oder mehr Kinder zur Welt gebracht haben, sollen das dritte Jahr Erziehungszeit angerechnet bekommen. Das Plus in der Tasche einer solchen Rentnerin hätte 2017 im Westen 31 Euro betragen.

Grundrente: Menschen, die Jahrzehnte gearbeitet, Kinder erzogen, Angehörige gepflegt haben, sollen nach 35 Beitragsjahren zehn Prozent mehr als Grundsicherung bekommen. Es könnte für sie im Schnitt rund 84 Euro mehr geben.

Riester: "Wir wollen die private Altersvorsorge weiterentwickeln", heißt es im Entwurf. Die GroKo will ein standardisiertes Riester-Produkt entwickeln.

Selbstständige: Für sie gibt es eine Altersvorsorge-Pflicht.

Erwerbsminderungsrente: Wer wegen neuer Krankheit frühzeitig Erwerbsminderungsrente bekommt, soll so behandelt werden, als wenn er bis zum aktuellen Renteneintrittsalter gearbeitet hätte.

Arbeit

Rückkehrrecht Teil- in Vollzeit: Das Projekt soll nun kommen – für Firmen ab 45 Mitarbeitern. Bei 45 bis 200 Mitarbeitern soll dieser Anspruch nur einem pro 15 Mitarbeitern gewährt werden müssen.

Job-Befristungen: Firmen mit mehr als 75 Beschäftigten sollen höchstens 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen dürfen. Die Befristung ohne sachlichen Grund soll für 18 Monate (bislang 24) zulässig sein. Ketten befristeter Arbeitsverhältnisse droht wohl das Aus.

Langzeitarbeitslose: Für sie soll es ein neues Förderinstrument geben.

Migration & Integration

Asyl: Asylverfahren sollen in "zentralen Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen" stattfinden. Ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll den Zuzug ordnen. Das Wort "Obergrenze" wird nicht erwähnt, die Zuwanderungszahlen sollen die Spanne von jährlich 180.000 bis 220.000 nicht übersteigen.

Familiennachzug: Der Nachzug der Kernfamilie von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutz, bleibt bis 31. Juli ausgesetzt. Ab August dürfen subsidiär Schutzberechtigte Angehörige nachholen, in begrenztem Umfang von bis zu 1.000 Menschen pro Monat. Hinzu kommt eine Härtefallregelung.

Von Europa bis Entwicklung

Verteidigung: Rüstungsexporte sollen minimiert werden. Die Bundeswehr in Afghanistan und Mali soll aufgestockt, die Beteiligung am "IS"-Kampf eingeschränkt werden.

Entwicklung: Die Etats für Verteidigung und Entwicklungshilfe sollen künftig in gleichem Maß steigen.

Sicherheit: Die Sicherheitsbehörden sollen je 7.500 Stellen bekommen, die Justiz 2.000. Für den Umgang mit Gefährdern sollen einheitliche Standards kommen. Die Videoüberwachung soll verhältnismäßig ausgebaut werden.

Europa: Deutschland soll in der Debatte für eine Stärkung der EU aktiv werden. Gemeinsam mit Frankreich soll die Eurozone reformiert werden. Ziel ist eine "solidarische Verantwortungsteilung in der EU" in der Flüchtlingspolitik. Und: "Wir sind zu höheren Beiträgen Deutschlands zum EU-Haushalt bereit."

Digitalisierung: Bis 2025 soll es flächendeckend schnelles Internet mit Gigabit-Netzen geben. Netzneutralität bleibt.

Bildung: Zwei Milliarden Euro sind zum Ausbau von Ganztagsschulen und -betreuung geplant. Grundschüler sollen einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung bekommen. 600 Millionen Euro gibt es für Unis und fünf Milliarden Euro für den Schulen-Digitalpakt. Agrar & Ernährung: Verbraucher sollen Fleisch aus besserer Haltung an einem Tierwohllabel erkennen können. Die Verbreitung des Wolfs soll eingedämmt werden, die Nutzung von Glyphosat so bald wie möglich enden.

Bahn: Mit einem "Schienenpakt" von Politik und Wirtschaft sollen bis 2030 doppelt so viele Bahnkunden gewonnen werden.

Wohnen: Die Mietpreisbremse soll in Ballungsräumen nachgeschärft werden – mit einer Auskunftspflicht zur Vormiete. In sozialen Wohnungsbau will der Bund Milliarden investieren. Über eine Grundsteuer-Reform soll mehr Bauland verfügbar gemacht werden.

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