Evakuierung aus Mariupol: Ukraine meldet erneuten Bruch der Waffenruhe

Nach russischen Angriffen in der Nacht haben erste Zivilisten aus der ukrainischen Stadt Sumy verlassen können - bei der dafür geltenden Feuerpause wurde allerdings die Waffenruhe verletzt. Die EU will sich von russischem Gas lösen.
AZ/dpa |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Ukrainer drängen sich unter einer zerstörten Brücke, als sie versuchen, in den Außenbezirken von Kiew über den Fluss Irpin zu fliehen.
Ukrainer drängen sich unter einer zerstörten Brücke, als sie versuchen, in den Außenbezirken von Kiew über den Fluss Irpin zu fliehen. © Felipe Dana /AP/dpa

Kiew - Auch bei einem neuen Anlauf für eine Rettung von Zivilisten aus der belagerten ukrainischen Hafenstadt Mariupol sind am Dienstag laut Angaben aus Kiew Schüsse gefallen.

"Waffenruhe verletzt! Russische Streitkräfte beschießen jetzt den humanitären Korridor von Saporischschja nach Mariupol", schrieb der Sprecher des ukrainischen Außenministeriums, Oleh Nikolenko, am Mittag bei Twitter.

Acht Lastwagen und 30 Busse stünden bereit, um humanitäre Hilfe nach Mariupol zu liefern und Zivilisten nach Saporischschja zu bringen. "Der Druck auf Russland MUSS erhöht werden, damit es seine Verpflichtungen einhält", schrieb Nikolenko weiter.

Waffenruhe bringt Fluchtkorridor für Einwohner von Sumy

Von russischer Seite gab es zunächst keine Angaben dazu. Am Morgen hatte der Sprecher der prorussischen Kräfte im Gebiet Donezk, Eduard Bassurin, behauptet, ukrainische "Nationalisten" blockierten die Evakuierung. Seit vergangenem Samstag sind mehrere Versuche gescheitert, Menschen aus der Stadt Mariupol am Asowschen Meer zu bringen.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gab es am Dienstag zunächst Hoffnung für die notleidenden Menschen in umkämpften Städten.

Nach einer Feuerpause startete eine erste Fahrzeugkolonne mit Einwohnern von Sumy im Nordosten der Ukraine. Zuvor starben in Sumy bei russischen Angriffen in der Nacht nach Angaben örtlicher Behörden mindestens 21 Menschen, darunter zwei Kinder.

Das russische Militär setzte am Morgen eine Feuerpause in der Ukraine in Kraft und öffnete "humanitäre Korridore" in fünf Städten. Dazu zählen auch die Hauptstadt Kiew, die Großstädte Tschernihiw und Charkiw sowie die besonders umkämpfte Hafenstadt Mariupol.

Einwohner von Sumy sollen mit Bussen und Autos in die 170 Kilometer entfernte zentralukrainische Großstadt Poltawa gefahren werden. Bei einigen der geplanten Fluchtkorridore kritisiert die ukrainische Seite, dass die Menschen nach Russland gebracht werden sollten.

Als besonders kritisch gilt 13 Tage nach dem Einmarsch die Lage im von russischen Truppen belagerten Mariupol am Asowschen Meer. Dort warten nach Angaben des Roten Kreuzes 200.000 Menschen darauf, über verschiedene Routen aus der Stadt zu kommen. Es wäre der inzwischen vierte Versuch, die Bewohner in Sicherheit zu bringen.

Selenskjy zu Gesprächen über Donbass und Krim bereit

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich zu Gesprächen über den Status der Separatistengebiete im Osten des Landes und der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim bereit gezeigt.

Im US-Sender ABC machte Selenskyj am Montagabend zugleich deutlich, dass er nicht auf Forderungen aus Moskau eingehen werde, die Unabhängigkeit der selbst ernannten "Volksrepubliken" sowie die russische Herrschaft über die Krim anzuerkennen.  "Ich bin bereit für einen Dialog. Aber wir sind nicht bereit für eine Kapitulation."

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, spricht per Videoschalte zu den Abgeordneten des britischen Unterhauses.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, spricht per Videoschalte zu den Abgeordneten des britischen Unterhauses. © House Of Commons/PA Wire/dpa

Selenskyj forderte erneut den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu direkten Verhandlungen auf. Trotz des Vormarschs russischer Truppen will Selenskyj bis zum Kriegsende in der Hauptstadt Kiew bleiben.

 "Ich verstecke mich nicht und fürchte niemanden. Ich bleibe, solange es nötig ist, um diesen Krieg zu gewinnen", sagte Selenskyj in einer am Dienstag veröffentlichten Videobotschaft. Die Regierung sei bei ihm. Dabei zeigte der 44-Jährige kurz den Blick aus dem Fenster seines Büros auf das Zentrum der Stadt mit drei Millionen Einwohnern. Jeder Tag des Kampfes schaffe «bessere Bedingungen» für die Ukraine.

Vereinte Nationen: Mehr als zwei Millionen Flüchtlinge aus Ukraine

Mehr als zwei Millionen Menschen sind seit Beginn des russischen Einmarschs aus der Ukraine geflohen. Die meisten Menschen seien nach Polen sowie nach Ungarn, Rumänien, Moldau und in die Slowakei gegangen, sagte eine Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR). Nach Angaben der UN-Organisation für Migration (IOM) waren darunter gut 100.000 Menschen aus Drittstaaten. Die Ukraine zählte vor Beginn des Kriegs mehr als 44 Millionen Einwohner.

Krieg treibt Spritpreise über zwei Euro je Liter

Der Krieg ließ die Spritpreise erstmals über die Schwelle von zwei Euro steigen. Im bundesweiten Tagesdurchschnitt kostete Superbenzin der Sorte E10 am Montag 2,008 Euro je Liter, bei Diesel waren es 2,032 Euro, wie der ADAC mitteilte. Treiber des Anstiegs sind die Ölpreise. Auch der Nickel-Markt ist betroffen. Am Dienstag stieg der Preis einer Tonne des Industriemetalls zeitweise um mehr als 50 Prozent auf mehr als 100.000 Dollar.

Charkiw: Blick auf ein nach Beschuss beschädigtes Wohnhaus. Der Bürgermeister der umkämpften ukrainischen Metropole hat den angreifenden russischen Truppen den vorsätzlichen Beschuss ziviler Infrastruktur vorgeworfen.
Charkiw: Blick auf ein nach Beschuss beschädigtes Wohnhaus. Der Bürgermeister der umkämpften ukrainischen Metropole hat den angreifenden russischen Truppen den vorsätzlichen Beschuss ziviler Infrastruktur vorgeworfen. © Andrew Marienko/AP/dpa)

Shell will russischen Markt verlassen

Der Mineralölriese Shell will keine Geschäfte mehr in Russland machen. Man werde tagesaktuell kein russisches Öl mehr kaufen und langfristige Verträge auslaufen lassen, teilte der Konzern mit. Auch würden Tankstellen in Russland sowie das Geschäft mit Flugbenzin und Schmiermitteln aufgegeben. Auch sei die schrittweise Abkehr von russischem Gas geplant.

EU will sich von russischem Gas entwöhnen

Die EU sucht neue Wege, um möglichst schnell unabhängig von fossilen Brennstoffen aus Russland zu werden. "Wir müssen uns aus der Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle aus Russland befreien", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die Kommission will unter anderem erneuerbare Energien ausbauen. Rund 40 Prozent des in die EU importierten Gases kommt über Pipelines aus Russland.

Ein von Granaten getroffenes Wohnhaus in Mariupol.
Ein von Granaten getroffenes Wohnhaus in Mariupol. © Evgeniy Maloletka/AP/dpa

Ukraine: Milliardenschäden an Verkehrsinfrastruktur

Die ukrainische Regierung schätzt die bisherigen Schäden am Verkehrssystem des Landes durch den russischen Angriff auf bisher mehr als zehn Milliarden Dollar (etwa 9,2 Milliarden Euro). Betroffen seien etwa Brücken, die Eisenbahn und Flughäfen, sagte der ukrainische Infrastrukturminister Alexander Kubrakow der Onlinezeitung "Ukrajinska Prawda" zufolge. Er sei überzeugt, dass die meisten Schäden in spätestens zwei Jahren beseitigt sein könnten.

Außenminister der Ukraine bestätigt geplantes Treffen mit Lawrow

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba bestätigte den Plan für ein baldiges Gespräch mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow. "Derzeit ist der 10. (März) geplant", sagte er in einer Videobotschaft. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte zuvor gesagt, beide Seiten würden am 10. März in Antalya erwartet.

Am Dienstag sprachen Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping per Videoschalte über den Ukraine-Krieg. Scholz und Macron hatten das Gespräch mit Xi Jinping gesucht, um die diplomatischen Bemühungen für ein Ende des Kriegs voranzubringen. Chinas Außenminister Wang Yi hatte am Montag deutlich gemacht, dass die Volksrepublik hinter ihrem "strategischen Partner" Russland stehe.

US-Demokraten bereiten Milliarden-Hilfspaket für Ukraine vor

Die Demokraten im US-Senat bereiten ein Paket für die Ukraine im Umfang von mehr als zwölf Milliarden Dollar (elf Milliarden Euro) vor. Die Mittel würden Flüchtlingen und Vertriebenen zu Gute kommen, genauso wie der medizinischen Versorgung, der Ernährungssicherheit und dem Transfer von Waffen in die Ukraine, sagte der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer. Das Paket solle noch im Laufe der Woche als Teil des Haushalts beschlossen werden.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.