Diese Abgeordneten kassieren mit ihren Nebenjobs ab
Berlin - Nebenjob Abgeordneter: Viele Volksvertreter verdienen außerhalb des Bundestages sehr viel mehr Geld als mit ihrem Mandat. Das haben Recherchen der Transparenzplattform Abgeordnetenwatch.de ergeben, die am Dienstag veröffentlicht wurden. Demnach liegen die Nebeneinkünfte bei zahlreichen Parlamentariern weit über ihren Diäten von jährlich rund 112.000 Euro (derzeit 9.327 Euro pro Monat).
Insgesamt haben die Politiker seit der Wahl 2013 mindestens 18 Millionen Euro nebenbei kassiert. Die Dunkelziffer aber sei hoch, es könnten auch bis zu 33,6 Millionen Euro sein. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Ergebnissen:
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Meisten Nebenjobs
Abgeordnete welcher Partei verdienen am meisten hinzu? Fast die Hälfte der CSU-Abgeordneten (27 von 56) haben neben ihrem Mandat einen "Nebenjob“ mit teils erheblichen Zuverdiensten. Bei der CDU ist es gut jeder Vierte (29 Prozent), bei der SPD jeder Fünfte (21 Prozent).
Auch bei den Grünen streichen 17,5 Prozent Nebenverdienste ein (11 von 63), bei der Linkspartei 14 Prozent (9 von 64), wie Abgeordnetenwatch.de mitteilt. Insgesamt haben 162 von 630 Volksvertretern seit der Wahl 2013 mindestens einen Zusatzverdienst angegeben.
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Nur ein SPD-Politiker unter den Top-Verdienern
Wer sind die Top-Verdiener? Bis auf den SPD-Politiker Peer Steinbrück (Platz 7) finden sich ausschließlich Unions-Abgeordnete unter den ersten zehn. Spitzenverdiener ist CSU-Mann Philipp Graf Lerchenfeld, gefolgt von Johannes Röring und Albert Stegemann (beide CDU). Mit Gregor Gysi kommt der erste Linke-Politiker auf Rang 43. Peter Meiwald auf Platz 63 ist der Top-Verdiener unter den Grünen. Der erste Münchner Abgeordnete ist Hans-Peter Uhl auf Rang 14.
Wodurch verdienen die Abgeordneten nebenbei so viel Geld? Abgeordnetenwatch.de führt drei Beispiele auf: So kassierte etwa Stephan Harbarth (CDU) als Anwalt und Vorstandsmitglied der Mannheimer Kanzlei SZA seit der Wahl 2013 mindestens 1.025.000 Euro.
Die Nürnbergerin Dagmar Wöhrl (CSU) hat in der laufenden Wahlperiode Nebeneinkünfte in Höhe von mindestens 623.000 Euro gemeldet. Sie sitzt für die Nürnberger Versicherungsgruppe in mehreren Aufsichtsräten sowie im Verwaltungsrat der Schweizer Privatbank J. Safra Sarasin. Peer Steinbrück (SPD) erhielt als Redner und Buchautor bislang mindestens 590.000 Euro.
Allerdings muss unterschieden werden: Hohe Nebenverdienste bedeuten nicht gleich hoher Gewinn. "Traditionell wird die Liste von Landwirten angeführt. Da diese aber auch Maschinen oder Mitarbeitergehälter bezahlen müssen, dürfte in ihrem Fall der tatsächliche Verdienst am Ende deutlich geringer ausfallen als bei Abgeordneten, die Einkünfte aus einer Angestelltentätigkeit oder aus Aufsichtsratsposten beziehen“, heißt es in dem Bericht.
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Hohe Summen bleiben im Dunkeln
Warum ist die Dunkelziffer so hoch? Grund für die große Grauzone: Abgeordnete müssen nicht die tatsächliche Höhe eines Nebenverdienstes veröffentlichen, sondern ihre Einkünfte nur einer von zehn Stufen zuordnen. Die Höchststufe (über 250.000 Euro) ist zudem nach oben hin offen. Damit könnten hohe Summen im Dunkeln bleiben.
Abgeordnetenwatch.de gibt deshalb Mindest- und Maximalbeträge an. Außerdem müssen Rechtsanwälte und Landwirte die Herkunft ihrer Nebenverdienste, also ihre Geschäftspartner, nicht offenlegen.
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Hackmack: Offenlegung aller Nebeneinkünfte
Was kritisiert die Transparenzorganisation? "Dass einzelne Abgeordnete mit ihrem Nebenjob unter Umständen mehr als Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel verdienen, ist skandalös. Wir müssen jetzt darüber diskutieren, ob Nebeneinkünfte nicht komplett verboten gehören“, sagt Geschäftsführer Gregor Hackmack. Auf alle Fälle fordert er eine "Offenlegung aller Nebeneinkünfte auf Euro und Cent“.
Auch die Geschäftspartner dürften nicht mehr länger hinter "nichtssagenden Angaben“ versteckt werden. Hackmack betont: "Wenn unsere Volksvertreter mehrere Millionen Euro von unbekannten Geldgebern kassieren, ist dies ein Einfallstor für Lobbyisten.“
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Bundestag enthält sich
Er kritisiert besonders, dass sich die Union als einzige Bundestagsfraktion einer vollständigen Offenlegung widersetzt. "Das kommt nicht von ungefähr. In ihren Reihen gibt es nicht nur die höchsten Einkünfte, sondern auch die meisten Politiker mit einem bezahlten Nebenjob“, sagt er.
Und Was sagt der Bundestag? Er teilt auf Anfrage lediglich mit, man könne "solche Spekulationen nicht kommentieren“.