Droht jetzt das Weihnachts-Chaos bei der Bahn?

Verspätungen häufen sich deutlich in letzter Zeit. Das zwingt das Staatsunternehmen zum Handeln. Ob über die Feiertage alles glatt läuft – die Pläne.
C. Grimm |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
3  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Reisende drängen sich zur Weihnachtszeit in einen Zug - ein typisches Bild im Vorfeld der Feiertage.
Reisende drängen sich zur Weihnachtszeit in einen Zug - ein typisches Bild im Vorfeld der Feiertage. © Peter Steffen/dpa

Berlin/München - Es klemmt gewaltig bei der Bahn. Nach dem Ende des Lokführerstreiks ist der Schienenkonzern nicht mehr richtig in den Tritt gekommen. Verspätungen, Ausfälle, verpasste Anschlüsse, überbuchte Züge und Bordbistros, in denen die Kaffeemaschine nicht funktioniert – für Bahnfahrer gehört das im Herbst regelmäßig zu den Erfahrungen, auf die sie gerne verzichten würden.

"Es ist - boshaft zugespitzt - eine sozialistische Mangelwirtschaft", sagt der Ehrenpräsident des Fahrgastverbandes Pro Bahn, Karl-Peter Naumann, zur AZ. Naumann sitzt gerade im Zug, der schon Verspätung hat, als er eingesetzt wird, wie der Vielfahrer berichtet. Die Züge kämen häufig unpünktlich oder mangelhaft aus den Bereitstellungswerken, beklagt er. "Es fehlt an Infrastruktur, es fehlt an Zügen, es fehlt an Personal." Aus seiner Sicht sind das die Ursachen für die Misere des Staatsunternehmens.

Die Kritik an der Bahn reißt nicht ab

Der Eindruck Naumanns deckt sich mit vielen Beschwerden, die enttäuschte Reisende in den Sozialen Netzwerken im Internet hinterlassen. "Sechs Stunden Sardinenbüchse und/oder Sitzplatzhopping", regte sich vor kurzem die Vizepräsidentin des Europaparlamentes, Katarina Barley, auf. Die SPD-Politikerin fragt sich, "wie so etwas immer wieder passiert?"

Anzeige für den Anbieter X über den Consent-Anbieter verweigert

Die Deutsche Bahn versucht nicht, die Lage zu beschönigen. Die Pünktlichkeit im Fernverkehr lag nach eigenen Angaben im September bei nur 68,4 Prozent und damit deutlich unter dem Zielwert von 80 Prozent.

Dass die Züge in vielen Fällen nicht nach Fahrplan fahren, hat nichts mit einem Ansturm der Passagiere zu tun. Die Auslastung beträgt erst 75 Prozent des Vor-Corona-Niveaus. "Insbesondere in der ersten Septemberhälfte war der Schienenverkehr infolge der dritten und längsten Streikwelle massiv beeinträchtigt", so das Unternehmen. Weitere Gründe für den gestörten Betriebsablauf seien kaputte Strecken durch das Hochwasser im Westen Deutschlands sowie die rege Bautätigkeit.

Baustellen für die Bahn allerorten

An Hunderten kleinen und großen Baustellen wird an Gleisen, Bahnhöfen und Brücken gearbeitet, um die Bahn zu dem zu machen, was sie im Jahr 2030 werden soll – ein wirksames Instrument gegen den Klimawandel. In weniger als zehn Jahren sollen doppelt so viele Passagiere in den Fernzügen Platz nehmen, als es vor Corona der Fall gewesen ist.

Lesen Sie auch

Die Großstädte werden dann laut Planungen im Halbstundentakt miteinander verknüpft sein, wie es heute zwischen Hamburg und Berlin der Fall ist. Den akuten Engpass lösen soll mehr rollendes Material. Alle drei Wochen wird derzeit ein neuer ICE-IV in Dienst gestellt. Das neue Flaggschiff hat über 900 Sitzplätze.

50.000 Sitzplätze zu Weihnachten mehr

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer will allerdings sichergehen, dass die nächste Reisewelle nicht zum Fiasko wird. Über Weihnachten wird die Bahn ihre Reserven mobilisieren und täglich 50.000 Sitzplätze mehr anbieten, so der CSU-Politiker zur Funke-Mediengruppe. Rund um die Feiertage soll es auch Verstärkerzüge geben.

Ob die Bahn im neuen Jahr wie ein Uhrwerk läuft, muss zumindest bezweifelt werden. Der Grund: Es wird weiter massiv gebaut. FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic will die Verfahren beschleunigen. Das soll auch Thema der Koalitionsverhandlungen sein. Bei der Bahn gebe es viel zu tun: "Die Deutsche Bahn ist zu häufig unpünktlich, hoch verschuldet und Engpässe im Netz werden zu langsam behoben", sagte Luksic der AZ.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
3 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Voorentief am 27.10.2021 20:46 Uhr / Bewertung:

    Das die prognostizierten Kapazitäten in den nächsten Jahren erreicht werden, ist eine Geschichte aus dem Märchenbuch.

  • katzenfliege am 26.10.2021 12:01 Uhr / Bewertung:

    Man muss immer wieder attestieren, dass dieser Scheuer einfach gar nichts kann. Er setzt dem Versagen seiner beiden Vorgänger tatsächlich noch einmal eins drauf.

  • Tom Hengst am 26.10.2021 10:46 Uhr / Bewertung:

    Daher haben auch alle Bahnkunden Verständnis, dass die Preissteigerung im Dezember unabdingbar ist, um ein attraktives Leistungsangebot zu gewährleisten und weiter zu verbessern, die hohen Qualitätsstandards zu halten sowie die gestiegenen Kosten auszugleichen.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.