Ehe für alle: Bayern prüft Klage in Karlsruhe
München - Bayern prüft eine Klage gegen die vom Bundestag beschlossene Öffnung der Ehe für Homosexuelle. Die Staatsregierung habe erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zur Ehe für alle, sagte Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) nach einer Kabinettssitzung am Dienstag in München. Mit Hilfe eigener und externer Experten wolle man "ganz sorgfältig prüfen", ob man vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klagen wolle - aber ohne Zeitdruck. Schließlich gehe es um hoch komplexe juristische Fragen. Über eine mögliche Klage werde man erst anschließend entscheiden.
Den Vermittlungsausschuss im Bundesrat will Bayern an diesem Freitag nicht anrufen. Die notwendige Klärung verfassungsrechtlicher Fragen könne dort "nicht sinnvoll stattfinden". Der Bundestag hatte am vergangenen Freitag mit einer breiten Mehrheit von SPD, Linken und Grünen sowie knapp einem Viertel der CDU/CSU-Fraktion die völlige rechtliche Gleichstellung von Lesben und Schwulen beschlossen, einschließlich des uneingeschränkten Adoptionsrechts. Staats- und Verfassungsrechtler sind sich allerdings uneins, ob dazu eine Grundgesetzänderung nötig gewesen wäre.
Seehofer zögert noch
Tags zuvor hatte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) noch offengelassen, ob seine Landesregierung gegen den Bundestagsbeschluss zur Ehe für alle vor dem Bundesverfassungsgericht klagen wird. Der Sachverhalt müsse juristisch sorgfältig geprüft werden, sagte Seehofer gestern in Berlin.
„Das wird eine Zeit dauern. Deswegen kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen, ob der Freistaat Bayern klagt.“ Er sagte aber auch: „Ich werbe für wechselseitigen Respekt sowohl für Ehen zwischen Mann und Frau, aber auch wenn gleichgeschlechtliche Paare Verantwortung übernehmen.“
Gegen die Neudefinition des Ehebegriffs
Der Vizepräsident des Bundestags, Johannes Singhammer (CSU), riet Bayern zu einer Klage gegen die Öffnung der Ehe für Homosexuelle. Dies könne rasch Klarheit schaffen, ob die Neudefinition des Ehebegriffs verfassungswidrig ist, sagte er der „Welt“. Klageberechtigt sind die Bundesregierung, ein Viertel der Bundestagsabgeordneten sowie eine Landesregierung.
Die AfD, der die am Freitag vom Bundestag beschlossene Ehe für alle missfällt, hatte bereits eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt. Doch die rechtspopulistische Partei darf gar nicht klagen. Grund: Sie hat keine Klageberechtigung. Zwar könnte ein AfD-Politiker als Bürger vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Dabei müsste er allerdings darlegen, dass er in seinen Grundrechten verletzt werde – was bei der Ehe für alle wenig plausibel erscheint.
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