"Ehe für alle": Merkels Machtkalkül

Der AZ-Politikredakteur  Tobias Wolf über die Ehe für alle.
von  Tobias Wolf
Angela Merkel macht beim Thema gleichgeschlechtliche Ehe eine Kehrtwende.
Angela Merkel macht beim Thema gleichgeschlechtliche Ehe eine Kehrtwende. © dpa

Der AZ-Politikredakteur  Tobias Wolf über die Ehe für alle.

Ist es Zufall, dass die SPD ausgerechnet jetzt, so kurz vor der Bundestagswahl, bei der Ehe für alle Nägel mit Köpfen machen will? Wohl kaum. Neben der richtigen Absicht, homosexuellen Paaren dieselben Rechte wie heterosexuellen zu gewähren, dürfte bei den Genossen auch Wahlkampftaktiererei eine erhebliche Rolle spielen. Martin Schulz weiß ganz genau, dass die Ehe für alle bei CDU und CSU höchst umstritten ist. Deshalb packt der SPD-Kanzlerkandidat das Thema jetzt aus, in der Hoffnung, Streit in der Union zu provozieren. Doch CDU-Chefin Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt sich einen Ruck, macht die Kehrtwende. Zwar tut sie das offensichtlich aus reinem Machtkalkül. Politisch reagiert sie damit in typischer Merkel-Manier allerdings klug und überlegt. Denn ihr Vorschlag einer "Gewissensentscheidung" im Bundestag nimmt Schulz den Wind aus den Segeln.

Gleichstellung schadet keinem

Großer Krach in der Union dürfte ausbleiben. Mal abgesehen von diesem Wahlkampf-Scharmützel: Wem schadet eine rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare eigentlich? Genau! Niemandem. Eine Vielzahl an Studien, etwa aus den Niederlanden (dort sind homosexuelle Paare bereits seit Jahren gleichgestellt), kam zu dem Ergebnis, dass sich Kinder, die von zwei Vätern oder zwei Müttern großgezogen werden, in keiner Weise anders entwickeln, als Kinder in traditionellen Familien. Und was Paare – ob schwul, lesbisch oder hetero – unter sich tun, geht in unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft sowieso niemanden etwas an.

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