Entlassung des FBI-Chefs: Ein Hauch von Watergate
Politisches Erdbeben in Washington: US-Präsident Donald Trump hat den Chef der Bundespolizei FBI James Comey mit sofortiger Wirkung entlassen. Das teilte das Weiße Haus jetzt mit. Die Entscheidung stieß auf heftige Kritik der Demokraten, aber auch republikanischer Politiker.
Der ungewöhnliche Fall Comey im Einzelnen:
Trumps Erklärung: Der US-Präsident habe auf Empfehlungen des Justizministers Jeff Sessions und des Vize-Generalbundesanwalts Rod Rosenstein gehandelt, hieß es in der Mitteilung des Weißen Hauses.
Begründet wurde die Entlassung vor allem mit Comeys Verhalten in der E-Mail-Affäre Hillary Clintons während des US-Wahlkampfes 2016.
Das Pikante an dem Rauswurf: Von eben dieser E-Mail-Affäre hatte der Wahlkämpfer Trump 2016 sehr profitiert. Sogar Demokratin Clinton selbst gab Comey und dessen Veröffentlichungen die Schuld an ihrer Wahlniederlage gegen Trump.
Hintergrund: FBI-Chef Comey hatte kurz vor der US-Wahl im November neue Entwicklungen in der E-Mail-Affäre öffentlich gemacht. Das hatte der Demokratin womöglich viele Stimmen gekostet.
Um das ging es bei der Affäre: Präsidentschaftskandidatin Clinton war von 2009 bis 2013 US-Außenministerin. In dieser Zeit soll sie über ihren privaten E-Mail-Server rund 60 000 Nachrichten verschickt oder bekommen haben. Das FBI warf ihr deshalb vor, "extrem leichtsinnig" mit "streng geheimen Informationen" umgegangen zu sein. Außerdem sollen einige der Mails belegen, dass Spender für die Stiftung von Hillarys Ehemann Bill Clinton leichter Zugang zum US-Außenministerium bekamen.
Der wahrscheinlich wahre Grund für Comeys Entlassung: Seine Behörde ermittelt wegen möglicher Russlandkontakte des Trump-Teams. Dabei geht es insbesondere um eine mögliche Einmischung Moskaus in die US-Wahl zugunsten Trumps. Sein früherer Sicherheitsberater Michael Flynn musste wegen der Affäre bereits seinen Hut nehmen.
US-Medien und die Demokraten vermuten, dass Trump Comey deshalb rausgeworfen hat. Diese Untersuchungen gegen Trump und seine Mannschaft sind seit Monaten ein Schatten über der Präsidentschaft des Republikaners.
Zwar schrieb Trump in einem Brief an das FBI, Comey habe ihm drei Mal persönlich gesagt, dass nicht gegen ihn selbst ermittelt werde. Allerdings könnten auch mögliche Machenschaften seines Teams mit russischen Agenten letzten Endes dem US-Präsident selbst schaden.
Was die Demokraten fordern: Sie verlangen in der Affäre um mögliche Russland-Kontakte des Trump-Teams nun erneut die Einsetzung eines unabhängigen Sonderermittlers. Trump habe wiederholt versucht, die Ermittlungen abzuwürgen, erklärte der frühere Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders. Die Entscheidung zur Entlassung Comeys werfe die ernste Frage auf, was die Regierung verberge. Der Rauswurf wenige Tage vor Comeys geplanter Aussage vor dem Geheimdienstausschuss des Senates sei "sehr verstörend". Es sei klar, dass der von Trump handverlesene künftige FBI-Chef diese Ermittlung nicht objektiv führen können werde.
Davon will man im Weißen Haus natürlich nichts wissen: Trump-Beraterin Kellyanne Conway wies die Vorwürfe umgehend zurück und sagte: "Es ist keine Vertuschung." Es habe "null" mit den Ermittlungen zu tun, sondern gehe darum, die Integrität des FBI wiederherzustellen.
Kritik an Trump kam aber auch aus den eigenen Reihen: Republikaner John McCain zeigte sich "enttäuscht".
Der Vergleich zu Watergate: In Kommentaren wurden bereits Vergleiche mit dem Watergate-Skandal laut, der 1974 zum Rücktritt von Präsident Richard Nixon geführt hatte. In der damaligen Affäre um das illegale Abhören der Demokratischen Partei hatte der Republikaner Nixon ebenfalls den Chefermittler gefeuert.
Trumps Schreiben im Wortlaut: Sein Brief an Comey
Lieber Direktor Comey,
ich habe vom Generalbundesanwalt und seinem Stellvertreter die angehängten Briefe erhalten, die Ihre Entlassung als Direktor des Federal Bureau of Investigation empfehlen. Ich habe diese Empfehlung akzeptiert, Sie sind hiermit entlassen und werden mit sofortiger Wirkung aus dem Amt entfernt.
Ich weiß es zwar sehr zu schätzen, dass Sie mich in drei verschiedenen Situationen darüber informiert haben, dass nicht gegen mich ermittelt werde; dennoch stimme ich mit dem Justizministerium darin überein, dass Sie nicht in der Lage sind, das FBI effektiv zu führen.
Es ist essenziell, eine neue Führung für das FBI zu finden, die das Vertrauen der Öffentlichkeit und das Zutrauen in die Kernaufgaben seiner Aufgaben in der Strafverfolgung wieder herstellt.
Ich wünsche Ihnen für künftige Unternehmungen bestes Gelingen.
Donald J. Trump
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