Ibrahim Abdeslam: Saufen, kiffen, nie in der Moschee

Brüssel – Im Gespräch mit der britischen Tageszeitung "Daily Mail" erzählt Niama, die von 2006 bis 2008 mit Abdeslam verheiratet war, dass der Mann, in den sie sich damals verliebte, nichts mit dem Monster gemein hatte, das am 13. November das Massaker in Paris verübte.
Niama lernte Ibrahim 2004 in einer Bar kennen. Obwohl der Alkoholkonsum im Islam untersagt ist, habe Ibrahim Bier und Wodka getrunken. Auch darüber hinaus schien er sich nicht allzu sehr um die Regeln seines Glaubens zu scheren: Die junge Frau erzählte der "Daily Mail", dass ihr Ex-Mann nie in die Moschee ging oder betete. Lediglich das Fastengebot im Ramadan befolgte er, weil seine Familie ihn dazu zwang.
"Ich war glücklich und verliebt"
"Vom Tag unseres Kennenlernens an waren wir immer zusammen. Er führte mich in ein Restaurant oder ins Kino aus oder wir hörten gemeinsam arabische Musik. Ich war glücklich und verliebt." Nach zwei Jahren Beziehung heiratete das Paar schließlich. Aber lediglich standesamtlich, nicht nach religiösem Ritus. Bei der Trauung im kleinen Kreis waren weder Ibrahim Abdeslams Eltern noch sein Bruder Salah anwesend. Salah war ebenfalls an den Pariser Anschlägen beteiligt und ist derzeit auf der Flucht.
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Über Ibrahims Familie sagt Naima: "Sie waren modern. Jeder führte sein eigenes Leben." Ibrahims Vater Abdaramane, der bei der Brüsseler Metro als U-Bahn-Fahrer arbeitet, sei ebenfalls nicht besonders religiös gewesen. Er sei lediglich Freitags in die Moschee gegangen. Ibrahims Mutter Yamina sei das fortschrittlichste Familienmitglied gewesen. Sie kochte kaum selber und ging stattdessen abends lieber mit ihren Freundinnen Pizza essen.
Er arbeitete nie und kiffte den ganzen Tag
Das Paar habe stets Geldprobleme gehabt, da es von rund 1.000 Euro Arbeitslosengeld leben musste: "Trotz seiner Ausbildung als Elektriker fand er keinen Job. In den zwei Jahren, die wir verheiratet waren, hat er nur einen einzigen Tag gearbeitet. Das hat ihn faul gemacht."
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Ibrahim Abdeslam sei den ganzen Tag zu Hause geblieben, habe DVDs geschaut und arabische HipHop-Musik gehört. "Seine Lieblingsbeschäftigungen waren Gras rauchen und Schlafen. Er schlief oft den gesamten Tag über. Die Anzahl der Joints, die er rauchte, war beängstigend."
"Gechillt" und niemals gewalttätig
Naima betont dennoch, dass ihr geschiedener Ehemann "einen guten Charakter" gehabt habe und "sehr gechillt" gewesen sei. Er sei ihr oder anderen gegenüber nie gewalttätig geworden.
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Im Jahr 2008 trennten sich Ibrahim und Naima schließlich. Die Gründe dafür bezeichnet Naima als "privat", sie betont jedoch, dass man im Guten auseinander gegangen sei. Seitdem habe sie keinen Kontakt mehr zu Ibrahim und seiner Familie gehabt und erst am Montag aus dem Fernsehen erfahren, was aus ihrem Ex-Mann geworden ist: "Ich hab dafür keine Erklärung. Ich bin schockiert."
Radikalisierung nach der Ehe
Auch wenn Ibrahims Radikalisierung für Naima als Schock kam, war sie für die Familie offenbar schon länger absehbar. Seine Eltern wollen entsprechende Beobachtungen gemacht haben, zudem hat der junge Mann laut Aussagen der Familie in den vergangenen Jahren "viel Zeit" in Syrien verbracht.
Zudem begann Ibrahim Abdeslam bereits in jungen Jahren eine kriminelle Karriere: Wegen Diebstählen saß er einmal drei und einmal sechs Monate in Haft. Zudem hatte er als Minderjähriger die elterliche Wohnung in Brand gesetzt.
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Nach dem Ehe-Aus eröffnete er schließlich gemeinsam mit seinem Bruder im Brüsseler Problem-Bezirk Molenbeek ein Café, das offenbar als Drogenumschlagsplatz diente. Es wurde schließlich von der Polizei geschlossen.
Am 13. November um 21:40 Uhr beendete Ibrahim Abdeslam im Alter von 31 Jahren sein Leben, als er sich mit einer Sprengstoff-Weste im Café "Comptoir Voltaire" in Paris in die Luft jagte.